Landwirte im Kreis Coburg blicken in ihre Zukunft

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Kreisbäuerin Heidi Bauersachs, BBV-Kreisobmann Martin Flohrschütz, Anton Dippold und Harald Weber, Leiter des Coburger Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, übergeben dem Referenten Anton Dippold zum Dank einen Geschenkkorb. Foto: Gabi Bertram
Kreisbäuerin Heidi Bauersachs, BBV-Kreisobmann Martin Flohrschütz, Anton Dippold und Harald Weber, Leiter des  Coburger Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, übergeben dem Referenten Anton Dippold zum Dank einen Geschenkkorb. Foto: Gabi Bertram

Wie sich die Landwirtschaft in Bayern mit der neuen Staatsregierung wandeln wird, beleuchtete ein Fachmann gegenüber Bauern aus dem Kreis Coburg.

Mit Anton Dippold, Leitender Ministerialrat, begann am Montagabend im Gustav-Dietrich-Haus in Coburg die Reihe von Veranstaltungen mit dem Titel "Agrarpolitischer Diskussionsabend für Landwirte". Während des Winterhalbjahres stehen weitere Informations- und Diskussionsveranstaltungen auf dem Plan. BBV-Kreisobmann Martin Flohrschütz gab dem Referenten Anton Dippold, der auch Leiter des Referats im bayerischen Landwirtschaftsministerium ist, schon bei der Begrüßung einige Steilvorlagen: Ausgleichszulage, Gutachten- und Bürokratie-"Industrie", Flächenverbrauch - so lauteten einige Schlagwörter. Dass das und vieles mehr den Bauern auf den Nägeln brennt, zeigte der gut gefüllte Saal im Gustav-Dietrich-Haus. Und sie fragen sich, welche Impulse und Zukunftsperspektiven die Landwirtschaft von der neuen Koalition im Freistaat zu erwarten hat.

Dippold, als "Mann der klaren Worte" angekündigt, legte grundsätzliche Positionen dar. Nicht ohne zuallererst den Bauern für die Produktion von Nahrungsmitteln, die "tagtäglich in Hülle und Fülle" vorhanden sind, zu danken. Das, so Dippold, sei wahrlich keine Selbstverständlichkeit, aber das Interesse der Bevölkerung an Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung sei auch gestiegen. Oft unter dem Vorzeichen falscher Vorstellungen, die sich mit der Praxis nicht vereinbaren ließen. Landwirtschaft und Gesellschaft, forderte Dippold, müssten wieder näher zusammenrücken, und das sei nur mit Information, Aufklärung und Diskussion zu schaffen. Gegen eine oft pauschale Verunglimpfung der Landwirtschaft würden nur "offene Türen und Hoftore" helfen. Solche Aktionen, wie "Landfrauen machen Schule", Erlebnis Bauernhof, "Wissen, wie's schmeckt und wo's herkommt" seien dabei ein wichtiger Mosaikstein. Die Forderung nach reinem Ökolandbau würde nur mit einer Veränderung der Ernährungsgewohnheiten funktionieren. "Jeden Tag einen Schweinsbraten oder ein Rinderfilet geht mit Ökolandbau nicht zusammen", betonte Dippold.

Dippold: Verbraucher müssen an höheren Produktionskosten beteiligt werden

Mit Blick auf die Globalisierung auch in der Landwirtschaft sei die Nachfrage nach Ökoprodukten nur über Regionalität zu decken. Weniger Pflanzenschutzmittel und mehr Tierwohl, erklärte Dippold an die Adresse aller Konsumenten, würden höhere Produktionskosten für Landwirte bedeuten, und "daran müssen sich auch die Verbraucher an der Ladentheke beteiligen". Der Koalitionsvertrag, meinte Dippold, sei geprägt von Kontinuität und Festhalten an Grundsätzen, stelle die Landwirtschaft zugleich auch vor neue Herausforderungen. Er fordere mehr landwirtschaftlichen Sachverstand in den Entscheidungsgremien und in dieser Intention eine frühzeitige Einbindung von Land- und Forstwirten in Konzeptentwicklungen.

Nachhaltiger, moderner und ökologischer solle nach der Erklärung der Koalitionspartner CSU und Freie Wähler die Landwirtschaft in Bayern bis 2023 aufgestellt werden. Das sei aber nicht leicht umzusetzen. Dippold ging auf einzelne Punkte im Koalitionsvertrag ein. So soll der Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen auf den Richtwert fünf Hektar am Tag sinken, das eine enorme Herausforderung angesichts der Wohnungsknappheit, urteilte Dippold. Was man erreicht habe, sei der Erhalt der Privilegierung für landwirtschaftliche Baumaßnahmen und Vorhaben. Festgeschrieben seien weiterhin Ziele für regionale Vermarktungsstrukturen, Klimaschutz, umweltfreundliche Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, eine praxistaugliche Düngeverordnung, eine Digitalisierungsstrategie auch für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe oder eine steuerliche Entlastung für Landwirte. Dabei auf regionale Gestaltungsspielräume zu achten, sieht Dippold als einen wesentlichen Faktor bei der Umsetzung praktikabler Lösungen.

Übergangslösungen und finanzielle Hilfen

Im Weiteren ging der Redner auf die Rahmenbedingungen in der Nutztierhaltung ein und forderte beispielsweise bei den Themen Anbindehaltung und Ferkelkastration Übergangslösungen und finanzielle Hilfen für landwirtschaftliche Betriebe. In diesem Zusammenhang forderte Dippold auch Investitionsförderprogramme für Nutztierhaltungsbetriebe. Tierhaltung müsse letztlich im konzertierten Fokus von Landwirtschaft, Gesellschaft und Politik stehen. Alternativen würden auch im Rahmen der Ackerbaustrategie für einen verantwortungsbewussten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gesucht. "Ohne Zweifel", so Dippold, "sind Biodiversität, Insekten- und Artenschutz für die Bauern ein Thema, aber es gilt, auch andere Aspekte zu betrachten, wie Lichtverschmutzung oder die Zerschneidung von Lebensräumen durch Baumaßnahmen."

Grundsätzliche Ziele für die Landwirtschaft, fasste Dippold zusammen, seien die Wahrung der Vielfalt der Betriebsformen, die Mitbestimmung der Landwirte, die Schaffung praktikabler Lösungen und Übergangsformen in der Pflanzen- und der Tierproduktion und nicht zuletzt die Wiederherstellung und Stärkung des Images der Landwirtschaft als Produzent hochwertiger Nahrungsmittel. In diesem Sinne müsse eine Forschungs- und Innovationsoffensive ausgerichtet werden. Viele der angesprochenen Probleme, wie Bürokratie, Klimaschutz, Pflanzenschutz oder Tierwohl, wurden in der Diskussion noch einmal durchgegangen und mit regionalen Beispielen besetzt. Die Debatten darüber, gab Dippold den Bauern eine ehrliche Antwort, würden ebenso woanders geführt, wie die Entscheidungen auch woanders getroffen würden. Man könne die Probleme nur immer wieder ansprechen und in die entsprechenden Gremien tragen.