Nach vier Jahren für die SPD im Stadtrat bewirbt sich der 25-jährige Tobias Ehrlicher aus Breitenau für das Amt des Bürgermeisters in Bad Rodach. Im Falle des Erfolges würde er den Schonunger Stefan Rottmann als jüngster Bürgermeister in Deutschland ablösen.
Stefan Rottmann könnte Konkurrenz bekommen. Stefan Rottmann aus Schonungen gilt als momentan jüngster Bürgermeister in Deutschland. Aber er ist ein paar Tage älter als Tobias Ehrlicher, der am kommenden Sonntag für die Bad Rodacher SPD bei der Bürgermeisterwahl an den Start geht. Wobei Ehrlicher, der 25-Jährige, schon Wert darauf legt, kein kommunalpolitischer Frischling zu sein. Seit vier Jahren sitzt er immerhin im Stadtrat. "Klar und deutlich", betont Tobias Ehrlicher, wurde er 2008 von den Bad Rodachern von Platz 7 auf Platz 5 der SPD-Liste vorgewählt.
Mit seiner Erfahrung wirbt Ehrlicher zwar nicht auf den Wahlplakaten, aber ein bisschen stolz ist er schon darauf. Dieses Alleinstellungsmerkmal im Vergleich mit seinen beiden Kontrahenten für das Bad Rodacher Bürgermeisteramt ist ihm durchaus wichtig. Dass politischer Erfolg keine Frage des Alters ist, zeige schließlich Michael Adam, der ehemalige Bodenmaiser Bürgermeister, heutige Regener Landrat und große Hoffnungsträger der bayerischen SPD.
Vier Jahre Stadtratsarbeit sind wohl auch der Grund, warum er sich nicht in irgendwelche utopische Wahlversprechen verstrickt. Tobias Ehrlicher weiß, dass es in der Kommunalpolitik wichtig ist, den Menschen keine unerfüllbaren Versprechungen zu machen. Freilich will er mit seiner "Jugend", wenn diese mit 25 noch gelten sollte, frisch nach "innovativen Lösungen" suchen, um seine Heimatstadt voranzubringen.
Beim ISEK "zupacken" Aber Ehrlicher hat zum Beispiel bei der Umsetzung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) in den vergangenen Monaten erfahren müssen, dass sich die Menschen wohl ein bisschen mehr erhofften als bisher herauskam. Die fehlende Kommunikation mit den Bürgern im Vorfeld, mutmaßt Ehrlicher, könnte die Ursache für die zu hohen Erwartungen gewesen sein. Wobei Tobias Ehrlicher hier auch ein bisschen um Verständnis für den Stadtrat bittet: "Es stehen 180 Projekte im ISEK." Die könne man nicht alle auf einen Schlag umsetzen. Aber: In der Zeit nach dem 31. Oktober will Ehrlicher aufs Tempo drücken - gemeinsam mit den Bürgern. "Wir brauchen Leute, die auch mal zupacken."
Eines der zentralen Themen im Bad Rodacher Wahlkampf ist die Situation am Marktplatz mit dem Gasthaus "Zum Goldenen Löwen". Ehrlicher wirbt dafür, das Traditionsgasthaus als solches zu belassen. Die Touristeninformation aus dem "Haus des Gastes" hinunter an den Markt zu verlegen, lehnt der SPD-Kandidat ab. Er nennt dafür ganz praktische Erwägungen: "Die Gäste-Info hat am Wochenende geschlossen." Und gerade am Wochenende gehe es ihm darum, den Markplatz zu beleben. Da könne eine florierende Außengastronomie beim "Löwen" sicher nicht schaden.
Und was in der inzwischen im Besitz der Stadt Bad Rodach befindlichen Gaststätte ausgeschenkt werden soll, weiß Tobias Ehrlicher auch schon: "Roßfelder Löwenbräu - das wäre die Traumlösung." Den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt verjagen will der junge Bürgermeisterkandidat aber nicht. Ihm schwebt vor, am Wochenende nur den Bereich südlich der Coburger/Hildburghäuser Straße zu sperren. Dort könnten dann Musiker, Künstler oder kleine Theatergruppen auftreten. Kein großer Aufwand, keine hohen Kosten für die Stadt. "Aber die Leute müssen sich darauf verlassen können, dass bei uns immer ein bisschen was los ist", sagt der passionierte Tennisspieler.
Eine Chance für alle Parteien Schon beim Blick ins Publikum bei der Bürgermeisterdiskussion vergangenen Mittwoch wurde deutlich: Tobias Ehrlicher spricht, das ist freilich wenig überraschend, die jungen Wählerschichten an. Aus den Reihen des TSV Bad Rodach hat sich sogar eine gut 15-köpfige Clique gebildet, die den bei der HUK angestellten Baufinanzierungsberater offensiv unterstützt. Tobias Ehrlicher gefällt dies. Aber nicht nur, weil ihm junge Wahlberechtigte auch Stimmen bringen können. Er sieht seine Kandidatur als Chance für alle Parteien, die jüngere Generation politisch zu motivieren.
