Vor 25 Jahren kauften Harald und Theresia Zürl ihr Haus in der Gartenstraße. Seither sanieren sie es Zug um Zug - bis hin zu den originalgetreu wiederhergestellten Schabracken über den Rollläden.
Das Wort "Schabracke" hat zwei neutrale und eine böse Bedeutung. Mit "alte Schabracke" ist meist wenig schmeichelhaft eine Frau gemeint. Dabei bedeutet das aus dem Türkischen stammende Wort auch Satteldecke oder Übergardine.
In der Architektur kann damit auch eine Art Vorhang vor dem Rollladen gemeint sei, so wie bei dem Haus von Harald und Theresia Zürl in der Gartenstraße 3. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten hat das Haus nicht nur seine Sprossenfenster wieder bekommen, sondern auch die Schabracken vor den Rollläden. Dass die rekonstruiert werden konnten, verdanken Zürls dem Zufall, denn als sie das Haus 1990 kauften, waren die Schabracken eigentlich schon weg.
Im Müll entdeckt
Aber im "Müll" hinterm Haus fand Harald Zürl noch zwei dieser Blechblenden, die sogar noch Spuren der Bemalung trugen.
Auch auf alten Aufnahmen des 1896 errichteten Hauses waren die Schabracken vor den Fenstern noch zu sehen. Deshalb stand für das Ehepaar Zürl fest, dass sie wieder ergänzt werden sollten, wenn die Fenster und Rollos erneuert werden.
Mit Baumarktteilen nachgebaut
Harald Zürl, bis vor etwa einem Jahr Fachbereichsleiter bei der VHS Coburg, hatte sich die Dach- und Fassadensanierung für die Zeit aufgehoben, "wenn ich daheim bin". So konnte er die Handwerker koordinieren und selbst Hand anlegen - bei der Installation des Taubenschutzes zum Beispiel oder beim Bau des Vorgartenzauns. Der ist zum großen Teil Original; was fehlte, baute Zürl mit Baumarktteilen nach.
Bei den Schabracken war das nicht so einfach: Eine Münchner Firma hat noch die Pressformen für die Blechteile und fertigte sie passgenau an.
Die original Annawerks-Herzziegel fürs Dach fand Zürl bei einem spezialisierten Baustoffhändler. Der Steinmetz, der die Sandsteinteile erneuerte, überließ Zürls auch den Schmuck für den Vorgarten: Dort steht nun eine Ziersäule, die sich einst auf dem Giebel eines Hauses in der Bahnhofstraße befand und bei einem Gewitter herabgerissen wurde. Der Steinmetz hatte nach dem Vorbild der Trümmer eine neue Ziersäule gefertigt und die Teile der alten gelegentlich wieder zusammengefügt. Nun ist sie das passende Zierstück für den Vorgarten.
Hans-Heinrich Eidt, der Vorsitzende von Stadtbild Coburg, hätte seine Stadtbild-Plakette am liebsten gleich auf der Säule befestigt. Die Plakette dokumentiert nicht nur, dass das Haus vorbildlich und denkmalgerecht saniert wurde, sondern auch, dass Stadtbild das finanziell unterstützt hat.
Die Mittel dafür stammen aus einer Millionenspende der Geschwister Michael Stoschek und Christine Volkmann, beides Gesellschafter von Brose Fahrzeugteile.
Über 50 Haussanierungsprojekte, die aus dieser Spende mal höher, mal niedriger bezuschusst wurden, sind inzwischen abgeschlossen. Rund 100 weitere sind Eidt zufolge in Arbeit oder beantragt. Die Gemeinschaft Stadtbild verteilt nicht nur Geld, sondern hilft Hauseigentümern, die sanieren wollen, auch andere Zuschussquellen anzuzapfen.
25 Jahre an einem Haus sanieren - "mein Mann baut gern", sagt Theresia Zürl mit einem Lächeln. Das Ehepaar selbst wohnt hinterm Haus, wo sich noch ein großer Garten anschließt.
Zu den Mietern im Haus dürfen sich seit neuestem auch Fledermäuse gesellen: Im Dachgeschoss wurde ein Raum extra für sie abgetrennt und isoliert; Zürl baute nach Anleitung von Dagmar Papadopoulos drei Brutkästen und ließ Öffnungen in der Mauer. Als der das Ganze mit Fotos unterlegt dem bayerischen Umweltministerium mitteilte, erhielt er von dort eine Plakette, die die Gartenstraße 3 nun auch als Fledermausquartier ausweist.
Eiben, Buchs und heller Kies
Ein bisschen mehr Natur soll auch noch in den Garten vorm Haus, sagt Theresia Zürl: Eiben und Buchs wollen sie pflanzen, dazwischen bleibt der helle Kies. "Anfang des 20. Jahrhunderts sahen die Vorgärten so aus", sagt Theresia Zürl.