Erstaufführung in Coburg: Liebe tötet in Zeiten des Krieges
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 27. Februar 2022
Wie Gast-Regisseur André Rößler das Drama "Mamma Medea" auf die Bühne des Landestheaters Coburg bringt.
Diese Liebe ist dem Untergang geweiht - von Anfang an. Denn diese Liebe, die Liebe von Medea und Jason, ist eigentlich etwas ganz anderes. Für Medea ist sie ein Fluchtversuch - und Jason ist ihr Fluchthelfer. Mit ihm will Medea ausbrechen aus der bedrängenden, sie fast erstickenden Enge. Dass sie für diese Flucht Verrat begehen muss, dass sie Vater und Bruder opfern muss - egal.
Vergeblicher Fluchtversuch
Medea will diesem Leben entfliehen und sich an der Seite von Jason selbst verwirklichen.
Doch daraus wird natürlich nichts. Denn ein Stück, auf dem im Titel Medea steht, muss einfach tödlich enden - auch in dieser modernen Version des flämischen Autors Tom Lanoye namens "Mamma Medea", die in gar manchen Punkten entscheidend abweicht von der antiken Tragödie.
Beeindruckend intensives Spiel
Gut zwei Jahrzehnte nach der Uraufführung erlebte das Drama seine Coburger Erstaufführung. Die Geschichte einer Liebe oder auch einer nur vermeintlichen Liebe in Zeiten des Krieges - diese Geschichte hat wenige Tage nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine eine erschreckende Aktualität bekommen. Diese Art von Aktualität konnte André Rößler so natürlich nicht vorhersehen.
Das zerstörerische Potenzial einer Liebe vor dem Hintergrund eines Raubzug im Namen eines Staates - dieses zerstörerische Potenztial legt Rößlers Regie von Anfang an schonungslos offen.
Juliane Schwabe als Medea (als stumme Medea-Puppe: Lilian Prent) und Tobias Bode als Jason agieren mit schonungsloser Konsequenz in Rößler scharf durchgezeichneter Inszenierung im Zentrum eines beeindruckend intensiv spielenden Ensembles.
Medea und Jason und ihre Geschichte - das ist in André Rößlers Lesart dieser zeitgenössischen Medea-Deutung des flämischen Autors Tom Lanoye die Geschichte eines Ehepaares, dessen Träume in der bedrängenden Monotonie eines Reihenhäuschens ersticken. Vor allem aber ist es die Geschichte eines Ehepaares, dessen Verbindung von Anfang an auf falschen Voraussetzungen fußte.