Eine Stiftung der nach Australien ausgewanderten und im Juni 2017 gestorbenen Klara Sauer stellt sicher, dass das Kinderfest auf festen Beinen steht.
"Eine Gönnerin der Stadt Neustadt b. Coburg" - so heißt es in der Traueranzeige der Stadt, die anlässlich der am 22. Juni 2017 erfolgten Urnenbeisetzung von Klara Sauer, geb. Wolf, am 21. Juni 2017 in den hiesigen Tageszeitungen aufgegeben war. Schon damals fragten sich viele Neustadter, was es mit dem Zusatz "Gönnerin der Stadt Neustadt" auf sich habe.
Wie schon aus einer öffentlichen Stadtratssitzung im Spätherbst letzten Jahres kurz verlautete, hat die Neustadterin, die 1949 mit ihrem Ehegatten Paul Sauer nach Australien ausgewandert und in Katoomba (New South Wales, Australien) lebte, den Großteil ihres Vermögens der Stadt Neustadt zur treuhänderischen Verwaltung im Namen einer Stiftung vererbt, die unter dem Namen "Sauer Wolf Trust" gegründet werden und folgenden Verpflichtungen tragen sollte:
a) Die Pflege des Familiengrabes Wolf/Sauer und
b) die Feier anlässlich des Kinderfestes der Stadt Neustadt.
Die "Sauer Wolf Trust" (Stiftung) ist inzwischen gegründet. Dank der Erbschaft konnte ein hoher sechsstelliger Eurobetrag dieser Stiftung zugeführt werden. Damit hat sich die Neustadterin mit ihrer Familie ein ewiges Denkmal gesetzt. Viele Generationen Neustadter Kinder werden dauerhaft davon profitieren, wenn alljährlich das "Neustadter Kinderfest" gefeiert wird und an die Schulkinder die Gutscheine für Bratwurst, Limo und Eis verteilt werden.
Sicherlich wird die Stadt Neustadt als Erbin diese großherzige Entscheidung Klara Sauers noch zu würdigen wissen. Nicht verkehrt wäre es, wenn beim alljährlichen Neustadter Nationalfeiertag alle Zustifter immer wieder in geeigneter Form in Erinnerung gerufen würden. Schließlich bezweckt die Stiftung, dass eines Tages von den Zinsen des Grundstockvermögens die Kosten des Kinderfestes finanziert werden können. Momentan dürfte aufgrund des aktuellen Zinsniveaus noch lange nicht daran zu denken sein.
Bei der Urnenbeisetzung am 22. Juni 2017 skizzierte Oberbürgermeister Frank Rebhan den Lebensweg von Klara Sauer. Zugleich würdigte er das großherzige Erbe von Klara Sauer zugunsten der Neustadter Kinderfeststiftung.
Das Leben der Klara Sauer zeigt auch, wie stark Heimatliebe sein kann.
Die Verbundenheit zu ihrem Geburtsort Neustadt war bei Klara Sauer besonders ausgeprägt. Als echtes "Neustadter Kind" wurde sie am 20. Februar 1920 geboren. Die Eltern, der Schneidermeister Arno Wolf und dessen Ehefrau Amalie, geborene Klindt, wohnten seinerzeit am Marktplatz. Klara wuchs zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Jutta wohlbehütet und in geordneten Verhältnissen auf. Mitte der 1940er Jahre suchte der Vater in Waldnähe einen ruhigen Erholungsort, an dem die Familie, besonders aber die kranke Mutter, am Wochenende Erholung finden konnte. Im Neustadter Gampertsholz fanden sie solch einen Platz. Dort konnten sie mit behördlicher Genehmigung ein Blockhaus errichten. An den Wochenenden zogen sie dann mit Koffer und Rucksack samt Wasser und Verpflegung vom Marktplatz zu ihrem Erholungsort, um sich dann mit frischer Waldesluft und vollgetankt mit Sonne wieder für die folgende Woche zu stärken.
Die wöchentlichen Aufenthalte in und an der Blockhütte inmitten des Waldes sind bei Klara Sauer bis an ihr Lebensende in starker Erinnerung geblieben. Bis ins hohe Alter suchte sie bei Neustadt-Besuchen ihre "Waldhütte" auf. Schmerzlich war für sie, dass ihre geliebte Schwester Jutta unter tragischen Umständen ums Leben kam. Zur Erinnerung an die Schwester wurde die Waldhütte dann als "Blockhütte Jutta" bezeichnet.
