Ein Gutachter stellt bei dem mutmaßlichen Vergewaltiger aus Coburg eine "multiple Störung der Sexualpräferenz" fest. Er empfiehlt die Unterbringung in einer Psychiatrie.
Fast eine Stunde lang spricht Cornelis Stadtland im Sitzungssaal H des Landgerichts Coburg. Am Ende steht aus Sicht des psychiatrischen Gutachters aus München fest: Der 25-jährige Coburger, der in der Nacht zum 8. Februar in Coburg eine Austauschstudentin vergewaltigt haben soll, stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, wenn er nicht therapiert wird. "Die Taten hätte auch schlimmer ausgehen können. Der Angeklagte muss dringend behandelt werden." Deshalb sei eine Unterbringung in einer Psychiatrie aus seiner Sicht ratsam.
Der mutmaßliche Sexualstraftäter habe in der Zeit vor seiner Inhaftierung "eine Reihe verschiedener sexueller Auffälligkeiten" gezeigt. Sein Sexualtrieb sei zudem im Allgemeinen extrem ausgeprägt. "Er muss sich nach seinen eigenen Angaben fünf bis sechs Mal am Tag selbst befriedigen."
Weiter führte Cornelis Stadtland aus, dass der Angeklagte etwa seit seinem 20. Lebensjahr alkoholabhängig sei. Allerdings sei diese Abhängigkeit "nicht die primäre Störung".
Beratung in der Pause Zu Beginn des zweiten Prozesstages hatte Richter Gerhard Amend zunächst Verteidiger Thomas Drehsen darum gebeten, noch einmal mit seinem Mandanten zu sprechen. Er nehme es dem Mann nicht ab, dass dieser sich - wie zum Prozessauftakt am Montag behauptet - nicht an die Vergewaltigung erinnern könne. "Aufgrund seiner Alkoholisierung zur Tatzeit und seiner Trinkfestigkeit dürfte es keine Erinnerungslücken geben. Das wird jeder Psychiater bestätigen. Er sollte sich mehr öffnen. Ich denke, dass es hier eine Menge Probleme gibt", sagte der Richter.
Nach kurzer Beratung in der Pause gab der Angeklagte an, dass er unter Ausschluss der Öffentlichkeit nochmal zu der Tat und seinen sexuellen Neigungen Angaben machen wolle. Hier gab er dann zwar mehr Details zur Vergewaltigung zu. Allerdings will er bei der 22-Jährigen keine Verletzungen bemerkt haben und nicht mit seinem Genital, sondern mit einem Finger in sie eingedrungen sein. "Ob das die Wahrheit ist und die Verletzungen so entstehen können, muss das Gericht entscheiden", kommentierte Stadtland.
Zudem wurde an diesem Verhandlungstag die Ex-Freundin des Angeklagten befragt. Sie sagte, dass der 25-Jährige ihr gegenüber nie aggressiv gewesen sei. Man habe - auch sexuell, - eine normale Beziehung geführt. "Wenn ich bestimmte Dinge nicht wollte, hat er das akzeptiert." Er habe sich aber Sex-Videos angeschaut, in denen Frauen gefesselt werden. Sie selbst und einige Freundinnen hätten zudem "widerliche" tierpornografische Fotos von ihm auf das Handy geschickt bekommen. "Ich habe ihm gesagt, dass ich das ekelhaft finde. Er meinte, er findet das geil."
Aggressiv sei er lediglich geworden, wenn er unterwegs war und viel getrunken hatte. Die Zeugin vermutet, dass es dem Ex-Freund, der bereits 16 Monate wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis verbracht hat, "einen Kick gibt, wenn andere Schmerzen haben".
Sie habe mit dem 25-Jährigen, der am Mittwoch bei nahezu allen Zeugenaussagen gleichmütig in eine Richtung starrte, drei Tage nach der Vergewaltigung auch über dieses Thema gesprochen. "Er sagte zu mir: ‚Krass, was in Coburg abgeht‘. Ansehen konnte er mich dabei aber nicht."
Bei der Vernehmung gelacht und gegähnt Ein Coburger Kriminalhauptkommissar sagte aus, dass der Angeklagte bei seiner Vernehmung anfangs auch immer wieder gelacht und gegähnt habe. Erst, als man einen roten Fleck auf seiner Hose entdeckte und man die Spur sichern wollte, sei der 25-Jährige in Tränen ausgebrochen. "Er sagte: Ich war's." Der Verdächtige hätte dann auch ihm gegenüber erklärt, dass er keine Erinnerungen an die Tat habe. "Ich hatte jedoch den Eindruck, dass er sich nicht daran erinnern will", so der Polizist.
Dem Coburger wird vorgeworfen, eine Austauschstudentin in einem Hauseingang in der Coburger Innenstadt brutal vergewaltigt zu haben. Die 22-Jährige wurde dabei massiv verletzt und musste fünf Tage im Krankenhaus behandelt werden. Zudem soll er unmittelbar vor der Tat und im Oktober 2013 sein Genital gegenüber mehreren Frauen und zwei Mädchen entblößt haben.
Der Prozess wird am Freitag, 24. Oktober, fortgesetzt. Dann werden die Plädoyers gehalten und das Urteil gesprochen.