Im Boden des Coburger Landes ruht unsere Geschichte

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Martin Stingl, Oliver Kröner, Michael Busch, Philipp Schinkel und Markus Ullrich (von links) betrachten ein Modell, das zeigt, wie sich verborgene Bodendenkmäler im Waldboden erkennen lassen. Rainer Lutz
Martin Stingl, Oliver Kröner, Michael Busch, Philipp Schinkel und Markus Ullrich (von links) betrachten ein Modell, das zeigt, wie sich verborgene Bodendenkmäler im Waldboden erkennen lassen. Rainer Lutz

Eine Ausstellung im Landratsamt Coburg möchte bei den Besuchern das Verantwortungsbewusstsein für Bodendenkmäler schärfen.

Burgruinen, aufgelassene Bergwerkstollen oder Gedenksteine sind augenfällig. Jeder kennt solche Orte in seiner Heimat. Doch zu den mehr als 55 000 Bodendenkmälern, die es in Bayern gibt, gehören auch viele, die Spaziergängern und Wanderern kaum auffallen, weil sie verborgen in der Erde liegen. Oft wissen nicht einmal die Grundeigentümer, was da zu ihrem Besitz gehört. Tausende von Bodendenkmälern liegen im Wald, der sie in besonderer Weise bewahrt. Ihnen widmet sich eine Ausstellung, die zurzeit im Landratsamt Coburg zu sehen ist.
So gut hütet der Wald seine historischen Geheimnisse, dass selbst die Förster im Staatswald oft nicht um alles wissen, was sich unter dem Boden befindet. Das bestätigte Forstdirektor Oliver Kröner bei der Eröffnung der Ausstellung. Er ist Bereichsleiter Forst am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg/Lichtenfels. Und schließlich gibt es neben den bekannten Bodendenkmälern auch noch unentdeckte Stätten - wie etwa auf dem Muppberg bei Neustadt. Dort, wo der Forstbetrieb Coburg der Bayerischen Staatsforsten Hausherr ist, hat der Archäologe Philipp Schinkel im Rahmen seiner Masterarbeit erst jetzt nachgewiesen, dass es einst Befestigungen und eine regelrechte Siedlung auf dem Hochplateau gab. Was bisher an Erkenntnissen über die "ersten Neustadter" gewonnen werden konnte, berichtete Schinkel in einem Vortrag zur Ausstellung.


Sponsoren für Grabung gesucht

Bisher sind die Erkenntnisse noch recht vage. Grabungen könnten viele Fragen beantworten. Diese im wahrsten Wortsinn tiefer gehenden Untersuchungen möchte Philipp Schinkel nun im Rahmen seiner Doktorarbeit vornehmen. "Es sind Grabungen geplant, denn es gibt noch einiges zu klären", bestätigte er am Rande der Ausstellung. Allerdings muss so eine Forschungsaktion auch finanziert werden. Da gibt es noch jede Menge Möglichkeiten für Sponsoren, sich um die Erforschung der frühen Geschichte unserer Region Verdienste zu erwerben.
Der Landkreis Coburg ist regelrecht übersät mit Bodendenkmälern. Es gibt vorgeschichtliche Grabhügel, mittelalterliche Schanzanlagen, Burgställe (so bezeichnen Historiker eine Burg, von der noch weniger übrig ist als eine Ruine), Grundmauern verschwundener Kirchen, Reste von Kohlenmeilern und dergleichen mehr bis hin zu Orten, von denen bisher nicht mehr bekannt ist, als einzelne gefundene Artefakte aus vorgeschichtlicher Zeit.
Viele solcher Fundstellen liegen heute unter landwirtschaftlich genutzten Flächen. Was nah der Oberfläche im Boden lag, ist daher oft bereits verschwunden. Anders im Wald. "Der Wald hat eine wichtige konservierende Wirkung. Über viele Baumgenerationen hinweg hat er Dinge in einmaliger Vielfalt erhalten", sagt Oliver Kröner. Er erinnert aber auch: "Waldbesitzer haben deswegen eine besondere Verantwortung für die Bodendenkmäler."


Verantwortung bewusst machen

Für diese Verantwortung mehr Bewusstsein zu schaffen, dazu kann die Ausstellung beitragen, ist Dr. Markus Ullrich als stellvertretender Leiter der Abteilung Denkmalerfassung und Denkmalforschung am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege überzeugt. "Die Ausstellung soll die Besucher aber auch anregen, selbst in den Wald zu gehen und Kultur zu entdecken", betont er. Bayern geht damit einen anderen Weg als viele andere Länder. Über den bayerischen Denkmalatlas, kann jeder im Internet erfahren, wo in seinem Umfeld bereits Bodendenkmäler entdeckt wurden.
"Wir haben lange darüber diskutiert, ob wir diese Orte so öffentlich bekannt machen sollen", sagt Ullrich. Raubgräber sind auch im Freistaat ein großes Problem. Doch die gab es auch schon vor dem Denkmalatlas. Schließlich gewann die Überlegung Oberhand, dass alle Bürger und vor allem die Grundeigentümer wissen sollten, wo es schützenswerte historische Stätten und Funde gibt. Nur so könne auch jeder dazu beitragen, dass sie erhalten bleiben. Das sollte gerade im Freistaat vor allem im Interesse der Grundbesitzer liegen, die zudem stets Bodenarbeiten in so einem Bereich von der Denkmalschutzbehörde genehmigen lassen müssen. Und es gibt einen weiteren Grund. Bayern hat keine besondere gesetzliche Regelung getroffen, was Bodenfunde angeht. Ein Fund gehört daher zur Hälfte dem Finder und zur anderen Hälfte dem Grundeigentümer, wenn sich ein rechtmäßiger Besitzer nicht mehr ermitteln lässt. "Es sind also vor allem auch die Grundeigentümer, denen da etwas genommen wird", stellt Ullrich fest.
Landrat Michael Busch (SPD) unterstützt die Sichtweise der Denkmalschützer. "Es ist wichtig, zu wissen, was in der Region an Denkmälern vorhanden ist. Nur so können wir Verantwortungsgefühl wecken", sagte er bei der Eröffnung der Ausstellung. Wer etwa jemanden beobachtet, der mit einer Metallsonde unterwegs ist, sollte aufmerksam sein. "Im Umfeld von bekannten Bodendenkmälern ist das Sondengehen verboten. Wir unterstellen, dass jemand der sucht, auch graben will", stellt Ullrich fest. Und das wäre strafbar. An anderen Stellen, sollte eine Genehmigung des Grundeigentümers Voraussetzung für eine Suche sein - denn, wenn etwas gefunden wird, gehört es ja zur Hälfte ihm.