Zwei syrische Jugendliche haben bei Familie Eckl in Ahorn ein neues Zuhause. Die erste gemeinsame Woche war schwierig und spannend, aber viel leichter als gedacht. Bloß den Sauerbraten, den konnten die beiden nicht essen.
Sie hätten es sich so schön machen können. Die großen Kinder sind aus dem Haus - weniger Wäsche, weniger Einkauf, mehr Zeit für die eigenen Interessen. Nur noch Sohn Heinrich, der 14-Jährige, muss durch die Pubertät. Das kriegen sie auch noch hin. Aber Birgit und Martin Eckl dachten anders.
Die Flüchtlingsreportagen in den Nachrichten und Zeitungen ließen Birgit nicht mehr schlafen. Und dann las sie den Aufruf des Jugendamtes, dass Pflegefamilien für unbegleitete Jugendliche gesucht werden. Das ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Im Urlaub diskutierte sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn das Pro und Contra.
Alle mit im Boot
Auch die 29-jährige Tochter und der 20-jährige Sohn wurden eingebunden. "Es geht uns alle an", sagt Mutter Birgit. Die Meinung des Jüngsten war ganz besonders wichtig, schließlich muss er daheim alles mit tragen. "Heinrich war es zunächst egal. Er lebt gerade in seiner Welt", erzählt Birgit und erinnert sich dabei, wie er sich dann doch beim ersten Besuchstag von Djadi und Memnun* eingebracht und interessiert hat.
Birgit und Martin Eckl entschieden sich relativ schnell: Djadi und Memnun sollten neue Mitglieder ihrer Familie werden. Warum gleich zwei? Djadi, 16 Jahre, kommt genau wie Memnun, zwölf Jahre, aus der Nähe von Aleppo, und Djadi hatte dessen Familie versprochen auf Memnun aufzupassen. Das sollte bei der Vermittlung der Jugendlichen natürlich berücksichtigt werden. Immerhin haben die beiden eine monatelange Flucht hinter sich: Mit dem Boot nach Izmir, von dort nach Griechenland, Slowenien, schließlich Österreich, München und Coburg.
Plötzlich ging alles ganz schnell
Im Hause Eckl gibt es ein Zimmer für beide - sogar mit eigenem Bad. Polizeiliches Führungszeugnis, Gesundheitsbestätigung, ein Infogespräch und die Darlegung der Beweggründe waren wichtige Voraussetzungen für die Pflegeeltern. Dann folgten zwei Besuche. Nur wenige Tage später rief das Jugendamt an und fragte: "Wann können Sie kommen und die Jungs holen? Die beiden sind total begeistert."
Das ging selbst Birgit zu schnell. Zwei Tage brauchte sie noch, um Zuhause alles vorzubereiten. Dann stand sie mit Heinrich in Rödental vor der Tür der Unterbringung. "Es herrschte Tohuwabohu: Neue Kinder wurden gebracht, einige sollten abgeholt werden, andere verlegt. Betten mussten bezogen, Essen gemacht werden. Es gab viel zu wenig Helfer für viel zu viele Jugendliche", sagt Birgit, die irgendwann mit ihren drei Jungs leicht verstört im Auto saß und Richtung Ahorn steuerte. Wenigstens zwei Krankenscheine wurden ihr ausgestellt, damit sie im Notfall mit ihnen zum Arzt gehen kann.
Essen ist kein einfaches Thema
Daheim angekommen, hatten die beiden erst mal richtig Hunger. Birgit hatte ein syrisches Festtagsgericht gekocht. "Das hab ich vorher noch nie gemacht. Es war total lecker", erzählt sie und öffnet ihren Kühlschrank. "Hier sieht es seit einer Woche ein bisschen aus wie auf einem türkischen Basar", sagt sie und lacht. Es sei schließlich noch Eingewöhnungsphase. "Versuch und Irrtum" beschreibt sie die ersten Tage am Esstisch. "Bis ich wusste, was die beiden mögen, verging eine Weile. Ungetoastetes Weißbrot, Hart- und Schafskäse, kein Schweinefleisch - klar - dafür lieber Huhn lautet die Bilanz nach einer Woche. Noch was: Nutella zum Frühstück und nie mehr Sauerbraten. "Das fanden die beiden nämlich ziemlich eklig. Obwohl es doch ,Cow‘ war," sagt Birgit und lacht dabei.
