Wovon der Reformator nur träumen konnte, ist wahr geworden: Die von ihm übersetzte Heilige Schrift ist weltweit zugänglich - die Coburger Landesbibliothek hat zwei ihrer Bibeln aus der Reformationszeit digitalisieren lassen.
Eva hat ihren linken Arm um Adams Hals geschlungen. Mit der rechten Hand zeigt sie in den Baum - zur Schlange: Alsbald wird das Unglück seinen Lauf nehmen, Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben, und schon zwei Seiten weiter ist zu sehen, wie Kain seinen Bruder Abel erschlägt. Ein Bilderbuch, diese Bibel aus dem Jahr 1551, gedruckt kurz nach Luthers Tod in Wittenberg.
Aber diese ist nur eine von mehreren Bibeln aus der Lutherzeit, die sich in der Coburger Landesbibliothek befinden. "Was die frühen Lutherbibeln angeht, haben wir die beste Sammlung in Bayern", sagt Silvia Pfister, die Leiterin der Landesbibliothek, selbstbewusst. Normalerweise ruhen diese Bibeln gut verpackt im Magazin der Landesbibliothek, nur wenigen zugänglich und nur selten zu sehen. Ab dem 31. Oktober werden sie ausgestellt, verspricht Silvia Pfister. "Buch Bild und Glaube - Luther, Cranach, Spalatin" lautet der Titel der Ausstellung.
Doch zumindest zwei der Bibeln aus dem Coburger Bestand sind jetzt schon jederzeit und weltweit zugänglich: Eine aus dem Jahr 1541, eine zweite von 1551 - da war der Reformator und Bibelübersetzer Martin Luther schon tot. Beide Bibeln wurden von Hans Lufft (Wittenberg) gedruckt, mit dem Luther eng zusammenarbeitete.
Die Illustrationen in der älteren Bibel stammen aus der Cranach-Werkstatt. Silvia Pfister rätselt noch, wem die Bilder in der Ausgabe von 1551 zuzuordnen sind, die in den Jahren 1548 bis 1551 entstanden und mit Initialen wie "HB" oder LG" gezeichnet sind. Oder ist es ein "LC", wie Lucas Cranach?
Anlass: 500 Jahre Reformation
Beide Bibelausgaben waren nach München zur Bayerischen Staatsbibliothek zum Restaurieren geschickt worden. Bei dieser Gelegenheit wurden sie dort auch gleich eingescannt - in erster Linie fürs bayerische Kulturportal Bavarikon. 2017, zum Jubiläumsjahr "500 Jahre Reformation", soll das Bavarikon rund 120 Exponate zur Reformationszeit aus verschiedenen Archiven, Museen und Bibliotheken Bayerns zugänglich machen (
www.digitale-sammlungen.de).
"Die Zeit Martin Luthers wird dabei online wieder zum Leben erweckt werden", sagt der bayerische Finanzminister Markus Söder, der zusah, wie die Coburger Bibeln Mitte Juli eingescannt wurden. Die Dokumente im Bavarikon sollen ein breites Bild der Reformation und ihrer Gegenströmungen bis etwa 1555 vermitteln. Parallel dazu wird in Coburg eine Landesausstellung zum gleichen Thema organisiert ("Ritter, Bauern, Lutheraner").
"Kein anderes Bundesland hat so ein innovatives Projekt", lobte der Finanz- und Heimatminister - auch wenn das Bavarikon eigentlich zum Kunst- und Wissenschaftsministerium gehört. Silvia Pfister ist froh um die Gelegenheit: Ohne das Portal wären die Bibeln vermutlich nicht so schnell gescannt und online gestellt worden. Die Landesbibliothek verfügt zwar auch über einen Scanner und stellt Dokumente, Bücher, Flugschriften ins Internet. Aber so große Bücher - die eine Bibel ist rund 20 Zentimeter dick - kann die Landesbibliothek nur mit Hilfe von Partnern digitalisieren. Bei der Spalatin-Chronik, die ebenfalls ab Herbst in der Ausstellung gezeigt wird, half die Universität Würzburg. "Wir scannen auf Lücke", sagt Silvia Pfister. "Dinge, die es nur in Coburg gibt" und für die Anfragen aus der ganzen Welt kommen, werden per Internet verfügbar gemacht.
Da gäbe es im Fall der Bibeln noch einiges zu tun: Die Landesbibliothek verfügt über weitere frühe Bibeldrucke, so ein "Alltes Testament" von 1523 und eine komplette Ausgabe von 1534. Angeschafft wurde sie für die Sammlung von Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819 bis 1861), dem Prinzgemahl der britischen Queen Victoria. Die Bibel soll nach der Ausstellung digitalisiert werden.