Im Coburger Land gewinnt die Natur leichter

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Seltene Tier- und Pflanzenarten sind auf solche Standorte wie die offene Tongrube bei Sonnefeld angewiesen. Fotos: Rainer Lutz
Seltene Tier- und Pflanzenarten sind auf solche Standorte wie die offene Tongrube bei Sonnefeld angewiesen. Fotos: Rainer Lutz
 
 
 
 
 
 
 

Förster, Naturschützer und Behörden arbeiten im Coburger Land ohne ideoligsche Scheuklappen zusammen.

Blanker Boden, Steine und ein wenig Grün an einem kleinen Tümpel. Karg wirkt die frühere Tongrube im Waldstück Mönchsholz bei Sonnefeld. Genau das soll sie auch. Forst, behördlicher Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz (LBV) haben hier gemeinsam dafür gesorgt, dass etwas entstanden ist, was die Fachleute einen Primärstandort nennen.
Für Albert Schrenker, den Leiter des Forstbetriebs Coburg der Bayerischen Staatsforsten, ist die Freilegung der Tongrube eines der besten Beispiele für eine Zusammenarbeit zwischen Naturnutzern und Naturschützern, die Ihresgleichen sucht. "Wir vom Forstbetrieb haben die Fläche, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat das Geld, die Spezialisten vom LBV haben das geballte Wissen", sagt Schrenker. Was läge näher, als all das zu bündeln, um gemeinsam das Beste für die Natur zu tun? Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht.
Eher eine Seltenheit. Meist beäugen Naturschützer das Wirtschaften der Forstleute eher skeptisch. Die Förster fühlen sich umgekehrt von ihnen nicht verstanden, oder gar behindert.
Im Coburger Land ist das nicht so. Alle Beteiligten, inklusive dem behördlichen Naturschutz am Landratsamt respektieren sich, diskutieren, hinterfragen und akzeptieren die Ziele des jeweils Anderen, schwärmt der Leiter des Forstbetriebs. Alexander Ulmer und Frank Reißenweber vom LBV wissen die Zusammenarbeit zu schätzen. Beispiel Tongrube: "Es wurde gemeinsam überlegt, was getan werden müsste und ein Konzept erstellt", schildert der Biologe Reißenweber. Das Konzept wurde dem AELF für eine so genannte "Besondere Gemeinwohlaufgabe" vorgeschlagen und genehmigt. 5000 Euro stellte die Behörde zur Verfügung, um die Tongrube zu entbuschen. "Das Geld bleibt in der Region, weil wir über den Maschinenring einen Landwirt damit beauftragt haben", betont Reißenweber.


Kontinuierlich schützen

Rund 7500 Hektar Wald betreut der Forstbetrieb Coburg der BaySF. Immer wieder finden sich da Gelegenheiten, gemeinsam mit dem Naturschutz etwas zu tun - nicht nur im Jahr des Waldnaturschutzes, sondern kontinuierlich. Die Naturschützer akzeptieren, dass Forstwirtschaft auch dazu da ist, die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz zu decken. Die Förster akzeptieren, dass es im gemeinsamen Interesse einer möglichst großen Artenvielfalt liegt, wenn im Wald schützenswerte Bereiche aus der Bewirtschaftung genommen werden, um sie der Natur zu überlassen.
Unter dem Druck vieler Infrastrukturmaßnahmen in der Region gelte es besonders verantwortungsvoll mit den verbleibenden Flächen umzugehen, ist Albert Schrenker überzeugt. "Und es gibt durchaus auch botanische Highlights im Wald", sagt er und zählt auf: Frauenschuh, Stachelbart, Koboldmoos ... die Liste ist lang. Gemeinsam mit den Partnern vom Naturschutz wurden so genannte Zerfallsinseln in den Wäldern des Coburger Landes ausgesucht. Flecken, auf denen die Forstwirte nicht mehr eingreifen. Sie bilden Trittsteine zwischen größeren Gebieten wie dem Grünen Band, dem Bannwaldgebiet Schwengbrunn bei Oberwohlsbach oder dem Steinbruch Dietzenloch bei Seßlach.
Dabei haben die Partner in Sachen Natur durchaus Geduld nötig. Ehe aus den neu angelegten oder freigelegten Lebensräumen ökologische Schatztruhen wie die Tongrube bei Muggenbach werden, vergehen Jahre. Dabei kann schon manchmal Unsicherheit aufkommen, ob eine Entscheidung richtig war. Denn mit den Steinen aus dem Keupersandsteinbruch Dietzenloch beispielsweise ließe sich im Forstbetrieb auch durchaus Geld verdienen. Der Steinbruch beweist, dass sich Geduld und Vertrauen in die eigene Entscheidung lohnen. Uhu, Bärlapp, Gelbbauchunke, Sandbiene, Ameisenlöwe und Co. sind eingezogen und haben dem Lebensraum einen ungeahnten Wert gegeben. Schrenker: "Da fühle ich mich als Betriebsleiter im Nachhinein richtig wohl - auch in der Zusammenarbeit mit den Beratern vom LBV."
Nun heißt es hoffen, dass sich auch in der Sonnefelder Grube Ähnliches entwickeln wird. Der trockene Tonboden bietet sich förmlich Eidechsen, Blindschleichen und Ringelnattern an, sich zu sonnen. Wolfsspinnen und Laufkäfer flitzen schon über die warme Erde.


Integrativer Königsweg

Für den Leiter des Forstbetriebs steht fest: "Der integrative Ansatz bei der Waldbewirtschaftung ist der Königsweg. Integrativ heißt aber auch miteinander reden, Wissen anderer nutzen und Kooperationen pflegen." Polemik, Ideologie oder Polarisierung sind für ihn ebenso fehl am Platz wie für seine Partner im Naturschutz.