Angst vor weiterem Krieg
Klara Sauer heiratete nach dem Zweiten Weltkrieg den am 15. April 1918 in Coburg geborenen Paul Sauer. Er hatte sein Studium als Mikrobiologe beendet. Beide befürchteten, dass nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg Deutschland erneut in einen Krieg verwickelt werden könnte. 1949 beschlossen sie daher, nach Australien auszuwandern. Nach einer wochenlangen und recht strapaziösen Schiffsreise vom Hamburger Hafen aus fanden beide mithilfe einer bereits ausgewanderten Neustadter Familie in Sydney zunächst eine bescheidene Unterkunft. Mehr war auch nicht möglich, da die finanzielle Ausstattung sehr begrenzt war. Da Paul Sauers Studium in Australien nicht anerkannt wurde, arbeitete er notgedrungen auf dem Bau, um sich den Lebensunterhalt sowie die Kosten für das zusätzliche Studium in Australien zu verdienen. Gleichzeitig vervollständigte er seine englischen Sprachkenntnisse. Nach dem erfolgreichen Studium erwarb Paul Sauer die australische Staatsangehörigkeit. Diese war Voraussetzung, um als Mikrobiologe in den Staatsdienst übernommen werden zu können.
Klara Sauer, die außerhalb des öffentlichen Dienstes einer Beschäftigung nachging, behielt hingegen die deutsche Staatsbürgerschaft. Beide erwarben später in der Stadt Katoomba, etwa 120 Kilometer nordwestlich von Sydney in den Blue Mountains (New South Wales) gelegen, in begehrter Lage ein schmuckes Eigenheim. Paul Sauer hatte inzwischen als Mikrobiologe einen so guten Verdienst, dass sie sich zusammen das großzügige Anwesen mit Garten leisten konnten. Mit viel Liebe und Tatkraft schafften sich die beiden ein "kleines Paradies". Da Klara und Paul Sauer kinderlos und somit unabhängig blieben, konnten sie sich Reisen in viele Länder Europas und Amerikas erlauben. Das Heimweh, das Klara Sauer immer wieder verspürte, war es, dass fast regelmäßig alle zwei Jahre Neustadt das Ziel wurde. Sooft sie konnte, besuchte sie mit ihrem Paul ihr geliebtes und vertrautes Neustadt. Bis zu ihrem Lebensende hielt sie die Verbindungen zu ihren Freunden und Bekannten sowie ihren letzten noch lebenden Schulfreundinnen.
Bei ihren Heimatbesuchen waren die Sauers meistens in der früheren Pension "Friedrichshöhe" untergebracht. Dann suchten sie am Nachmittag öfters ihr Blockhaus im Gampertsholz auf, nahmen sich eine mit Wasser gefüllte Milchkanne mit und bereiteten sich dort auf dem Holzofen einen Kaffee. Natürlich durfte ein echtes "Neustadter Mörbs" dazu nicht fehlen. Die letzte Woche ihrer mehrwöchigen Heimaturlaube verbrachten sie meistens im Hotel Festungshof in Coburg, wo sie sich - insbesondere Paul Sauer als Coburger - sehr wohl fühlten.
Schmerzhafter Einschnitt
Für Klara Sauer war der Tod ihres Mannes im Jahre 2001 ein besonders schmerzhafter Einschnitt, war sie doch nun in ihrem Domizil in den australischen "Blauen Bergen" allein. Die Urne ihres Mannes ließ sie nach Neustadt überführen und im Familiengrab ihrer Eltern beisetzen. Durch regelmäßige Telefonate hielt sie immer wieder die Verbindung zu Neustadt aufrecht. Obwohl Klara Sauer in Sydney und in der Nähe von Katoomba gute Bekannte, Freunde und Helfer hatte, dachte sie mehrmals darüber nach, wieder nach Neustadt zu übersiedeln. Doch letzten Endes hielten sie das schöne Anwesen und das Problem mit der deutschen Krankenversicherung vor diesem Schritt zurück. Dafür reiste sie nun wieder regelmäßig nach Neustadt, um die immer wieder aufkommende Sehnsucht nach der alten Heimat zu stillen. Letztmals war sie anlässlich ihres 90. Geburtstages in Neustadt. Diesen runden Geburtstag am 20. Februar 2010 wollte sie unbedingt im Neustadter Freundes- und Bekanntenkreis feiern. Die äußerst rüstige Jubilarin, die bis zuletzt körperlich und geistig ungemein fit war, organisierte ihre Reisen sowie die Gestaltung ihrer Tage in Neustadt immer selbst und von langer Hand. In Neustadt absolvierte sie stets ein dicht gedrängtes Programm. Die Zeit reichte aber meist nicht, um alle Vorhaben zu verwirklichen.
Zu ihrem 90. Geburtstag wurde auch ein Empfang im Neustadter Rathaus arrangiert, worüber sie sich sehr freute und geehrt fühlte. In ihrer Dankesanzeige in den hiesigen Tageszeitungen am 17. März 2010 schrieb sie unter anderem: "Ich bleibe weiterhin mit meiner Heimatstadt Neustadt verbunden; denn im Herzen bin ich eine Neustadterin."
Klara Sauer verstarb im Alter von 96 Jahren am 5. September 2016 in ihrem Haus in Katoomba. Da sich die Urnenüberführung lange Zeit hinausgezögert hatte, konnte die Beisetzung im Neustadter Familiengrab erst am 22. Juni 2017 im Kreise ihrer Verwandten, Freunde und Bekannten erfolgen.