Deutschland tickt anders
Birgit ist Krankenschwester und arbeitet in Teilzeit. Am kommenden Montag geht der Schichtdienst wieder los. Bis dahin möchte sie die beiden Jungs in der Spur haben. Das sei gar nicht einfach und scheitere manchmal an ganz banalen Dingen. Morgens aufstehen und pünktlich den Bus erreichen, um rechtzeitig beim Deutschunterricht in Rödental zu sein, ist gar nicht so einfach. Die Jungs sind es nämlich nicht gewohnt, dass ein Zug oder ein Bus tatsächlich pünktlich fährt. In Syrien ticken die Uhren etwas anders.
Ein anderes Beispiel: Die Sprache. Memnun spricht weder Englisch noch Deutsch - nur Arabisch, Djadi kann ein bisschen Englisch. Sie können kein Schild lesen, ihre bisherige Sprache bestand aus Zeichen, nicht aus Buchstaben. Sie schreiben von rechts nach links, verstehen nicht, warum es
der Mond und
die Sonne heißt.
Der 16-Jährige lerne schnell und sei sehr ehrgeizig, sagt Birgit, nennt ihn gar einen "Überflieger". Er möchte Medizin studieren wie seine Schwester. Sein Vater ist Englischlehrer. Seine Familie hat ihn losgeschickt, um irgendwann die Eltern und Geschwister nachzuholen.
In Syrien heißt es nämlich, dass Asylbewerber in Deutschland ihre Familien nachholen können. Für Djadi und Memnun war es ein Schock, als sie erfuhren, dass das für sie gar nicht in Frage kommt. Asyl können sie erst mit 18 Jahren beantragen, bis dahin haben sie lediglich Bleiberecht.
Jeden Tag wird's besser
Kontakt nach Hause haben die beiden. Übers Handy. Memnun telefoniert regelmäßig, Djadi schreibt Whatsapp-Nachrichten. Die Bilder aus der Heimat hat er seinen Pflegeeltern gezeigt: Eine einfach Steinhütte mit einem Teppich in der Mitte - das war sein Zuhause."Was denken die Kinder hier bei uns?", fragt sich Birgit. "Wie erleben sie unsere vollgestopften Wohnungen?" Memnun freut sich über jedes Detail, jedes Geschenk, lacht beim Schach mit Heinrich. Der sagt nach sieben Tagen: "Es war eine schöne Woche!" Memnun baut Legomonster zusammen und hat ganz ordentlich seinen Kleiderschrank eingeräumt. "Unterhosen fehlen", hat Birgit bemerkt. Nach dem Einkauf bei Ikea, wo die beiden sich ihr Zimmer einrichten durften, wird es nächstes Wochenende zum Unterwäsche-Shoppen gehen.
Weder Helden noch Gutmenschen
Jeden Tag läuft es etwas besser. Birgit und Martin freuen sich darüber sehr - auch, weil all ihre Freunde und ihre Familie so hinter der Entscheidung stehen. "Sie helfen uns, wo sie können!" Schließlich, und das ist den beiden sehr wichtig, "sind wir weder Helden noch Gutmenschen." Es mache einfach auch Spaß zu sehen, wie jeder einzelne helfen kann. "Die beiden sind tolle Jungs, aber wir wissen auch nicht, wie alles weiter geht", sagt Martin ohne Pessimismus zu verbreiten. Er lacht "seine Jungs" an und die grinsen zurück.
Nächste Woche, wenn Birgit wieder arbeiten muss, dürfte es noch mal spannend werden: Ob die beiden Jungen morgens allein aufstehen und pünktlich zum Unterricht in Rödental sind? Gut, dass die Eckls eine Whatsapp-Gruppe eingerichtet haben. "In unserer Boygroup sind wir alle drin und wenn die beiden nicht mehr weiter wissen oder sich verlaufen, schicken sie uns einfach ein Foto und schon sitzt einer von uns im Auto und sammelt sie ein."
*
Die Namen wurden aus Rücksicht auf die Jugendlichen von der Redaktion geändert.
Nehmt doch welche bei euch zu Hause auf, wenn Leute den Fremdenhass nicht teilen. Nun hat eine Familie zwei Minderjährige bei sich zu Hause aufgenommen. Und was passiert? Der blanke Hass wird ihnen von den Kommentatoren hier entgegenbracht. Also auch wieder falsch! Oder, um mal ehrlich zu sein: Gebt doch zu, dass ihr vollumfänglich gegen das Asylrecht seid!
sieht blanker Hass anders aus. Das wären wohl in erster Linie Beschimpfungen, welche jedoch auch zurecht nicht vom FT freigeschaltet würden. Und meinetwegen nimmt wegen mir jeder soviele Flüchtlinge auf, wie er will. Sie dürfen natürlich auch welche Zuhause aufnehmen, ansonsten müsste man Ihnen evtl. auch blanken Hass gegen Asylsuchende unterstellen.
