Der Stadtrat verabschiedet den Etat für 2016 und bekennt sich zum Sparen. Wo und wie, bleibt aber meist unklar.
Regina Eberwein wird diesen Satz vermutlich noch öfter sagen: "Wir brauchen Haushaltskonsolidierung und wirkungsorientierte Steuerung auf der Basis einer Strategie." Die Kämmerin der Stadt Coburg hielt am Donnerstag ihre erste Haushaltsrede und zeigte dabei auf, was die Stadt mit ihrem Geld so alles tut. Immerhin seien in den vergangenen acht Jahren 1,2 Milliarden Euro ausgegeben worden, allein 159 Millionen für Investitionen. Aber: In diesem Zeitraum sank die finanzielle Reserve der Stadt von 98 auf derzeit 59 Millionen Euro. Und sie sinkt weiter.
Deshalb soll ja nun konsolidiert werden: Bis zum Jahr 2020 will Eberwein wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, also einen, in dem die Einnahmen so hoch sind wie die Ausgaben oder sogar noch darüber liegen.
Die Einnahmenseite lässt sich für die nächsten Jahre einigermaßen abschätzen: Um die 140 Millionen Euro schwankt der Betrag, den die Kämmerei für die nächsten Jahre angesetzt hat. Die Ausgaben liegen in der Hochrechnung regelmäßig darüber: 7,8 Millionen Euro würde das Defizit 2017 betragen, wenn nicht gegengesteuert wird. In diesem Jahr sind es 2,4 Millionen Euro, die laut Plan noch nicht gedeckt sind.
"Ohne ausgeglichenen Haushalt wäre die Leistungsfähigkeit der Stadt Coburg gefährdet", betonte Eberwein. Ein Zustand, den nicht nur sie vermeiden will: Vertreter aller Fraktionen sprachen sich für einen Konsolidierungskurs aus. Doch wie das aussehen soll, blieb bei den meisten Rednern eher vage: "Wir haben einige heilige Kühe", sagte zum Beispiel Jürgen Oehm (CSU), ohne zu sagen, was er meint.
Kritik am Landestheater
Das kritisierte Jürgen Heeb (WPC), der gleichzeitig deutlich wurde: "Ich hätte beim Landestheater erwartet, dass da ein kleineres Defizit steht als in den Vorjahren." 6,7 Millionen Euro wird die Stadt dem Theaterbetrieb 2016 zuschießen, rund 122 000 Euro mehr als letztes Jahr. Vom Freistaat kommen 5,5 Millionen Euro. Der neue kaufmännische Direktor des Landestheaters, Fritz Frömming, konnte gestern bei seinem ersten öffentlichen Auftritt im Stadtrat ein wenig besänftigen: Er habe sich erst seit 1. Februar in den Haushalt einarbeiten können, habe aber vor, sich monatlich mit der Kämmerei zu treffen, um für das Landestheater Konsolidierungspotenziale zu finden.
Allerdings machen in dem Etat in Höhe von 14,6 Millionen Euro die Personalkosten mit 12,7 Millionen Euro rund 86 Prozent aus, wie er zu bedenken gab.
Ein Bekenntnis zum Landestheater lieferte Bettina Lesch-Lasaridis (SPD): "Das Landestheater gehört zu Coburg wie die Veste, der Marktplatz und die Coburger Bratwurst." Lesch-Lasaridis formulierte einige der strategischen Ziele, von denen Eberwein gesprochen hatte: Bildungschancen für alle, bezahlbaren Wohnraum, Unterstützung für Familien, Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft. Im Haushalt spiegelt sich das wider in den Sanierungen der Schulen, dem Förderprogramm für Wohnraum in der Innenstadt und der Entwicklung des früheren Güterbahnhofsgeländes, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende.
Sparen könne die Stadt, indem sie sich von Aufgaben verabschiede, "die nicht mehr notwendig sind".
Für nicht notwendig, zumindest im investiven Bereich, halten die Grünen nach wie vor den Verkehrslandeplatz und die Bahnunterführung in Creidlitz. Gerhard Amend (CSB) sprach davon, dass "wir definieren müssen, welche Aufgaben wir wahrnehmen, damit in der Region nicht eintritt, dass der Mangel an Fachkräften die Wirtschaft in ihrer Leistungsfähigkeit bremst."
