Frist gesetzt bis zum Jahresende

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An der Westseite des Hauses ist nicht viel Platz, außerdem ist's Wiese: Kein geeigneter Untergrund, sollte die Feuerwehr mit Drehleiter anrücken müssen, um Personen zu retten. Deshalb dürfen die Räume im zweiten Obergeschoss auf dieser Seite und im Dachgeschoss nicht mehr genutzt werden, sagt André Hofmann vom Verein Cross-Art. Foto: Simone Bastian
An der Westseite des Hauses ist nicht viel Platz, außerdem ist's Wiese: Kein geeigneter Untergrund, sollte die Feuerwehr mit Drehleiter anrücken müssen, um Personen zu retten. Deshalb dürfen die Räume im zweiten Obergeschoss auf dieser Seite und im Dachgeschoss nicht mehr genutzt werden, sagt André Hofmann vom Verein Cross-Art. Foto: Simone Bastian
Fast schon idyllisch: Baum vorm Haus. Foto: Simone Bastian
Fast schon idyllisch: Baum vorm Haus. Foto: Simone Bastian
 
Ein möglicher Veranstaltungsraum. Foto: Simone Bastian
Ein möglicher Veranstaltungsraum. Foto: Simone Bastian
 
Bleiben verschlossen: Die Türen zu den Proberäumen im Dachgeschoss. Foto: Simone Bastian
Bleiben verschlossen: Die Türen zu den Proberäumen im Dachgeschoss. Foto: Simone Bastian
 

Es begann als Band-Projekt, inzwischen ist es eine Art Gründerzentrum. Nun ist der Weiterbetrieb des Probenhauses im ehemaligen BGS-Gelände in Gefahr.

Kommt der Gesundheitscampus? Und wenn ja, wann? Für den Verein Cross-Art sind das inzwischen Existenzfragen. Denn der Verein ist derzeit der einzige Mieter, der ein Gebäude in der früheren Coburger Bundesgrenzschutzanlage nutzen darf. Das übrige Gelände ist mit Bauzäunen abgeriegelt.

Das Gebäude, das früher von einer Einheit der US-Army genutzt wurde, dient schon lange als Quartier für Bands. Schon bald nach dem Abzug des Bundesgrenzschutz (BGS) 1999 aus Coburg quartierten sich Bands und Musikprojekte hier ein, im Provisorium mit Dixie-Klos vor der Tür. Der damalige Kultur- und Sozialreferent Norbert Tessmer, heute Oberbürgermeister (SPD), setzte sich dafür ein, dass das Gebäude weiter genutzt werden konnte. Schließlich hatte hier die Coburger Bandszene einen festen Anlaufpunkt. Am Ende nahm die Stadt 200000 Euro in die Hand, um das Gebäude soweit zu ertüchtigen, dass es fließend Wasser darin gab und die Mobiltoiletten abtransportiert werden konnten. Eine Heizanlage wurde dagegen nicht eingebaut. Denn das Gelände gehört nach wie vor der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima).

Stadt unterstützt

Mieter ist der Verein Cross-Art, der die Probenräume untervermietet. Längst ist das Haus so etwas wie ein Kreativzentrum für Musiker geworden; die Stadt unterstützt es jährlich mit einem Betriebskostenzuschuss, sagt André Hofmann, der Sprecher des Vereins. Nun droht dem Betrieb in dem Haus ein Ende: Die Stadt will zunächst nur die befristete Weiternutzung bis 31. Dezember 2019 gestatten, und das auch nur, wenn spätestens bis Ende April eine Reihe von Maßnahmen ergriffen wurde. Es geht um den Feuerschutz.

"Daran haben wir selbst mit schuld", seufzt Hofmann. Denn die Vereinsführung fragte bei der Stadt nach, ob ein größerer Raum im Erdgeschoss künftig für Veranstaltungen genutzt werden könne. Daraufhin fanden am 18. Februar eine Feuerbeschau und am 28. März ein weiterer Ortstermin statt. Am 13. April ging beim Verein Cross-Art ein fünfseitiges Schreiben der Stadt ein. Und seitdem fragen sich die Mitglieder des Cross-Art-Vorstands, ob die Musiker und Bands das Gebäude über den 31. Dezember hinaus noch nutzen dürfen.

Was ist gefordert?