Prima macht ihr das.... frage mich gerade, was mit den zahlreichen deutschen Jugendlichen im Jugendheim passiert? Ach da bestand kein Interesse, davon zwei Kinder aufzunehmen und zu versorgen?
Kriegsflüchtlinge? Die Eltern bleiben dort und schicken die Kinder vor? Dachte es fliegen die Bomben in Syrien? Der Vater ein Lehrer und die Kinder sprechen nur arabisch?
Wirklich ein wunderschöner, herzzerreißender Artikel.....
Vom Ausland angeheizte ''Rebellen'' legten ein Land in Schutt und Asche. Dass sich die Staatsführung dagegen wehrt, wäre bei uns auch nicht anders
Nun kommt Russland auf Bitten der legitimen Staatsführung Syrien zur Hilfe ( nach dem Völkerrecht zulässig ) und räumt erfolgreich auf: Die Saudis und Türken sehen ihre Rebellen und Terroristen bedroht, und kündigen weitere Waffenlieferungen an: http://www.heise.de/tp/artikel/46/46218/1.html
In der Ukraine waren für den verlogenen Westen bereits behauptete russische Waffen in die Ukraine Grund für Sanktionen. Bei den vom Westen mit Dutzenden Milliarden bis an die Zähne bewaffneten Saudis gilt dies nicht. D.h. es werden nun ( weitere ) westliche Waffen ohne Empörung des Westens nach Syrien geliefert, weil Russland dort gegen Terrorismus mobil macht.
Die Wirklichkeit ist sogar noch viel schimmer: Noch vor 6 Monaten weilte Herr Seehofer in Saudi- Arabien und forderte Waffenlieferungen: http://www.sueddeutsche.de/bayern/auslandsreise-seehofer-wirbt-fuer-waffenlieferungen-nach-saudi-arabien-1.2442750 und warb für Waffenlieferungen dorthin.
Der FT hatte in der Druckausgabe damals einen sehr guten Leserbrief dazu veröffentlicht.
Soll das christliche Politik sein, wenn man sieht, was dort los ist ?
http://kath.net/news/52344
http://kath.net/news/52343
http://kath.net/news/52366
Da nun selbst der Erzbischof von Aleppo das russ. Vorgehen lobt,
http://www.katholisches.info/2015/10/09/erzbischof-von-aleppo-russische-militaerintervention-gibt-christen-syriens-neue-hoffnung/
wandern modernste Waffen von Nachbarstaaten nach Syrien, die nur vom Westen stammen können, denn in der arabischen Welt wird keine Schraube hergestellt.
Ich frage mich: Warum werden hiesige Politiker, die die Flüchtlingskrise hier weder lösen und sich vorrangig profilieren, und Waffenlieferungen mit illegal- terroristischem Endziel ermöglichten, nicht wegen Beihilfe zum Terrorismus vor den Internationalen Straferichtshof gestellt ? Meine Lösung zur Krise.
weiteren Angeklagten werden nicht leer bleiben, wenn das Völkerrecht wieder Anwendung findet und die Leitlinien, die die USA ( und ihr kläffender Köter namens EU ) an Andere anlegen, auch für sie selbst gelten:
http://www.welt.de/politik/ausland/article147434865/Obama-gesteht-Scheitern-der-Syrien-Strategie-ein.html
500 Mio. in Syrien verpulvert, wie gut wäre das Geld bei den Flüchtlingen angelegt gewesen, doch so konnte der militärische Komplex profitieren.
in Afghanistan sollen es neben 3000 toten NATO- Soldaten mittlerweile fast 1 Billion verpulvert sein. Und Deutschland wurde jahrlang fleißig am Hindukusch verteidigt, mit dem Erfolg, dass die deutsch- Unterstützer nun fürchten müssen, massakriert zu werden.
Hört mit den Interventionen auf, dann könnt ihr die Flüchtlinge auch wieder heim schicken. Deutschland musste auch durch viele Kriege. Versöhnung kann nur von innen kommen.
Allerdings hat euch Putin vor den UN die richtige Frage gestellt: ''Wird euch jetzt klar, was ihr angerichtet habt ?''
http://www.n-tv.de/politik/Erst-spucken-dann-sprechen-article16029571.html