Es wird Zeit für ein "Dankeschön" an die Feuerwehr
Autor: Berthold Köhler
Coburg, Donnerstag, 16. März 2017
Die Vorbereitungen auf den Beginn des Zugverkehrs auf der ICE-Strecke haben die Ehrenamtlichen bis über ihre Belastungsgrenzen hinaus beschäftigt.
Jetzt geht es doch ganz schön schnell. Zum Fahrplanwechsel im Dezember wird die ICE-Neubaustrecke zwischen Ebensfeld und Erfurt in Betrieb genommen. Damit beginnt auch für die Feuerwehren im Coburger Land ein neues Zeitalter: Erstmals werden dann auch Einsätze auf hohen Bahnbrücken oder langen Eisenbahn-Tunnelbauwerken zum Szenario der ehrenamtlichen Helfer gehören. Klar, dass dieses Thema bei der morgen stattfindenden Frühjahrs-Tagung der Feuerwehrkommandanten aus dem Coburger Land eine wichtige Rolle spielen wird.
Ranghöchster Vertreter der Landkreis-Feuerwehren ist Kreisbrandrat Manfred Lorenz. Nach nahezu einem Jahrzehnt mit zahllosen Besprechungen zieht er im Gespräch eine vorläufige Bilanz aus dem Geschehen rund um die ICE-Neubaustrecke.
Wie ist der Stand der Dinge bei den Vorbereitungen auf den Beginn des Verkehrs auf der ICE-Neubaustrecke?
Manfred Lorenz: Jetzt drängen sich die Termine noch einmal. Aber wenn man zurückblickt, wird es einem erst richtig deutlich: Wir haben in den vergangenen zehn Jahren eigentlich keine Woche erlebt, in der wir nicht mit diesem Themenkomplex beschäftigt waren. Deshalb sage ich es deutlich: Aus Sicht des Ehrenamtes ist die Belastungsgrenze mehr als deutlich überschritten worden.
An wen richten Sie diese kritischen Worte?
In erster Linie an die Landesregierung. Unsere Ehrenamtlichen - ich nenne nur Kreisbrandinspektor Stefan Zapf als Beispiel - sind derzeit wegen der Bahnstrecke quasi permanent im Einsatz. Ich bin fest entschlossen, dieses Problem zu gegebener Zeit in deutlichen Worten an die Landespolitik weiter zu geben.
Und was erhoffen Sie sich von dort als Reaktion?
Auf jeden Fall, dass mal jemand ganz offiziell wenigstens "Dankeschön" sagt. Und vielleicht lässt sich da jemand noch ein bisschen mehr einfallen. In München hatten sie jetzt zehn Jahre Zeit, um sich etwas zu überlegen - da kann es ja nicht so schwer sein (grinst).
Was werden die Herausforderungen an die Einsatzkräfte der beteiligten Feuerwehren sein?
Erst einmal hoffe ich, dass Unglücke in Tunnelbauwerken und auf hohen Brücken - die man übrigens immer ein bisschen vergisst - gar nicht eintreten. Wenn aber etwas passiert, dann stehen wir vor ganz anderen Abläufen. Deshalb hatten wir vor wenigen Tagen erst einen ICE-Zug hier vor Ort, den wir zwei Tage zu Ausbildungszwecken nutzen konnten. Völlig neu wird die Situation für die Atemschutzträger, die an der Strecke zum Einsatz kommen sollen.
Was erwartet die, wenn es wirklich einmal ernst wird?
Erst einmal eine grundlegend andere Technik. Die Langzeit-Atmer ermöglichen deutliche längere Einsätze, da muss der Aktive körperlich fit und mental gefestigt sein. In einen Tunnel zu gehen und nicht zu wissen, was Dich da erwartet, ist keine einfache Sache. Dazu kommt die Aufgabe, dass die sich die ersten Trupps im Brandfall ausschließlich aufs Löschen konzentrieren müssen. Das heißt: Sie müssen vielleicht sogar an Verletzten vorbei einfach weiter laufen. Da kannten wir bisher nicht. Aber im Tunnel ist das die einzige Chance. Je mehr sich ein Feuer ausbreitet, desto kleiner ist die Chance, da wieder herauszukommen.
Wie ist Ihre fachliche Bilanz der vergangenen zehn Jahre?
Die Zusammenarbeit der Feuerwehren war über Landesgrenzen hinweg vorbildlich. Wir haben jetzt zwischen Erfurt und Ebensfeld ein gemeinsam gültiges Einsatzkonzept. Von der Ausrüstung hat es sicher noch den einen oder anderen Wunsch gegeben, aber am Ende sind wir zufrieden.
Wie liefen die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn?
Es ging es, sagen wir mal so, sehr professionell zu. Diese Art und Weise der Verhandlungen mussten wir auch erst lernen. Letztlich haben wir das zur Verfügung, was wir brauchen.
Gibt es noch einen "letzten Schliff" für die Aktiven direkt auf der Neubaustrecke?
Es wird nach den Sommerferien eine große Übung im Eierberge-Tunnel im Landkreis Lichtenfels geben. Wir sind da mit dabei, weil sich dieser Tunnel von seiner Größe her am besten für so eine Sache anbietet. Im Oktober machen wir noch etwas auf der Brücke über dem Froschgrundsee - aber das geht mehr in Richtung Ausbildung als in Richtung Übung.
Themenwechsel: Über den Landkreis sind drei neue Drehleitern für den Landkreis vorgesehen. Wie ist da der Stand der Dinge?
Die Sache läuft ohne Probleme. Ursprünglich war geplant, dass heuer Rödental und Bad Rodach, nächstes Jahr dann Seßlach neue Fahrzeuge bekommen. Möglicherweise ändert sich der Terminplan so, dass alle drei schon heuer ausgeliefert werden. Das hängt ein bisschen von den räumlichen Gegebenheiten in Seßlach ab. Dort gab es ja bisher kein so großes Fahrzeug.
Löst die Stationierung in Seßlach neue Strukturen im westlichen Landkreis aus?
Das kleine Seßlacher Feuerwehrauto wird nach Dietersdorf verlegt, dort ist es alleine schon aufgrund der strategischen Lage der Feuerwehr wichtig, dass wir ein Fahrzeug mit Atemschutz und Wasser an Bord haben.
Im vergangenen Jahr gab es gewaltigen Wirbel, weil Uwe Brandl (Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags; die Redaktion) Zweifel am Sinn der Kinderfeuerwehren hegte. Hat sich der Sturm gelegt?
Mehr oder weniger. Obwohl ich schon erwartet hätte, dass Brandl - der immerhin Bürgermeister eines Ortes mit einer Feuerwehr ist - seine Aussagen zumindest ein bisschen relativiert. Aber das ist nicht geschehen... Wir in Coburg haben jedenfalls unbestritten einen Boom beim Nachwuchs und werden in dieser Sache gewiss nicht nachlassen. Wenn ich sehe, was bei unseren Kinderfeuerwehren los ist, dann weiß ich: Der Erfolg gibt uns Recht!
Das Gespräch führte
Berthold Köhler