Die wirklich hohe Pädagogik

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Die Evangelische Jugendbildungsstätte in Neukirchen hat ihren alten Seilgarten durch einen neuen ersetzt, der seit gestern für die Arbeit mit Schulklassen, Jugendgruppen oder Erwachsenenseminare zur Verfügung steht.

Er liegt genau auf der Trasse der einstigen Werratalbahn, der neue Seilgarten der Evangelischen Jugendbildungsstätte in Neukirchen. Doch darüber verlor gestern keiner ein Wort, als die Erlebniseinrichtung ihrer Bestimmung übergeben wurde. Denn, wie Lautertals Bürgermeister Herrmann Bühling (CSU) betont: "Auf dem Ohr hören wir im Lautertal ein bisschen schwer."

Es gab schon früher einen Seilgarten auf dem Gelände. "Die Erfahrungen, die wir da gesammelt haben, sind alle in das neue Konzept mit eingeflossen", versicherte Peter Dienst, der Leiter der Bildungsstätte. Und dass dieses Konzept stimmt, bestätigte Landrat Michael Busch (SPD): "Gegen diese neue Anlage wirkt der alte Seilgarten, an den ich mich erinnere, fast etwas provisorisch."

Es sind überwiegend Jugendliche, die die rund 12 500 Übernachtungen im Jahr in der Bildungsstätte ausmachen. Dabei entfallen laut Peter Dienst etwa zwei Drittel auf die Jugendbildung und ein Drittel auf pädagogische Freizeiten. Es kommen aber auch Erwachsene. Firmen etwa, die dann mit Führungskräften auf dem Seilgarten Teamfähigkeit trainieren.

"Ich kann hier die Erfahrung machen, dass ich etwas leisten kann, das ich mir vielleicht gar nicht zugetraut hätte", beschreibt Dekan Andreas Kleefeld einen pädagogischen Ansatz des Gartens. Man schaffe die Herausforderungen, weil einem andere helfen, auf die man vertrauen kann. "Auf sie und natürlich auf Gott", betont der Dekan.

Mit speziell in Technik, Sicherheit und Pädagogik geschulten Trainern können in Neukirchen Schulklassen und Jugendgruppen etwas erleben. "Gemeinsam ein Ziel erreichen, lernen mit Kopf und Hand unter freiem Himmel und die Erweiterung des eigenen Blickwinkels", nennt Peter Dienst einige Effekte der Arbeit auf dem Seilgarten. Oft kommen dabei nach seiner Erfahrung Stärken jedes Einzelnen ans Licht. Die Sicht auf sich selbst und andere verändert sich.

Dass dabei auch die technische Seite überwacht sein will und gewissen Anforderungen genügen muss, versteht sich von selbst. Die Geräte von der hohen Jakobsleiter, mit dem "Team-Beam", die in rund zehn Meter Höhe hinauf führt, über Kletterpfähle und Spinnennetze bis zu Balancier-Einrichtungen wurden vom Tüv abgenommen. Außerdem ist die Jugendbildungseinrichtung mit ihrem Klettergarten dabei, Mitglied der Ecra zu werden, der European Ropes Course Association. Das ist ein Dachverband, der ein fachlich qualifiziertes Netzwerk bildet und seine eigene europaweite Sicherheitsforschung zu Seilgärten betreibt.

Investiert werden musste, und muss noch, erheblich, um die Anlage zu betreiben. "Der Aufwand wäre für den Dekanatsbezirk allein nicht zu schultern gewesen", bestätigt Peter Dienst. Um so dankbarer ist er Sponsoren wie der Oberfranken-Stiftung, der Sparkasse Lichtenfels und der VR Bank Coburg, die mit erheblichen Beträgen bei der Verwirklichung geholfen haben.

An die Spendenbereitschaft aller bei der Einweihung anwesenden, appellierte später Jürgen Rückert: "Wer bei unseren ersten Testläufen mit hier war, weiß wie die Sonne brennen kann, wenn man sich anstrengen muss", sagte er und wies auf einen kleinen Grünplan hin, den er sich ausgedacht hat. Zu dem gehören vier Ahornbäume, die gepflanzt werden sollen, um Schatten zu spenden. Da sie schon ein wenig größer sein dürfen, kostet jeder 200 Euro. Das, meint Rückert, müsste doch zusammenzubekommen sein - und spendierte den ersten Baum gleich selbst.

Nachdem Dekan Kleefeld Gottes Segen für den Seilgarten erbeten hatte, durften einige Gäste in schwindelnde Höhen aufsteigen. Pfarrer Steffen Lübke, Erich Gahnz und Anna-Maria Schmerbeck wagten sich als "Erstbesteiger" in schwindelnde Höhen. Landrat Busch, Dekan Kleefeld und Lautertals Bürgermeister Herrmann Bühling blieben zusammen mit anderen lieber bodenständig und unterstützten von unten an den Sicherungsseilen.