Dem Material- und einfallsreichen Keramiker ClausTittmann ist eine umfangreiche und vielseite Retrospektive im Museum für Modernes Glas gewidmet.
Seinen Gefäßen ist er längst entstiegen. Dabei waren die Kannen, Vasen, Töpfe des Claus Tittmann schon ein eigener Kosmos an Farben und Formen, Ergebnis von einfallsreicher Materialkombination und technisch raffiniertem Experiment. Mittlerweile aber bevölkern immer freier gestaltete Wesen, Tiere, Menschen, Kombinaturen die Kunstwelt von Claus Tittmann.
Der in Leipzig geborene Künstler taucht seit Jahrzehnten an den unterschiedlichsten Stellen und bei verschiedensten Gelegenheiten in der Region auf, betreibt er doch seine Keramikwerkstatt seit 1975 in Berndorf bei Thurnau. Jetzt widmet ihm das Europäische Museum für Modernes Glas, das sich seit einiger Zeit auch der Keramik öffnet, dem fast 75-Jährigen eine große, vielfältige und eindrucksvolle Retrospektive, was nicht bedeutet, dass Tittmann nicht unablässig weiter experimentiert und gestaltet.
Tittmann arbeitete ursprünglich als Ingenieur, hatte angewandte Technik in München studiert, bevor er sich nochmals regelrecht ausbilden ließ, nun zum Keramiker. Sein Interesse an der weit entwickelten japanischen Brenntradition und seine Studienreisen durch Japan sind den Gefäßen der 70er Jahre in reizvoller Auseinandersetzung anzusehen. Mit denen beginnt die Studioausstellung in der Rosenau. "Es war das Lebendige, das mich an der japanischen Keramik faszinierte", sagt Claus Tittmann.
So war es nur folgerichtig, dass er vom Gegenstand, den der Mensch gebraucht in seinem Alltag, zum lebendigen Menschen selbst kam, zum Leben selbst aus welchem Geist auch immer. Weil es Tittmann offensichtlich nicht um die Abbildung der äußeren menschlichen Form ging und geht, sondern um den Lebensgeist in den Figuren, nehmen seine Skulpturen Formen an, die wie in andere "Systeme" greifen. Fahrer gehen in ihre Gefährte über, die Körperformen weiten sich bauchig, geschliffen steinig, recken sich schmal in andere Dimension oder scheinen sich aufzulösen in ihre erdigen Bestandteile. Und dann die Tiere, kraftvolle Stiere immer wieder, Pferde, die in ihren Reitern aufgehen.
So viel Material und Form
Im Material scheint Claus Tittmann, da ganz der ewig forschende Techniker, sich keiner Beschränkung zu unterwerfen. Ton, Steinzeug, Eisen, Bronze, Aluminium, raffinierte Mischungen, massiv, leicht, aus eher groben Platten aufgebaut, dann auch filigran zusammengesteckt - so viel wird da im Studio der Rosenau aufgefahren, läuft da auf, möchte man fast sagen, denn alles wirkt so lebendig, bewegt. Ist seinen Grafiken entstiegen, die begleitend ausgestellt werden. Weil es ums Lebendige geht, sind die Stücke nur selten glatt poliert, bleiben sie im Übergangsstadium, als könnten sie morgen schon wieder anders aussehen.
Bezeichnend für Tittmanns künstlerischen Drang ist seine Büste von Jean Paul. Die schlicht als "Kopf" bezeichnete Skulptur blickt schrägäugig und mit kleinem Mund aus der Bronze. Ha, aber am Schädel hinten kann man ein Stückchen öffnen und Jean Paul in den Kopf gucken. Da steht einiges. Wie überhaupt Tittmann zum 250. Geburtstag des Dichters 2013 eine Reihe von Reliefs und anderen Werken zu Jean Pauls Fantasien gefertigt hat. - Die beiden passen tatsächlich gut zueinander.
Claus Tittmann, geboren 1941 in Leipzig, studierte zunächst Maschinenbau und arbeitete sieben Jahre in
der Industrie. Anschließend Ausbildung an der Staatlichen Fachschule für Keramik in Landshut, die alle keramischen Techniken einschloss. 1975 Einrichtung der eigenen Werkstatt in Berndorf. 1980 wurde er mit dem Bayerischen Staatspreis in Gold ausgezeichnet. Tittmann kann auf zahlreiche Ausstellungen verweisen und ist in bedeutenden Museen und Sammlungen vertreten.
Die Ausstellung Europäisches Museum für Modernes Glas - Claus Tittmann. Gefäßkeramik, Skulpturen, Grafik. Bis 18. September, täglich 9.30 bis 17 Uhr. Bei der 13. Regionalen Museumsnacht am 7. Mai wird Claus Tittmann um 20 und 21 Uhr selbst durch die Sonderausstellung führen.