Kirchenvorstandswahl in Coburg: Mitgestalter mit Rückgrat gesucht
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Sonntag, 25. Februar 2018
Auf die neuen Kirchenvorsteher kommen spannende, aber auch schwierige Aufgaben zu. Das Dekanat Coburg muss sich von mehreren Immobilien trennen.
Wer wird die neue stellvertretende Leiterin im Kindergarten? Welche Funktionen braucht die neue Küche im Gemeindezentrum? Wie feiern wir unser Kirchenjubiläum? Wollen wir den Weltgebetstag ohne unseren Pfarrer organisieren? - Fragen über Fragen, die im Kirchenvorstand besprochen und entschieden werden. Wer Lust hat, seine Gemeinde mit zu gestalten, wer gerne Entscheidungen trifft und sich mit seinen Talenten einbringt, ist genau der oder die Richtige für die Kirchenvorstandswahlen am 21. Oktober.
Zur Zeit putzen die Pfarrer Klinken im Dekanat und sind auf der Suche nach geeigneten Kandidaten. In vielen Vorgesprächen und Begegnungen halten die Kirchenvorsteher Ausschau nach Nachfolgern und neuen Mitstreitern. Sie spüren, wer passt ins Team, wer passt zur Gemeinde. Letztendlich ist es meist der Pfarrer persönlich, der nachfragt, ob man sich das Ehrenamt vorstellen könne.
Ein paar Voraussetzungen dafür braucht es schon: Also evangelisches Kirchenmitglied sollte man sein, meint Dekan Andreas Kleefeld schmunzelnd und das christliche Menschenbild müssen die Kandidaten bejahen. "Schließlich repräsentieren sie ja auch ein Stück weit die Kirche."
Richtig "cool" fand es Lisa Rosemann (25) als sie vor sechs Jahren angesprochen wurde. Seither engagiert sie sich in der Kirchengemeinde Großwalbur und bereitet derzeit den Weltgebetstag vor. Sie möchte auf jeden Fall weiter machen - genau wie René Oelke aus Scherneck. Der 24-Jährige findet es spannend, sich einzubringen. Er scheut sich nicht, auch mal gegen das "Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht" Argument aufzubegehren und seine Meinung zu vertreten. "Junge, streitbare Ansichten sind wichtig." Da sind sich alle am Tisch einig. Gerade Gisela Bönel, die 35 Jahre lang Pfarrsekretärin war und nun schon seit zwölf Jahren ehrenamtlich als Kirchenvorsteher mitbestimmt, was in St. Johannis in Rödental passiert, findet es wichtig, dass junge Menschen sich einbringen und neue Sichtweisen diskutiert werden.
Das Spannungsfeld zwischen Kirche, Gesellschaft und Politik macht die Arbeit im Kirchenvorstand vielseitig und interessant. Manchmal auch schwierig, wie Martin Umlauff vom Kirchenvorstand St. Moriz weiß. Er gehörte dem Renovierungsausschuss der Morizkirche an und musste viele Entscheidungen mit treffen - ob es um die moderne Formensprache bei der Gestaltung des neuen Altars ging oder um Fragen des Kirchenasyls. Sein Know How als Jurist war immer wieder gefragt.
Der Kirchenvorstand lebt auch durch seine Vielfalt: alt und jung, Handwerker, Jurist, Arzthelferin oder Sekretärin. Jeder ist auf seinem Gebiet ein Experte und kann seine Talente und sein Wissen einbringen. Manchmal entscheidet das Bauchgefühl und der gesunde Menschenverstand, manchmal überzeugen juristische Argumentationen.
Neues Immobilienkonzept
Eine der größten Herausforderungen für die kommenden sechs Jahre wird die Immobilienfrage sein, die gelöst werden muss. Dem Dekanat Coburg unterstehen 240 Immobilien. Damit weist es die viertgrößte Immobiliendichte in der Landeskirche auf. "Von einigen werden wir uns trennen müssen", sagt Dekan Kleefeld. Dekan Kirchberger arbeitet an einem neuen Immobilienkonzept mit. "Da kommen schwere Entscheidungen auf die Kirchenvorsteher zu, die dann auch nach außen vertreten werden müssen", sagt Kirchberger. Immer weniger Kirchenmitglieder und marode Gebäudesubstanz auf der einen Seite, ein lebendiges Gemeindeleben auf der anderen.Wo braucht es künftig noch einen Pfarrer? Wo soll der wohnen? Werden Zusammenschlüsse notwendig? Was wird aus St. Lukas, was aus dem Haus Contakt? Auch das sind Fragen, die anstehen.
Was macht eigentlich ein Kirchenvorsteher?
Der Kirchenvorstand repräsentiert die evangelische Kirche vor Ort.
Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher sind im Gottesdienst (nicht nur beim Klingelbeutel) beteiligt, sie gestalten Kontakte zu den Menschen am Ort, zur politischen Gemeinde und zu Vereinen. Von daher kommen zu den regelmäßigen Kirchenvorstandssitzungen (je nach Bedarf und Tradition vor Ort zwischen viermal jährlich bis monatlich) Termine wie Einführungen, Verabschiedungen, Einweihungen, Kontakte zu den Gruppen und Kreisen in der Gemeinde, ökumenische Kontakte, gemeinsame Aktionen, die mit Kirchenfinanzierung und Erhaltung der Gebäude zu tun haben.
Finanzen Viele Kirchenvorstände haben mit Ausschüssen, wie einem Bau-, Personal-, Jugend- oder Finanzausschuss gute Erfahrungen gemacht.
Aufgaben Die Kirchengemeindeordnung benennt, was zu den grundlegenden Aufgaben von Kirchenvorstehern gehört: Der Kirchenvorstand hat die Aufgabe, strategische Fragen der Gemeindeentwicklung, wie das Profil der Kirchengemeinde, Schwerpunktsetzungen und Kooperationen, festzulegen. Vor allem durch Personalentscheidungen bei Pfarrstellenbesetzungen und bei der Anstellung kirchlicher Mitarbeitenden werden Weichen der Gemeindeentwicklung gestellt.
Glaubensfragen Der Kirchenvorstand entscheidet über die Rahmenbedingungen für die Gottesdienste, fördert das Vertrautwerden mit dem christlichen Glauben, trägt Verantwortung für die Kontaktgestaltung zu allen Gemeindegliedern, entscheidet, wie die evangelische Lehre vor Ort mit Leben gefüllt wird, achtet auf die Umsetzung der "Leitlinien kirchlichen Lebens", also der evangelischen Lebensordnung, kümmert sich um die Gewinnung und Motivation ehrenamtlicher Mitarbeiter, stärkt die Einheit der Gemeinde und arbeitet bei Konflikten auf Lösungen hin.
Gebäude Der Kirchenvorstand hat Verantwortung für die Gebäude der Kirchengemeinde, sowie für Kindertagesstätten und diakonische Einrichtungen, die im Besitz oder Eigentum der Gemeinde sind. Die Kirchenvorsteher verwalten das Vermögen der Gemeinde: Sie beschließen den Haushaltsplan, sind für die Erhebung des Kirchgeldes zuständig, erlassen Satzungen ( für Friedhöfe) und entscheiden über die Verwendung ortskirchlicher Kollekten.
Termin Die Wahlen finden am Sonntag, 21. Oktober, statt. 2,2 Millionen evangelische Wahlberechtigte sind aufgerufen rund 10 000 Ehrenamtliche zu wählen.