Achtung Pubertät!
In der Rückschau will Romina einiges loswerden. Ihr kleinerer Bruder Cedrik hatte in ihren Augen immer mehr Freiheiten. "Wenn er weggehen wollte, wurde das immer erlaubt. Oder, wenn er sich was zum Anziehen wünschte, bekam er es auch. Ich nicht!", sagt sie etwas trotzig. Doch sie muss lachen, denn die Antworten am Tisch kennt sie schon: "Ja, Du wolltest am liebsten jeden Tag woanders übernachten und ständig shoppen."
Das war eben die Pubertät, sind sich alle einig. "In der Situation denkt man dann immer, die anderen werden bevorzugt. Ich hatte schon manchmal das Gefühl, nicht gerecht behandelt worden zu sein", gibt sie zu. Doch heute - keine fünf Jahre später - versteht sie vieles und schmunzelt.
Professionell erziehen
Genau wie Saskia und ihr Bruder Constantin ist auch Romina Erzieherin geworden und weiß um die große Herausforderung, alle Kinder gleichwertig zu behandeln. Wie das gelingt? Romina: "Ich versuche bei der Arbeit professionell zu bleiben, denke darüber nach, was ich gelernt habe, und frage mich in schwierigen Situationen, wie würde ich jetzt behandelt werden wollen". Dass Kinder auch im Kindergarten manchmal unterschiedlich behandelt werden, sei vollkommen richtig. Schließlich könne nicht jedes Kind schon mit Freiheiten umgehen. Deshalb dürften eben manche am Vormittag im Garten spielen und andere nicht, ergänzt Saskia. Mit ihren eigenen Gefühlen gegenüber fremden Kindern kommen die beiden nicht in Konflikt. "Fachlich stehen wir über unseren Schwächen."
Constantin fällt zum Thema Gleichberechtigung im Kindergarten was ganz anderes ein. Als Mann sieht er sich im Erzieherberuf oft im Vorteil. Bei Bewerbungen hat er beste Chancen, da es zu wenige seiner Zunft gibt. "Ich kann das alles sehr entspannt sehen und bin immer willkommen - allein schon, weil ich ein Mann bin."
Und noch etwas sei ungerecht, wirft Romina ein: Die Bezahlung gegenüber Lehrern. Schließlich sei ihre fünfjährige Ausbildung viel pädagogischer, und die Arbeit am frühen Kind der Grundstock auf dem alles aufbaut.
Cedric studiert Informatik. Gegenüber seinem Bruder sitzen in seinem Studiengang fast nur Jungs. Auch die Professoren seien nur Männer. Gleichberechtigung sehe anders aus, sind sich die Schumps einig.
Ausnahme-Situationen
Doch zurück in die Familie. Astrid Schump ist nachdenklich geworden. Es gab doch Situationen, in denen sie nicht alle Kinder gleich behandelt habe, gibt sie zu. "Das war zum Beispiel als Tobias mit 14 Jahren dreimal am Knie operiert wurde, oder als bei Cedric die MS diagnostiziert wurde", sagt sie. Wenn Kinder im Krankenhaus waren, hatten sie ihre volle Aufmerksamkeit und die anderen kamen zu kurz. "In diesen Situationen hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Da hätte der Tag mehr als 24 Stunden haben müssen, um allen gerecht zu werden."
Die Kinder schauen ihre Mama an und sind sich einig: "Alles richtig gemacht!"
Lieblingskinder gibt es immer
Studie Autor Jeffrey Kruger widmet sich in seinem Buch "The Sibling Effect: What The Bonds Among Brothers And Sisters Reveal About Us" unter anderem der Frage, ob Eltern ein Lieblingskind haben. Sein Fazit: Jeder Vater, jede Mutter liebt ein Kind mehr als die anderen.
Belegen will Kruger seine These mit Studien einerseits und der Biologie andererseits. Eltern könnten aufgrund ihrer Gene gar nicht anders. Dass viele Eltern ein Kind - meist das älteste - bevorzugen, belegt auch die vom Autor zitierte Studie, die Katherine Conger an der University of California, Davis, 2005 durchgeführt hat. Conger besuchte fast 400 Familien dreimal während drei Jahren, stellte ihnen Fragen und nahm sie auf Video auf. Dabei wurde evident, dass 70 Prozent der Väter und 65 Prozent der Mütter immer wieder für dasselbe Kind Partei ergreifen und das eine stärker und häufiger loben als das andere. Laut Kruger kann man sich also nicht dagegen wehren, ein Kind mehr zu lieben als das andere, wichtig sei es dabei stets fair zu bleiben.