Elisabeth Kraus hat einst als Model gearbeitet

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Arbeiten am Computer? Das kriegt Elisabeth Kraus hin. Auf dem Bildschirm ist ein Foto, das ein Profifotograf in Frankfurt am Main von ihr gemacht hat und das wohl eine Model-Agentur so beeindruckt hat, dass die junge Frau zu einem Foto-Shooting eingeladen wurde. Foto: Helke Renner
Arbeiten am Computer? Das kriegt Elisabeth Kraus hin. Auf dem Bildschirm ist ein Foto, das ein Profifotograf in Frankfurt am Main von ihr gemacht hat und das wohl eine Model-Agentur so beeindruckt hat, dass die junge Frau zu einem Foto-Shooting eingeladen wurde. Foto: Helke Renner
Die unverheiratete Elisabeth Schindhelm in einem ihrer selbstgenähten Kleider. Foto: privat
Die unverheiratete Elisabeth Schindhelm in einem ihrer selbstgenähten Kleider. Foto: privat
 

Elisabeth Kraus hatte ein bewegtes Leben. Sie ist gelernte Schneiderin, hat als Model gearbeitet und Werbung für Waschpulver gemacht. Vielleicht hätte sie sogar ein Star werden können.

Heidi Klum und "Germany's Next Topmodel"? Elisabeth Kraus lächelt milde. Natürlich verfolgt sie das auch, aber es ist doch alles ganz anders als damals. "Nach dem Krieg wollte niemand dürre Mannequins auf dem Laufsteg sehen. Die Frauen sollten Rundungen haben", erzählt die heute 82-Jährige. Mannequin - ja, so nannte man die Models damals. Elisabeth Kraus war eines von ihnen. Wenn auch nur für relativ kurze Zeit. Denn den letzten entscheidenden Schritt auf dem Weg zum Star ist sie nicht gegangen. Doch der Reihe nach.

Der Zweite Weltkrieg war vorbei und Elisabeth, damals noch Schindhelm, konnte nicht mehr ans Lyzeum, das heutige Gymnasium Alexandrinum, zurückkehren. "Es war eine harte Zeit. Meine Eltern konnten das Schulgeld nicht aufbringen." Deshalb entschied die Mutter, dass die Tochter eine Schneiderinnenlehre beginnt. "Ich hatte keine Lust dazu, aber ich wollte auch nicht verblöden", sagt die Seniorin. Das war 1946.
In den 50er Jahren entwickelte sich in Berlin bereits eine veritable Modeszene, eines der ersten Models war Susanne Erichsen. "Bekannte und Freunde haben mich immer wieder bedrängt, doch auch Model zu werden", erzählt Elisabeth Kraus. Und eigentlich hatte sie dazu auch große Lust. Ihre selbst geschneiderten Kleider trug sie in Coburg bei Bällen. In den Fotostudien Uhlenhuth und Scheer hatte sie sich darin ablichten lassen und sah einfach grandios aus.

Die junge Frau entschied sich, nach Frankfurt am Main zu gehen. Im Notfall hätte sie bei Tante und Onkel im benachbarten Oberursel unterkommen können. Doch sie hatte Glück und fand eine Stelle als Haushaltshilfe bei einer Wirtschaftsprüferfamilie. "Die hatten eine Villa und ich konnte in die Einliegerwohnung ziehen." Am Abend besuchte die junge Elisabeth Kurse des Mannequin-Studios Schiller-Cerny. "Der Herrschaft habe ich davon nichts gesagt." Als sie dann ihr Mannequin-Diplom in der Hand hielt und am liebsten gleich mit dem Modeln beginnen wollte, kam ihr der Zufall zu Hilfe. "Beim Spazierengehen habe ich einen Fotografen kennengelernt, der mich eingeladen hat, Modefotos von mir zu machen." Die 23-Jährige packte also ihren selbst genähten Kleider zusammen und ging zu ihm. "Wie ich später erst erfahren habe, hatte er mit seinen Fotografien Ursula And r ess und Rachel Welch nach Hollywood gebracht."

Der Fotograf machte Aufnahmen von ihr, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Eine Agentur lud Elisabeth Schindhelm zu einem Foto-Shooting ein. Sie ist hingegangen, und hat sich dafür extra freinehmen müssen. Zwei Wochen später sollte es ein zweites Shooting geben. Und zu dem ist sie dann nicht mehr gegangen. "Ich hätte die Herrschaft noch einmal um einen freien Tag bitten und erzählen müssen, wozu ich ihn brauche." Die finanzielle Sicherheit war der jungen Frau dann doch wichtiger. Hat sie sich damit selbst eine große Karriere verbaut? Sie weiß es nicht. Weiter gemodelt hat sie dennoch - zwei Jahre lang für Modegeschäfte und Kaufhäuser.

Werbung für Waschpulver

Dann wurde sie krank, musste nach Coburg zurückkommen und sich behandeln lassen. Zwischendurch hat sie als Verkäuferin in einem Kaufhaus gearbeitet. 1956 wurde Elisabeth Schindhelm operiert, hat dann wieder als Schneiderin gearbeitet und wurde arbeitslos. Das Arbeitsamt bot ihr an, eine Ausbildung zur "Werbedame" zu machen. Darauf ließ sich die junge Frau ein. Nach Abschluss der Ausbildung fuhr sie mit ihren Kolleginnen durch die Region und verkaufte Waschpulver - und zwar erfolgreich. Später brachte sie Waschmaschinen an die Frau, stand bei Vorführungen als Beraterin zur Verfügung, stieg sogar zur Fachberaterin für ganz Bayern auf und nahm sich eine Zweitwohnung in München. "Ich war die Königin von Bayern", sagt Elisabeth Kraus heute lachend.
Doch von den vielen Vorführungen, bei denen immer Wasser im Spiel war, bekam sie Rheuma, wechselte noch einmal die Branche und machte Werbung für Herde mit Thermostat und für Geschirrspülmaschinen. "Ich war in ganz Deutschland unterwegs." Als dann aber ihre Eltern krank wurden und die Tochter sich kümmern musste, kam sie nach Coburg zurück. Das war 1964. Sie arbeitete dann wieder in einem Kaufhaus, lernte ihren späteren Mann kennen, heiratete und beendete damit ihr Berufsleben.

Zeitzeugenprojekt

Heute, im Alter von 82 Jahren, lebt Elisabeth Kraus keineswegs zurückgezogen. Im Rahmen des Projekts "Zeitzeugen" des Awo-Mehrgenerationenhauses gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die junge Generation weiter. Die nächste Veranstaltung findet am Donnerstag um 9.30 Uhr in der Altenpflegeschule der Schwesternschaft beim BRK Marienhaus statt. Dafür hat die Seniorin eine Menge Fotos zusammengestellt - auch solche, die sie als Model zeigen.