Der Coburger SPD-Kandidat heißt Norbert. Daran hat sich nichts geändert. Mit Norbert Tessmer setzt die Partei auf ihren anerkannten Sozialpolitiker.
Gleich zweimal standen die Genossen und Kandidaten bei der Vorstandssitzung des SPD-Stadtverbands am Montagabend auf, um stehend zu applaudieren. Beim ersten Mal galt der Beifall dem "großen Norbert": Norbert Kastner, seit 1. Mai 1990 Oberbürgermeister der Stadt Coburg, wird nicht für eine fünfte Amtszeit kandidieren. Das hatte er am Montagabend erst Journalisten und dann den SPD-Mitgliedern verkündet. "Es war zunächst sehr still", berichtet Stefan Leistner, der Vorsitzende des Stadtverbands. Der Beifall habe dann Dank für Kastners Leistung und Respekt für seine Entscheidung ausgedrückt.
Ab dann blickte die SPD nach vorn: Am Ende stand ein einstimmiger Beschluss, Norbert Tessmer als Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters vorzuschlagen. "Norbert Kastner hat das unterstützt", berichtet Leistner. Anfang Januar will die SPD ihren Oberbürgermeisterkandidaten nominieren.
Die Stadtratsliste soll am Samstag aufgestellt werden - mit Norbert Tessmer auf Platz 1.
Für Tessmer spreche, "dass er es kann", sagt Leistner und klingt dabei zutiefst überzeugt. "Wir sind in der glücklichen Lage, einen zweiten Mann zu haben, von dem wir überzeugt sind, dass er das auch leisten kann. Dass er viele Jahre Erfahrung hat, heißt nicht, dass es keine Erneuerung ist." Tessmer ist in diesem Jahr 60 geworden, Kastner steht knapp vier Wochen vor seinem 54. Geburtstag.
Doch die Altersfrage stellt sich auch für Tessmer nicht: "Schaffenskraft, Elan und Begeisterung sind keine Frage des Alters, sondern der Einstellung", sagt er. "Die Bundeskanzlerin ist genauso alt wie ich, Seehofer und Michelbach noch älter." Er sei einer der ersten gewesen, der erfahren habe, dass Kastner nicht mehr antreten will, erzählt der Zweite Bürgermeister. Mit dieser Situation habe er sich erst einmal zurechtfinden müssen.
Bislang sei er auch nur vorgeschlagen und noch nicht nominiert.
Trotzdem hat er schon klare Vorstellungen, wie er sich das Arbeitsgebiet des Oberbürgermeisters erschließen will, sollte er gewählt werden. Bildung, Soziales, Wirtschaft müsse in Balance gebracht werden, sagt er.
Soziales als Standortfaktor Einen Anknüpfungspunkt liefert ihm das Bündnis "Coburg, die Familienstadt": Dort würden die Personalchefs immer wieder betonen, wie wichtig die sozialen Standortfaktoren seien im Wettbewerb um die Fachkräfte. Findet der Partner in der Region einen Job? Gibt es Betreuungsmöglichkeiten - nicht nur für Kinder, auch für möglicherweise pflegebedürftige Eltern? Auf diesem Gebiet hat der Sozial-, Kultur- und Bildungsbürgermeister Tessmer einiges bewerkstelligt in den vergangenen Jahren.
Über die Themen Arbeit und Bildung hielt er
auch Kontakt zu Michael Stoschek, dem Vorsitzenden der Brose-Gesellschafter-Versammlung. Dessen Verhältnis zu Kastner gilt seit langem als zerrüttet, und viele Coburger lasten es diesem schlechten Verhältnis an, dass Brose Arbeitsplätze nach Bamberg verlagern will. Tessmer durfte die Millionen-Soforthilfe verteilen, die Stoschek und seine Schwester Christine Volkmann nach dem verheerenden Brand in der Herrngasse 2012 zur Verfügung stellten.
"Man muss sich in einem beruflichen Leben immer nach vorn entwickeln und nicht zurück. Es gibt doch nichts Spannenderes, als neue Herausforderungen zu suchen", sagt Tessmer. Sein Lebensweg spiegelt das: Floristenlehre, dann BGS-Beamter, Aufstieg bis zum Hundertschaftsführer. Stadtrat seit 1984, Vorsitzender der SPD-Fraktion und ab 1996 Dritter Bürgermeister, ab 2002 hauptamtlich. Außerdem habe er auch für die Zukunft der SPD mit vorgesorgt, sagt er: "Jugend nachzuziehen ist eine ständige Aufgabe. Der habe ich mich in den letzten Jahren auch immer gewidmet, auch, wenn ich nicht dafür zuständig war."