Juliane (29) lag wegen FSME-Erkrankung im Koma - nach dem Aufwachen überraschte sie alle
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Montag, 06. Dezember 2021
Was Juliane Kuhnlein nach dem Erwachen aus dem Koma zuerst sagte und wie sie ihren Mann bei der Taufe ihrer Tochter überraschte... Teil 3
Tobias verbrachte viele Stunden am Bett seiner Frau auf der Intensivstation des Klinikums in Bayreuth. Nach einem Zeckenstich hatte sie die schwerste Verlaufsform von FSME und musste ins künstliche Koma versetzt werden. In diesen endlos erscheinenden Wochen hieß es dreimal Abschied nehmen, und er bekam von den Ärzten den Hinweis, "sich um alles Nötige zu kümmern".
Für Tobias, der auch seine neugeborene Tochter auf der Kinderintensivstation täglich für mehrere Stunden besuchte - es war unklar, ob sich der Erreger über die Plazenta auch aufs Kind übertragen hatte - war das eine unerträgliche Zeit. Daheim musste ja auch Sohn Florentin betreut werden. "Ich war so verzweifelt, saß bei Juli und versprach ihr mehrmals, dass ich sie gerne noch einmal heiraten würde, wenn sie wieder da ist." Egal wie es ausgehe, Tobias wollte zu ihr stehen und für sie da sein - in guten wie in schlechten Tagen. Ob das die 29-Jährige hörte und verstand, wusste er zu diesem Zeitpunkt nicht.
Juliane bekam in der Schwangerschaft FSME: Große Überraschung nach dem Koma
Der Aufwachprozess zog sich über mehrere Wochen. Es dauerte sehr lange, bis sie Fragen mit Ja oder Nein beantworten konnte, indem sie mit der rechten oder linken Hand zuckte. Im weiteren Verlauf konnte sie ihre Zunge herausstrecken, wenn sie ein Ja sagen wollte. Um sich zu äußern wurde schließlich ein Eye-Tracking-Computer zur Hilfe genommen, den sie mit den Augen steuern konnte. "Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis es funktionierte, da ihr vor Erschöpfung ständig die Augen zufielen. Außerdem schauten ihre Pupillen durch die Stammhirnschädigung in unterschiedliche Richtungen. Das Gerät schrieb also immer etwas anderes und Juli musste immer wieder von vorne anfangen", erinnert sich Tobias.
Video:
Doch dann kam die große Überraschung, die alle im Raum zu Tränen rührte: Statt dass die schrieb, was sie dringend braucht, ob sie Schmerzen hat oder wie es den Kindern geht, schrieb sie: "Was machen wir am Samstag, den 30. Juli, was machen wir da?" Das war ihr Hochzeitstag. Vor fünf Jahren hatten sie geheiratet. "Da war mir klar, dass sie meine Worte im Koma verstanden hatte", sagt er.
Der Weg bis nach Hause war noch steinig und lang. Juliane, die kopf-abwärts nahezu gelähmt ist, musste eine Reihe von Komplikationen und Operationen hinter sich bringen. Nur langsam verbesserte sich ihr Zustand. Mittlerweile kann sie ihre Hände und Arme leicht bewegen. Auch das Sprechen macht Fortschritte. Dennoch kann nicht von einem stabilen Zustand gesprochen werden. Ein Pflegedienst, Therapeuten, Logopäden und natürlich Tobias kümmern sich rund um die Uhr um sie. Mit einer Haushaltshilfe, einer Kinderbetreuung und mit Hilfe von Oma und Opa versucht Tobias sein Familienleben am Laufen zu halten.
Kosten für Pflege wachsen Familie über den Kopf
Juliane liegt im Pflegebett im Wohnzimmer, wird über eine Magensonde künstlich ernährt und muss regelmäßig gedreht und abgesaugt werden. Tobias, Berufsschullehrer in Kronach, hat einen Berg von neuen Aufgaben zu bewältigen. "Die Krankheit hat unser Leben völlig aus der Bahn geworfen", sagt er. Neben den täglichen Herausforderungen muss er sich um den behindertengerechten Umbau des Hauses und um ein neues rollstuhlgerechtes Fahrzeug kümmern. Auch ein Fahrstuhl soll eingebaut werden, damit Juliane in die Kinderzimmer kommt und in ihr Arbeitszimmer. Ihr großes Ziel ist es wieder zu arbeiten. "Die Kosten wachsen uns über den Kopf." Ersten Schätzungen zufolge müssen etwa 350000 Euro investiert werden. Noch dazu ist das Haus nicht abbezahlt und Tobias muss aus Studienzeiten seinen BaföG-Kredit zurückzahlen.
Der Spendenverein "Franken helfen Franken", den die Mediengruppe Oberfranken ins Leben gerufen hat, möchte deshalb die Familie finanziell unterstützen.