"Diesen Spagat hält die Stadt nicht auf Dauer aus", sagt unser Redakteur Oliver Schmidt. Ein Kommentar.
Die Diskussion um Parkplätze in der Coburger Innenstadt ist knifflig. Aber das darf kein Grund sein, ihr aus dem Weg zu gehen beziehungsweise schwierige Entscheidungen immer wieder hinaus zu schieben.
An einem neuen Parkraumkonzept wird nun schon seit 2015 getüftelt. Zuletzt hieß es, dass Mitte 2017 die Beschlüsse fallen sollen. Doch am Mittwoch sind viele Händler erschrocken: Sie hatten im Tageblatt gelesen, dass unter anderem angedacht ist, in der oberen Mohrenstraße und in der Webergasse nur noch Anwohner parken zu lassen und die Kurzzeitparkplätze abzuschaffen. Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) flüchtete sich daraufhin in einen ganz neuen, sehr flexiblen Zeitkorridor: "Wir lassen uns so viel Zeit, wie wir brauchen, um eine optimale Lösung für die Stadt zu finden." In ihrer Funktion als Parteipolitikerin ergänzte sie nicht minder diplomatisch: "Wir von der CSU stehen für den Handel, aber auch für Wohnen in der Innenstadt."
Zugegeben: Es gibt gute Gründe, den Anwohnern in der Innenstadt mehr Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Schließlich ist es ja ausdrücklich gewünscht, dass mehr Menschen in der Innenstadt leben können. Aber wenn auf einen Anwohner-Stellplatz gleich mehrere Parkausweis-Besitzer kommen, dann sorgt das für Frust und fördert nicht das Lebensgefühl in der City.
Zu einem positiven Lebensgefühl in der City gehört aber auch ein funktionierender Einzelhandel. Und wenn Kunden in die Innenstadt gelockt werden sollen, braucht es Parkplätze. Die sind zwar in den mittlerweile vier Parkhäusern reichlich vorhanden. Aber für schnelle Besorgungen ist eben auch der Stellplatz, der sich nur wenige Schritte vor einer Ladentür befindet, von Bedeutung. Oder sind da viele Kunden einfach nur zu bequem und sollten deshalb gewissermaßen umerzogen werden, lieber gleich in ein Parkhaus zu fahren? Eine schwierige Frage. Zumal nicht ausgeschlossen ist, dass mancher Kunde vor einer möglichen "Umerziehung" lieber gleich ganz woanders hinfährt. Zum Beispiel auf die Lauterer Höhe, in der viele Innenstadt-Händler ohnehin den größten Konkurrenten sehen.
Im Moment versucht die Stadt einen Spagat zwischen Anwohner-Interessen und Kunden-Interessen. Aber einen Spagat hält auf Dauer niemand aus. Die Politik wird sich eines Tages entscheiden müssen, in welche Richtung sie die Innenstadt entwickeln will.
Um es mit zwei Extremen deutlich zu machen: Soll es an allen Ecken viele Parkplätze für Kunden geben - vielleicht sogar kostenlos - um allen voran der Lauterer Höhe die Stirn zu bieten? Oder setzt man darauf, mit einer nahezu auto- und abgasfreien Innenstadt zu punkten? Birgit Weber spielt die Konkurrenzsituation zwar herunter: "Leute beobachten und die schöne Stadt genießen - das geht nicht auf der Lauterer Höhe." Aber es sollte ja nicht nur darum gehen, in der Innenstadt seinen Kaffee zu trinken, sondern auch einzukaufen. Wenn man freilich die Mentalität mancher Leute betrachtet, könnte es auch sein, dass wir irgendwann nicht mehr über Parkplätze für Kunden reden, sondern nur noch darüber, wo Transportautos kurz anhalten können, um online bestellte Ware auszuliefern.