Es gebe schließlich genug Argumente, mit denen man jungen Menschen - wie vor rund fünf Jahren Tobias Ehrlicher selbst - die Kommunalpolitik schmackhaft machen kann. 2007 waren es Ehrlichers damaliger Chef Hartmut Seifert und der heutige Landrat Michael Busch, die argumentierten. Auf die traf der 21-jährige Tobias bei einer SPD-Veranstaltung in Bad Rodach und entdeckte dabei sein Interesse an der Politik vor Ort. "Meinen eigenen Lebensraum aktiv mitgestalten" - das wollte Ehrlicher fortan. Dazu gehört es aber auch, die Kirche im Dorf zu lassen. Von einer Disco für die/"seine" junge Generation zu träumen, erspart sich der aktive Feuerwehrmann in Breitenau. "Aber so alle Vierteljahr eine DJ-Party in der Stadthalle", sinniert Tobias Ehrlicher, "müsste sich doch machen lassen". Aber nur dann, wenn auch die Jugendlichen aktiv in die Vorbereitung und Durchführung mit eingebunden werden.
Beruflich arbeitet Tobias Ehrlicher im Vertrieb. Das merkt man ihm auch an. Der 25-Jährige kennt und grüßt in Bad Rodach irgendwie fast jeden und hat auch keine Scheu davor, offensiv auf die Menschen zuzugehen. Das kommt ihm im derzeit noch laufenden Wahlkampf zweifellos zugute. Ende Mai hat Tobias Ehrlicher damit begonnen, im Bad Rodacher Stadtgebiet von Haustür zu Haustür zu tingeln und sich den Bürgern persönlich vorzustellen. Der diplomierte Bankbetriebswirt ist selbstbewusst und sagt, dass die Aktion für ihn keine große Belastung war: "Ich muss mich für so etwas nicht überwinden."
Von Tür zu Tür getingelt Diese Tingeltour auf sich zu nehmen und dazu auch keinen Begleiter mitzunehmen, war für Tobias Ehrlicher schon klar, als er sich ("noch nicht offiziell, aber vom Herzen her") im Oktober vergangenen Jahres dazu entschied, zur Wahl anzutreten. 300 Stunden und fast seinen ganzen Jahresurlaub hat der SPD-Youngster seitdem auf dem Weg von Haustür zu Haustür verbracht und nur wenige unerfreuliche Dinge erlebt. "Das Dir mal jemand die Tür vor der Nase zuhaut, musst Du verkraften", sagt Ehrlicher, der auch Jugendbeauftragter der Stadt Bad Rodach ist.
Viele Bad Rodacher aus der 1980er-Geburtsgeneration wohnen nicht mehr in ihrer Heimat. Für Tobias Ehrlicher, dessen Dienstsitz in Coburg ist, war ein Umzug nie ein Thema. Er sitzt vor dem Eiscafé neben dem Rathaus, blinzelt in die Sonne und zeigt auf das Getümmel vor ihm beim Donnerstags-Markt: "Ich habe doch alles, was ich brauche." Eine eigene Wohnung in Breitenau, ein gefestigtes Umfeld, die Sportvereine - da lässt es sich leben. Er lehnt sich zurück und winkt ab: "Nur, weil ich am Samstagabend mal länger ausgehen möchte, muss ich doch nicht nach Coburg ziehen."
Diese Ziele hat Tobias Ehrlicher Auf den Dörfern befürchtet er große Defizite, weil immer mehr Busverbindungen eingestellt wurden. Hier könnte ein von der Stadt mitgetragener Bürgerbus den älteren und jüngeren Menschen in den Stadtteilen eine große Hilfe sein. Zudem sind Maßnahmen im Rahmen der Dorferneuerung für Tobias Ehrlicher eine große Chance, die Stadtteile attraktiv und lebenswert zu erhalten.
In der Therme will er mit einem "betrieblichen Gesundheitsmanagement" die Firmen aus dem Coburger Raum und auch aus Südthüringen ansprechen. "Medical Fitness" mit einem an die "Therme Natur" angegliederten zertifizierten Fitness-Studio soll gesundheitsbewusste Menschen locken.
Auf dem Markt steht für ihn die Sanierung des Gasthauses "Zum Goldenen Löwen" an erster Stelle - verbunden mit einer Sperrung des Marktplatzes für eine gastronomische Nutzung und Kleinkunst am Wochenende.