Jede Störung kann die letzte sein

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In den Keller konnten sie nicht - denn dort steht Wasser. Also fand die Übergabe der Managementpläne und Keller-Schlüssel mit Werner Thomas, Ernst Bohla, Norbert Wimmer, Herbert Rebhan, Uwe Wolf und Andreas Niedling im Freien statt. Foto: Berthold Köhler
In den Keller konnten sie nicht - denn dort steht Wasser. Also fand die Übergabe der Managementpläne und Keller-Schlüssel mit Werner Thomas, Ernst Bohla, Norbert Wimmer, Herbert Rebhan, Uwe   Wolf und  Andreas Niedling  im Freien statt. Foto: Berthold Köhler

14 Fledermauskeller im Coburger Land sind von größter Bedeutung. Das haben die Besitzer nun sogar schriftlich bekommen.

Ernst Bohla kann sich noch an die Zeit erinnern, als in den fünf Kellern am Ortsausgang Richtung Unnersdorf Bier gelagert wurde: "Es war die Zeit, als die Bauern beim Stirnweiß noch ihr Bier brauen ließen", berichtet Bohla, das Herrether Urgestein. Als privat immer weniger Bier gebraut wurde, verloren die Keller jedoch ihre Bedeutung. Manche verfielen danach, manche bekamen aber auch neue Bewohner: Fledermäuse. Inzwischen sind die Herrether Keller ein nachgewiesen wertvolles Winterquartier für Fledermäuse. So wertvoll, dass sie jetzt zum "Natura 2000"-Gebiet deklariert wurden.

"Fledermauswinterquartiere im Coburger Land" steht auf den Ordnern, die Herbert Rebhan (Leiter des Sachgebietes Naturschutz bei der Regierung von Oberfranken) extra mitgebracht hat. In diesen Ordner befinden sich die Managementpläne - ein Begriff, der Rebhan aber nicht so recht gefällt. Er hat es eher mit "Pflege- und Entwicklungshinweisen". Alleine schon deshalb, weil "Natura 2000" nicht nur Verbote hinterlässt, sondern auch die Möglichkeit für EU-Zuschüsse eröffnet. Zum Beispiel dann, wenn die Kellereingänge saniert werden müssten.

In den Ordnern, die ab sofort in den Rathäusern ausliegen, steht, was man tun muss, um die 14 Keller - fünf davon stehen alleine in Herreth - im gesamten Landkreisgebiet weiter als Fledermausquartier zu erhalten. Schwer ist diese Aufgabe nicht, denn eigentlich sollte die Keller-Besitzer gar nichts tun - besonders im Winter. "Da sollte man die Tiere in Ruhe lassen, weil jede Störung gefährlich sein kann", erklärt Rebhan. Denn schrecken die Fledermäuse auf, fliegen sie davon, verbrauchen viel Energie und verzehren dabei überlebenswichtige Fettreserven für ihre Winterruhe.

In Herreth werden die Tiere in Ruhe gelassen. "Die Keller werden schon lange nicht mehr genutzt", erzählt Bürgermeister Werner Thomas (SPD). Der Hohlweg hinab zu den Kellern sei früher deshalb fast schon ein "schmutziges Eck" gewesen, erst nach der Entdeckung der Fledermäuse habe man dort ein bisschen aufgeräumt und sogar einige Kellereingänge saniert. Die Gittertüren, die ungebetene Gäste fernhalten und den Fledermäusen freien Einflug gewähren, gibt es nun schon einige Zeit. Wenn überhaupt, berichtet Ernst Bohla, dann nutzen die Besitzer heute ihre Keller im Sommer, um Obst oder Gemüse kühl lagern zu können. Das wiederum ist auch künftig kein Problem, versichert Andreas Niedling, der im Auftrag der Regierung die Fledermausvorkommen kartierte und die Managementpläne entwarf: "Im Sommer sind hier kaum Fledermäuse zu finden." Deshalb haben die Kellerbesitzer auch weiterhin Zugang. Uwe Wolf von der Unteren Naturschutzbehörde im Coburger Landratsamt brachte Ernst Bohla extra einen Satz neue Vorhängeschlösser und Schlüssel mit.

Der wichtigste Bewohner der Winterquartiere im Coburger Land ist die Mopsfledermaus. Das gerade einmal fünf Zentimeter große Tier braucht insektenreiche Wälder und verbringt im Sommer den Tag am liebsten hinter der aufgeplatzten Rinde alter Bäume. Im Winter aber, da braucht die Fledermaus ein nicht allzu kaltes und vor allem ruhiges Quartier. 25 Mopsfledermäuse hat Andreas Niedling im gesamten Landkreis gezählt, neun davon verbrachten den vergangenen Winter in Herreth. Insgesamt 30 Fledermäuse überwinterten dort in den fünf Kellern, die jetzt zur Reihe der "Natura 2000"-Gebiete gehören. Das klingt nach nicht besonders viel, hat aber hohe Bedeutung. "Wir haben im Coburger Land acht Arten gezählt, darunter drei geschützte. Das gibt es in Oberfranken kein zweites Mal", betont Herbert Rebhan.

Keine Geheimniskrämerei


Dass die Managementpläne ab sofort in den Rathäusern ausliegen, ist auch ein Stück Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des Naturschutzes. "Unsere Ziele sollen ja kein Geheimnis sein", erklärt Rebhan. Deshalb gehöre es dazu, die Menschen vor Ort über die Hintergründe und Ziele von Schutzgebieten zu informieren. Dem kann Bürgermeister Werner Thomas nur zustimmen: "Damit wird dokumentiert, was wir hier für ein Kleinod der Natur haben." Thomas rät deshalb den Einheimischen, Ziele wie die Herrether Keller ruhig einmal bei einem Spaziergang anzusteuern. Nur nicht im Winter, denn dann heißt es dort: "Wir müssen draußen bleiben." Das gilt aber nur für Menschen.