Friedrich Herdan (CSU) verlangte mehr Freiheiten für die Leiter städtischer Betriebe. Karin Schlecht, Chefin des Kongresshauses, solle einen Businessplan erarbeiten, forderte er. Der Stadt selbst fehle nach wie vor ein Personalentwicklungsplan.
Stimmen aus der Haushaltsdebatte
Hüten wir uns davor, den Haushalt schlecht zu reden.
Noch immer können wir uns Sachen leisten, von denen andere nur träumen. Die fetten Jahre sind vorbei. Aber es besteht kein Anlass, ohne Sinn und Verstand unseren Haushalt zusammenzustreichen. Sparen führt nicht zu Wachstum."
Bettina Lesch-Lasaridis, SPD
"Dieser Haushalt ist auf Kante genäht. Wenn die Gewerbesteuerprognose sinkt, haben wir ein Problem. Wir brauchen eine Konsolidierung ohne Wenn und Aber. Wir laufen sonst in eine Schuldenfalle rein."
Jürgen Oehm, CSU
"Der Haushalt sieht nun langsam so aus, wie wir ihn seit Jahren gefordert haben. Für uns gibt es die heilige Kuh Verkehrslandeplatz nicht."
Martina Benzel-Weyh, Grüne
"Während andere Städte bei Schulbauten bis zu 80 Prozent Zuschüsse erhalten, fallen sie bei uns sehr spärlich aus, mit zehn bis 15 Prozent.
Vier Jahre gab es sogar eine Nullförderung."
Gerhard Amend,CSB
"Richtig zu sparen müssen wir alle noch lernen."
Mathias Langbein, SBC
"Stures Festhalten am Überkommenen können wir uns nicht leisten. Wir brauchen Veränderungen. Ein ausgeglichener Haushalt bis 2020 ist die Prüfung für die Stadtspitze, und diesen Kampf möchte ich gewinnen."
OB Norbert Tessmer, SPD
Zahlen
Steuern In diesem Jahr werden Gewerbesteuern in Höhe von 46,6 Millionen Euro erwartet. Dieser Betrag ist niedriger als 2015, obwohl die Stadt für 2016 den Hebesatz von 300 auf 310 Prozent erhöht hat. Grund ist, dass die Gewerbesteuerzahlungen teilweise mit Rückzahlungen verrechnet werden. 2017 werden 54,8 Millionen Euro erwartet. Die Einkommenssteuereinnamen dürften 2016 bei 21,3 Millionen Euro liegen.
Sondertatbestand 2012 verbuchte die Stadt ungewöhnlich hohe Gewerbesteuereinnahmen. Es war damals aber schon absehbar, dass ein Teil davon zurückgezahlt werden muss. Die Stadt bildete Reserven, die nun aufgelöst werden: 20,8 Millionen Euro.
Ausgaben Für die eigene Verwaltung braucht die Stadt rund 71,6 Millionen Euro. Rund 62 Millionen Euro machen die sogenannten Transferaufwendungen aus. Dazu gehören Bezirks-, Gewerbesteuer- und Krankenhausumlage, Sozialhilfe sowie Zuschüsse fürs Landestheater und Kitas.
Wenn da so wenig Potential zur Einsparung besteht und dieses wohl eine der unschlachtbaren heiligen Kühe ist, dann wird es Zeit, auch einmal über Alternativen nachzudenken.
Wie wäre es denn, wenn Firmen eine Art Sponsoring über einzelne Stücke übernehmen könnten? Das Bühnenbild so finanziert wird, vielleicht auch mal ein Akteur von dort bezahlt wird?
Im Gegenzug bekommt das Unternehmen auch Freikarten, die es wiederum verteilen kann. Oder ein namentliches Sponsoring. Oder oder oder.... Nicht gleich aufschreien, wenn Kultur vor Ort gewünscht wird, diese aber immer schwieriger zu bezahlen ist, sollte das Denke ergebnisoffen sein.
Wie wäre ein Neubau auf der grünen Wiese? In Verbindung/Kombination mit einer Festspielhalle? Das bisherige Gebäude wird dann veräußert oder umgenutzt. Wo steht geschrieben, dass das LT UNBEDINGT an Schlossplatz sein muss? Wenn doch sowieso gefordert wird, die ach so schlimme Parksituation mit weiteren Millionen unterirdisch zu korrigieren?