Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe dem Stadtrat Informationen vorenthalten. Die strittige Feriensenatssitzung vom August hat jedoch ein Nachspiel.
In einer umfangreichen Anfrage zur Stadtratssitzung hatten die Grünen indirekt den Vorwurf erhoben, Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) habe den Stadtrat nicht darüber informiert, dass das Planfeststellungsverfahren für den neuen Verkehrslandeplatz auf der Kippe stehe. Tessmer rechtfertigte das damit, dass es sich bei den Abstimmungsgesprächen mit dem Luftamt um reine Verwaltungsvorgänge handele. Darauf, dass die Deutsche Flugsicherung (DFS) den geplanten Platz negativ beurteile, habe ihn ein Ministerialdirigent des Bundesverkehrsministeriums am Rande eines Gesprächs über den Coburger ICE-Anschluss aufmerksam gemacht. Daraufhin habe er, Tessmer, sich direkt an die DFS gewandt, aber keine Antwort erhalten. Auf "Zweifel an der Eignung" des Geländes habe er sich nicht verlassen wollen. "Zweifel sind etwas unbestimmtes."
Deshalb holte sich Tessmer am 29.
Juli bei Bayerns Innenminister Joachim Herrmann Rückendeckung und berief kurzfristig den Feriensenat ein. Der beschloss - in nichtöffentlicher Sitzung - drei Dinge: Zwei Änderungen des Gesellschaftervertrags (der Satzung) der Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz Coburg (PGVC) sowie mehr städtisches Geld für den Flugplatzneubau.
Diese Beschlüsse werden aber nicht aufrechterhalten: In Kürze soll der Stadtrat in öffentlicher Sitzung und fristgerecht geladen erneut darüber abstimmen. Zum einen geht es darum, dass der Landkreis Coburg aus der PGVC entlassen wird (aufgrund des Bürgerentscheids), zum anderen darum, dass alle übrigen Gesellschafter erst 2025 aus der PGVC ausscheiden können. Bis dahin aber soll ein neuer Flugplatz gebaut sein.
Eine solche Satzung würde auch ein Bürgerbegehren ins Leere laufen lassen, das fordert, dass die Stadt aus der Projektgesellschaft aussteigt.
Den Flugplatzneubau hält Tessmer für unbedingt notwendig, weil die Brandensteinsebene nicht zu ertüchtigen sei. Es gehe um den Wirtschaftsstandort, um den Erhalt von Arbeitsplätzen, um die berufliche Zukunft junger Menschen in der Region, argumentierte er. Er habe es als Angehöriger des Bundesgrenzschutzes selbst erlebt, was es heiße, wenn er Arbeitsplatz am Ort plötzlich weg sei. Das wolle er verhindern.
Die Flugplatzgegner ÖDP und Grüne waren im Feriensenat nach meiner Rechnung vom Stimmenverhältnis her wesentlich besser gestellt als im Stadtrat. Man sollte nicht davon ausgehen, dass sich irgendwas am Beschluss ändern wird.
Immerhin scheint bei den SPD-Stadträten ein Nachdenken eingesetzt zu haben. - Wurden die Stadträte hinters Licht geführt, wurden ihnen Informationen vorenthalten über all die Probleme, Fehler und Mängel, die der Planfeststellungsantrag, eine Totgeburt, beeinhaltet? Egal, wie ein Stadtratsbeschluss ausfällt, egal ob das mit den Sicherheitsrisiken am Standort Neida noch irgendwie hingedreht wird, das Vorhaben ist aus so vielen anderen Gründen nicht planfeststellungsfähig.
Zwei mal drei macht vier,
widewidewitt und drei macht neune,
ich mach mir die Welt,
widewide wie sie mir gefällt.
Wenn es beim nächsten Mal nicht passt, wird dann wieder verworfen und passend abgestimmt?
"Darauf, dass die Deutsche Flugsicherung (DFS) den geplanten Platz negativ beurteile, habe ihn ein Ministerialdirigent des Bundesverkehrsministeriums am Rande eines Gesprächs über den Coburger ICE-Anschluss aufmerksam gemacht." - Die Projektgesellschaft, deren Geschäftsführer Herr Kuballa ist, wurde vom Luftamt mehrmals auf diese Fakten hingewiesen. Herr Kuballa ist hauptberuflich oberster Mitarbeiter des OB, so dass man davon ausgehen muss, dass beide sich öfters sehen und miteinander reden. Hat Herr Kuballa die Informationen, die er vom Luftamt bekam, nicht an OB Tessmer weiter gegeben?
Was macht Herr Kuballa wirklich haupt- und was nebenberuflich, frage ich mich.