Getrennte Eltern - wie fühlt sich das Kind?
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Donnerstag, 25. Januar 2018
Die Erziehungs- und Familienberatung der Diakonie bietet Unterstützung an, wenn Eltern sich trennen. Ein neues Kursangebot hat die ganze Familie im Blick.
Das rote Seil liegt ganz oben im Koffer. Auf den ersten Blick gleicht der restliche Inhalt einem Zauberkasten. Doch zaubern können Erna Rank-Kern und Dieter Schilling nicht. Die beiden Sozialpädagogen der Erziehungs- und Familienberatung der Diakonie in Coburg beherrschen aber verschiedene Methoden, um selbst hochstrittige Paaren einander wieder näher zu bringen. Das rote Seil gehört dazu. "Es spiegelt die Beziehung. Je nachdem wie das Seil gehalten wird, wer dran zieht und wer es am liebsten gleich wieder loslassen möchte, gibt Aufschlüsse, wie ein Paar sich fühlt und welche Rolle der einzelne dabei spielt", sagt Erna Rank-Kern.
Die Beratung von Paaren, die sich trennen wollen oder in Scheidung leben, gehört zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit. Manchmal kommen Paare aus eigenem Antrieb, manchmal ordnet auch das Familiengericht eine Beratung an. Jugendämter empfehlen häufig einvernehmliche Lösungen bei der Trennung und schicken die Betroffenen dann ebenfalls zur Beratungsstelle.
Von Rechtswegen hat jeder Deutsche Anspruch auf eine kostenlose Beratung in diesen Fragen. Die Beratungsstellen werden über die Träger, Kommunen und Länder finanziert und müssen vorgehalten werden.
"Die Gespräche sind oft konfliktträchtig und Problem beladen. Deshalb betreuen wir hochstrittige Paare durchaus zu zweit", sagt Dieter Schilling. Die Kinder, die bei den Gesprächen nicht dabei sind, spielen eine große Rolle. Denn die Eltern müssten sich immer bewusst sein, dass ihr Verhalten Auswirkungen aufs Kinderleben habe. Erna Rank-Kern zeigt auf einen Spruch an der Wand ihres Büros. "Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen", steht da geschrieben und das Zitat beschreibe sehr gut, um was es geht.
Auch bei dem neuen Kurs, den die Beratungsstelle anbietet, und der sich an Eltern richtet, die getrennt leben oder geschieden sind, wird die Situation der Kinder in den Blick genommen. Es sei wichtig für die Mütter und Väter die Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und wieder ein Gespür dafür zu kommen, was für die Kinder wichtig ist. "Wenn Eltern sich trennen, ist das eine sehr stressige Situation für die Kinder, die auch Auswirkungen auf die weitere Entwicklung hat", sagt Erna Rank-Kern. Doch wo eine wohlwollende Bereitschaft da sei und das Recht der Kinder auf eine Bindung zum anderen Elternteil respektiert werde, gelingen Regelungen im Hinblick auf Sorge- und Umgangsrecht ganz gut, weiß Dieter Schilling aus Erfahrung. "Es darf nicht von der Lust und Laune abhängen", unterstreicht die Sozialpädagogin an dieser Stelle.
Nicht immer muss die Trennung der Eltern eine schlechtere Alternative für die Kinder sein. "Kinder sind kein Beziehungskleister", sagt Dieter Schilling. Nur der Kinder wegen an einer Ehe festzuhalten, wirke sich auch auf die Kinder und ihr späteres Bindungsverhalten aus. "Ich hatte jahrelang Schuldgefühle und habe versucht, es immer allen recht zu machen", zitiert Erna Rank-Kern eine Klientin aus einer Beratung.
Bei dem Kurs "Wenn Eltern sich trennen" geht es jedoch nicht nur um die Kinder. Wie erlebe ich die Phasen der Trennung? Bin ich traurig, wütend, verzweifelt? Wie kann ich mich neu orientieren? Welche neue Rolle muss ich erfüllen? - Fragen, die die Teilnehmer stellen dürfen oder die Grundlage für einen Austausch oder eine Diskussion sind. "Der Kurs soll ganz offen sein. Wir haben Grundthemen, möchten jedoch die sechs Abende, die wir anbieten, nicht jetzt schon unter ein festes Motto stellen", sagen die Organisatoren. Die Inhalte sollen zu den Kursbesuchern passen. "Wir möchten den Dialog fördern und wünschen uns, dass die Betroffenen miteinander ins Gespräch kommen", formuliert Erna Rank-Kern. Getrennt Lebende seien Experten in eigener Sache. Anders als bei einer Beratung gebe es keine Hierarchie, sondern die Kommunikation verlaufe auf Augenhöhe und das Verhalten könne direkt gespiegelt werden.
Gegenseitige Wertschätzung, Respekt und die Bereitschaft über seine Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, seien Voraussetzungen, die zum Gelingen einer guten Beziehung beitragen. Mit Zauberei jedenfalls hat das nichts zu tun.