Creidlitz stellt sich den Herausforderungen der Zukunft. Die Caritas hat mittels einer Bürgerbefragung die Bedürfnisse der Bürger ermittelt.
Mit Weitblick und Engagement möchte der Caritasverband Coburg Creidlitz fit für die kommenden Jahrzehnte machen: Vor dem Hintergrund einer zukünftigen Überalterung, einer steigenden Anzahl an alleinstehenden Menschen und zunehmender Hilfe- und Pflegebedürftigkeit sowie dem Wunsch nach Selbstständigkeit und längerem Verbleib im vertrauten Wohnumfeld wurde von der Caritas ein Quartierskonzept für den Stadtteil Creidlitz entwickelt.
Kim Moore und Norbert Hartz (Caritasverband Coburg) erläuterten am Dienstag gemeinsam mit Bürgermeister Thomas Nowak, dem Vorsitzenden der Gemeinnützigen Baugenossenschaft des Landkreises Coburg, Rainer Mayerbacher, und dem Geschäftsführer des Caritasverbandes Coburg, Richard Reich, das geplante Quartiersprojekt, dessen Konzeptentwicklung sowie die Ergebnisse aus den Bürgerbefragungen.
Ausgangspunkt der Konzeptentwicklung war die Leitfrage "Was wird benötigt, damit ältere und pflegebedürftige Menschen in einem vertrauten und generationsübergreifenden Wohnumfeld leben können?"
Repräsentative Umfrage
Es haben sich mit 19,18 Prozent überdurchschnittlich viele Stadtteilbewohner an der Bürgerbefragung beteiligt, sodass diese als repräsentativ anzusehen ist. "Die Rücklaufquote lag weit über dem bayerischen Durchschnitt und fast vierfach höher als erwartet", freute sich Norbert Hartz von der Caritas.
Von den Teilnehmern der Befragung sind 50 Prozent älter als 65 Jahren (34,52 Prozent 65 bis 79 Jahre, 15,3 Prozent ab 80 Jahre) und die andere Hälfte unter 65 Jahren. Dies entspricht einer gleichmäßigen Verteilung. Außerdem wurde ersichtlich, dass die meisten bereits lange in Creidlitz wohnen. Über 60 Prozent leben seit mindestens 31 Jahren in Creidlitz. So gibt es sehr viele "Alt-Creidlitzer" im Stadtteil.
Die Auswertung verdeutlicht, dass der Verbleib in der eigenen Wohnung bis ins Alter für über zwei Drittel der Befragten auch bei Pflegebedürftigkeit "sehr wichtig" ist. Ferner sagen 78 Prozent von den über 65-Jährigen, dass ihr Wohnraum nicht barrierefrei oder seniorengerecht ist. Es besteht zudem von der überwiegenden Mehrheit der Wunsch, bei Pflegebedürftigkeit zu Hause zu wohnen, mit der Unterstützung von professionellen Diensten. Auch wäre grundsätzlich die Mehrzahl, das heißt 75 Prozent, bereit, für eine seniorengerechte Wohnung mehr zu bezahlen im Vergleich zu einer nicht seniorengerechten Wohnung.
Mit Blick in die Zukunft wünschen sich die Creidlitzer eine Begegnungsstätte für Jung und Alt, Tagespflege für pflegebedürftige Senioren und Menschen mit Demenz, verstärkte Beratungsangebote und Informationsveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen, häusliche Pflege, Gesundheitsvorsorge, Angebote für pflegende Angehörige zur Entlastung und einen offenen Mittagstisch für Senioren. Kritisiert wurden das Fehlen eines Hausarztes, die langen Wartezeiten am Bahnübergang und der Lärm.
Nachbarschaftsprojekt
Über die Hälfte der Creidlitzer wären bereit, sich aktiv für die Belange von Senioren einzusetzen. Über 84 Prozent würden sich konkret für ein "Nachbarschaftshilfeprojekt" engagieren. 77 Prozent würden aus diesem "Nachbarschaftshilfeprojekt" Unterstützung und Hilfe annehmen.
Ein grundlegendes Ergebnis der Befragung ist es, dass der unmittelbare Nahraum mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnt, dass ein bedarfsgerechter Wohnraum für Jung und Alt bezahlbar sein muss und im Quartier eine tragende soziale Infrastruktur vorhanden sein sollte beziehungsweise zu entwickeln ist.
Solidarität stärken
Viele Bewohner aus Creidlitz sind kirchlich engagiert und bestätigen, die örtlichen Vereine zu nutzen. "Die Auswertung belegt, dass sich die Bewohner gemeinwesenorientierte Versorgungsangebote und Dienstleistungen wünschen, die generationsübergreifend zu quartiersräumigen Unterstützungsstrukturen führen sowie die Eigenverantwortung und Solidarität der Menschen in Creidlitz stärken", fasst Kim Moore zusammen.
"Um im Stadtteil Creidlitz leben und alt werden zu können, muss dies aus dem Blickwinkel der dort lebenden Menschen und nach ihren Vorstellungen und Traditionen gesehen und gestaltet werden", konstatiert Caritas-Geschäftsführer Richard Reich.
"Zur Umsetzung des Quartiersprojektes bedarf es personeller Ressourcen in Form eines Quartiersmanagers, ,eines Kümmerers‘", wie Norbert Hartz von der Caritas ihn nennt.
Eingerichtet wird das Quartiersbüro in der Wohnanlage Unterm Buchberg, die derzeit von der Wohnbau gebaut wird. 24 Wohneinheiten sind geplant, eine davon soll der Caritas als Quartiersbüro zur Verfügung gestellt werden, sagt Hartz. Ein Büro, verschiedene Veranstaltung, offene Gruppen - all das soll dort installiert werden. Der Kümmerer soll Ansprechpartner für alle Creidlitzer sein.
"Ziel des Quartierskonzeptes ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Menschen egal welchen Alters ermöglichen, selbstbestimmt, aktiv und in ihrem eigenen, gewohnten Lebensraum zu verbleiben", betont Richard Reich.
Inwieweit können die Ergebnisse von Creidlitz auch auf andere Stadtteile umgelegt werden? Dritter Bürgermeister Thomas Nowak erklärt auf Nachfrage: "Grundsätzlich sind alle Stadtteile individuell zu betrachten. Manche Handlungsbedarfe gelten aber durchaus für die Stadtteile gleichermaßen, wie die Sicherstellung einer ausreichenden ambulanten Versorgung für Senioren und möglichst weiterer wohnortnaher Versorgung und Infrastruktur. Um Bedarfe und Handlungsfelder abzuleiten, helfen uns das Seniorenpolitische Gesamtkonzept, die Jugendhilfeplanung oder das Isek. "