Versuchter Totschlag: Die Zeugen können sich nicht erinnern

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Eifersucht und Alkohol waren im Spiel, als ein 31-jähriger Coburger im November des vergangenen Jahres völlig austickte.

Eifersucht und Alkohol waren im Spiel, als ein 31-jähriger Coburger im November des vergangenen Jahres völlig austickte. Vor dem Parkhaus Mauer streckte er mit einem Faustschlag den Begleiter seiner Ex-Freundin nieder. Weil er laut Anklage auch gegen den Kopf des Geschädigten getreten und gedroht haben soll, diesen umzubringen, muss er sich wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Die Erste große Strafkammer des Landgerichts Coburg unter dem Vorsitz von Richter Christoph Gillot muss nun klären, was in den frühen Morgenstunden passiert ist.

Der Beschuldigte war in einer Novembernacht von Sonntag auf Montag mit einer Clique von Freunden in Coburg unterwegs, als er vor dem Parkhaus plötzlich seine Ex-Freundin entdeckte; diese war unter anderem in Begleitung eines 28-jährigen Arbeitskollegen. Da der 31-jährige diesen für den neuen Freund seiner "Ex" hielt, brannten ihm die Sicherungen durch. Er soll auf den Mann zugerannt sein und ihn angegriffen, geschlagen und im Parkhaus verfolgt haben. Es soll der Satz "Ich mach dich fräggt" gefallen sein. Der Beschuldigte berichtete auf Nachfrage seines Rechtsanwaltes Albrecht von Imhoff, dass seine Eltern beide vor 13 Jahren verstorben seien. "Mein Vater hat erst meine Mutter erschossen, dann sich selbst." Die Eltern hätten zwar getrennt gelebt, aber gemeinsam eine Gastwirtschaft betrieben. Zum Zeitpunkt des Unglücks sei er 17 Jahre alt gewesen, er habe in der Folge nie eine Therapie erhalten und das Erlebte bis heute versucht zu verdrängen.


Angeklagter bedauert das Ganze

Den Vorfall in der Novembernacht bedauere er, er wüsste nicht, was ihn da geritten habe. Den Faustschlag räumte er zwar ein, mehr aber nicht. "Ich kann mich nicht erinnern, getreten zu haben," sagte er. Er sei später in das Parkhaus zurückgelaufen und habe die Blutspur bis die Toilette verfolgt, um nach dem 28-Jährigen zu schauen.
Am nächsten Morgen stellte sich der 31-Jährige der Polizei. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft in der JVA Kronach. Während der 31-Jährige sich selbst als einen ruhigen Menschen bezeichnete, beschrieb seine Ex-Freundin ihn als eifersüchtig, aggressiv und jähzornig. Vor allem wenn Alkohol im Spiel gewesen sei, habe er sich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle gehabt.


Noch eine Entschuldigung

Als der 28-jährige Geschädigte in den Zeugenstand trat, entschuldigte sich der 31-Jährige nochmals bei dem Mann. "Das war eine Scheißaktion, und es tut mir leid."

Schwierig gestalteten sich die Zeugenaussagen der Clique des Beschuldigten, die allesamt fast identisch klangen. Fünf Zeugen konnten sich demnach nur bruchstückhaft erinnern, vier gaben einen zu hohen Alkoholkonsum als Grund für ihren Gedächtnisausfall an. Weder Richter Gillot noch die Staatsanwältin Jana Huber schenkten dem Glauben. Richter Gillot versuchte, Brücken zu bauen. "Ich glaube ja, dass es eine beschissene Situation ist, wenn der Kumpel auf der Anklagebank sitzt, aber Sie müssen die Wahrheit sagen, sonst bekommen Sie Probleme." Es könnten Verfahren wegen Falschaussagen eingeleitet werden und dann höre der Spaß auf. Außerdem gebe es Videoaufnahmen und viele Fotos aus der Tatnacht. "Sollten Sie da nicht torkeln, dann bekommen Sie ein Problem."


Ermahnung des Richters

Doch auch das nützte nichts, die Zeugen blieben bei ihrer Darstellung, nur Bruchstücke gesehen und gehört zu haben. Staatsanwältin Jana Huber bezeichnete die Aussagen als nicht glaubhaft. Komisch, sagte sie, dass es bei allen Freunden des Angeklagten gravierende Erinnerungslücken gebe und dies, obwohl es einen Riesentumult gab. "Sie sagen offenkundig nicht die Wahrheit", so Huber.
Richter Gillot musste auch einige junge Zuschauer wegen ihres Verhaltens während der Verhandlung ermahnen:
"Wir sind hier nicht im Kino oder sonst wo."

Die Verhandlung wird am Montag, 25. April, um 9 Uhr fortgesetzt.