Schon jetzt behält es sich die Stadt vor, die Weiternutzung sofort zu untersagen, wenn einige Bedingungen nicht bis spätestens Ende April erfüllt werden. So dürfen die Räume im Dachgeschoss und an der Südwestseite des zweiten Obergeschosses nicht länger genutzt werden. Denn da kann die Feuerwehr die Personenrettung nicht gewährleisten, weil es westlich des Gebäudes keine ausreichende Fläche gibt, um ein Drehleiterfahrzeug aufzustellen.

Flure freihalten, Rauchmelder installieren, Rettungsweg-Kennzeichnungen anbringen, Rauchverbot aussprechen - die Liste der Bedingungen, die mehr oder weniger sofort erfüllt werden müssen, scheint erfüllbar. Doch auch dann ist die Stadt nur bereit, die Nutzung bis 31. Dezember zu erlauben.

Und dann? Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU), die den Bescheid zusammen mit Rechtsamtsleiter Willi Kuballa unterzeichnet hat, will sich nicht festlegen. "Der Verein muss die anderen Dinge erfüllen, die auf den vorderen Seiten stehen." Aber da stehen in erster Linie Feststellungen, wie zum Beispiel, dass im Dachgeschoss der Rauch nicht abziehen kann. Brandschutzpläne erstellen, in den 66 Meter langen Fluren Brandschutztüren einbauen - das sind noch die konkreten Forderungen, die sich daraus erlesen lassen. "Bis 31. Dezember müssen sie ein Ausweichquartier suchen oder überlegen, was sie tun, um die langfristige Nutzung zu ermöglichen", sagt Weber, die auch darauf hinweist, dass ja ein Klinikums-Neubau auf dem BGS-Gelände erwogen werde ("Gesundheitscampus"). Nur wann der kommt, ist unklar. Derzeit sieht es so aus, als würde es noch mindestens acht Jahre dauern. Gleichzeitig betont Weber: "Ich glaube nicht, dass hier jemand etwas kaputt machen will."

Lohnt es sich noch?

Die ersten politischen Unterstützer aus dem Stadtrat haben sich schon umgesehen: René Hähnlein (Linke), Maximilian Forkel (Junge Coburger), Jürgen Heeb, Peter Kammerscheid (Pro Coburg). Der Verein selbst hat bei der VR-Bank eine Crowdfunding-Kampagneaufgelegt, um Brandschutzmaßnahmen finanzieren zu können: Erst mal sollen bescheidene 5000 Euro gesammelt werden.

"Für 30000 Euro könnte man was machen, dass die Feuerwehr auf die Westseite fahren kann, für 12000 Euro könnte man Brandschutztüren in den Fluren einbauen", sagt Alexander Bantzhaff, ebenfalls Mitglied im Cross-Art-Vorstand. "Wir sträuben uns in keiner Weise gegen Brandschutz", betonen Bantzhaff und Hofmann. Aber eine Investition über 40000 Euro lohne sich nur, wenn eine längerfristige Nutzung gewährleistet sei. Hinzu kommt das Raumproblem der Bands und Musiker, die bislang das Dachgeschoss und das westliche zweite Obergeschoss nutzten. Dort sind immerhin 17 Räume vermietet, die schon jetzt tabu sind.

"Insgesamt sind von der drohenden Schließung 250 Leute betroffen", sagt Bantzhaff. Das Gebäude sei voll belegt, die Nachfrage groß. "Wir könnten das Haus nebenan noch auslasten." Für einige Mieter gehe es inzwischen auch um die berufliche Existenz, sagt André Hofmann und nennt sich selbst als Beispiel: Er hat einen größeren Raum gemietet, unterteilt und ein professionelles Tonstudio eingerichtet. "Ich würde das hier nicht machen, wenn es das Haus nicht gäbe", erläutert er. Seit 2002 gehört er zu den Nutzern, erst mit Band, nun als Studiobetreiber. "Die Bands können sich hier aufs Musikmachen konzentrieren." Zum anderen sei ein Netzwerk entstanden, "in dem man sich auch mal weiterhilft". Einige der Bands seien inzwischen schon fast professionell unterwegs; er selbst findet hier auch seine Kunden fürs Tonstudio.

Eine Alternative zum BGS-Gebäude gebe es bislang nicht, sagt Hofmann.