"Die Schule brennt": Zu diesem Szenario rückten 23 Feuerwehrkameradinnen von elf Wehren des Coburger Landkreises aus.
Die Idee, eine reine Frauen-Einsatzübung zu veranstalten, kam Sabine Rudolph bei der Frühjahrstagung der Kommandanten im Landkreis. Und diese Idee reifte im Kopf der Frauenbeauftragten. Konstatiert wurde nämlich, dass der Frauenanteil in den Wehren
um zehn Prozent zurückgegangen war. Von den insgesamt 2883 aktiven Feuerwehrleuten im Landkreis sind derzeit 278 Frauen. Dieses Verhältnis ist bei den Kinder- und Jugendfeuerwehren anders: Hier sind es 116 Jungen und 67 Mädchen.
Für Frauen in den Feuerwehren gelten keine "Softie-Regeln": Sie absolvieren wie ihre männlichen Kollegen auch die normale modulare Truppausbildung über 60 Stunden - von den Grundtätigkeiten über die Funkausbildung bis zur Ersten Hilfe.
Führung ist mehrheitlich männlich
Auch bei den Einsätzen müssen die Frauen mit ran und haben etwas beizusteuern, was Männern oftmals nicht so liegt. Die Kameradinnen, lobt Kreisbrandinspektor Stefan Püls, der
gerade von einem Löscheinsatz in Blumenrod kommt, wo der Dachstuhl einer Schreinerei brannte, sind eine Bereicherung für die Arbeit der Feuerwehr: "Es gibt Bereiche, wo Frauen einfach mehr Spürsinn haben, zum Beispiel bei der Betreuung von Verletzten oder Angehörigen. Frauen ergänzen das wunderbar und stehen genauso ihren Mann - von der Rettungsschere bis zum Innenangriff unter Atemschutz."
Und doch, gibt Püls zu, seien Kameradinnen im Führungsdienst noch eher eine Seltenheit.
Dabei wäre es durchaus ein Ansporn, dass es mal eine Kreisbrandmeisterin gibt. "Da sind wir noch etwas unbedarft", meint Püls und will die Männerdomäne langsam aufgebrochen wissen.
Langsam ändert sich etwas
Noch vor 30 Jahren, erinnert sich Kreisbrandmeister Bernd Schultheiß, der seit drei Jahrzehnten Kommandant in Rossach ist, seien Frauen in der Feuerwehr bei den Bürgermeistern verpönt gewesen. Schultheiß' Tochter Diana ist heuer stellvertretende Kommandantin in Rossach. Er ist stolz auf sie: "Diana ist Atemschutzträgern, Maschinistin und Notfallseelsorgerin in einem."
Im Landkreis sind Frauen in Führungspositionen der Feuerwehr aber insgesamt rar gesät. Es gibt lediglich eine Kommandantin, und das ist Claudia Ehrlinger in Lahm/Pülsdorf.
Andreas Hackl, Kommandant in Niederfüllbach, lobt seine Mädels: Nicole Boßecker ist Zugführerin, Susanne Holzheit Atemschutzträgerin. Insgesamt 14 Damen versehen neben 29 Männern in Niederfüllbach den aktiven Dienst.
Keine Klos für Frauen
Mit Frauen in den Reihen der Aktiven tut sich vielerorts ein weiteres Problem auf. In den alten Gerätehäusern gibt es oft nur eine Toilette, ganz zu schweigen von getrennten Duschen oder Umkleideräumen. Die Niederfüllbacher werden das spätestens im Frühjahr nächsten Jahres haben. Vor zwei Wochen war hier der Grundstein für das neue Feuerwehrgerätehaus gelegt worden. Auch in Gestungshausen warten die Kameraden auf ein neues Feuerwehrgerätehaus.
Hier, sagt Stefanie Friedrich, seit 21 Jahren bei der Feuerwehr, davon seit zweieinhalb Jahren in Gestungshausen, gibt es lediglich ein Gemeinschaftsklo und Duschen schon gar nicht. Stefanie leitet die Kinder- und Jugendfeuerwehr, hat zahllose Ausbildungen, ist Atemschutzträgerin, Truppführerin und Maschinistin und sagt ein wenig resigniert: "Trotz meiner vielen Ausbildungen fühle ich mich als Frau nicht respektiert."
Ja, bestätigt Manuela Fuchs aus Ebersdorf, als Frau müsse man sich vieles härter erkämpfen. Das sieht Stefan Püls dann doch anders: "Bei der Feuerwehr sind alle gleich."
Die meisten Kameradinnen haben in der Familie einen Feuerwehr-Hintergrund: Opa, Vater, Mann oder Bruder waren oder sind in der aktiven Wehr. Und viele sind auch seit der Jugendfeuerwehr dabei, wie Sabine Rudolph, die mit 14 in die Jugendwehr eintrat und 1991 die Damenfeuerwehr in Niederfüllbach mit aus der Taufe hob. Ihren Mann Frank hat sie übrigens bei der Jugendfeuerwehr kennengelernt. Heute betreut Sabine Rudolph die 22 "Feuer-Wiesel" im Dorf, die Kindergruppe der Feuerwehr. Dass sie Frauenbeauftragte im Landkreis wurde, lag an einem eher lustigen Erlebnis. Kreisbrandrat Manfred Lorenz nämlich hatte nach einer verlorenen Wette die Fenster bei der Feuerwehrfrau zu putzen. Nach getaner Arbeit gab es bei Sabine Rudolph Kaffee und Schwarzwälder Kirsch, und Lorenz nutzte seinerseits die Gunst der Stunde, die engagierte und couragierte Frau zu fragen, ob sie Frauenbeauftragte werden wolle."Was soll man machen?", lacht Sabine Rudolph heute nimmt seitdem ihre Verantwortung ernst. Für sie sind es vor allem die Gemeinschaft, der Zusammenhalt und der Spaß in der Truppe, die sie an der Feuerwehr schätzt.
Bei den Einsätzen muss man sich aufeinander verlassen, und das hat Sabine Rudolph schon oft erlebt: Beim Wohnhausbrand in Meschenbach etwa, als zwei Kleinkinder vermisst wurden, die dann glücklicherweise bei der Nachbarin waren.
Alles klappt wie am Schnürchen
Und auch bei der Einsatzübung an diesem Freitagabend ist es so: Die Mädels wissen, wo es langgeht, rollen die Schläuche gekonnt aus, schließen die Wasserstellen am Ufer des Füllbach und am Hydranten auf dem Schulgelände an, bergen "Verletzte" aus dem Keller, halten dem Druck stand, wenn das Wasser aus dem B-Rohr spritzt und fabrizieren dabei ganz feminin noch einen bezaubernden Regenbogen, wie Carina aus Rossach und Stefanie aus Rohrbach.
Am Ende gibt es viel Lob der Kreisbrandinspektoren Stefan Püls und Stefan Zapf und von vielen anderen Feuerwehrmännern auch. Und die Frauen? Sind stolz auf sich.