Tobija Geiger und Murielle Bah sind verheiratet - und irgendwie auch wieder nicht. Vor allem aber sind sie genervt. Sie wohnen zusammen in Untersiemau (Kreis Coburg), und wollten eben einfach nur heiraten. Das Problem: Murielle Bah kommt aus Togo.
Wollen zwei Deutsche heiraten, brauchen sie allerhand Papiere. Will ein Deutscher eine Togoerin heiraten, ist der Aufwand im Vergleich dazu immens. Zwischen den Liebenden steht der Paragraf 1309 Absatz 1 BGB. Der sagt: "Ausländische Mitbürger dürfen grundsätzlich eine Ehe nur dann eingehen, wenn sie ein Zeugnis der zuständigen Behörde ihres Heimatstaates darüber beigebracht haben, wonach der Eheschließung ein in den Gesetzen des Heimatstaates begründetes Ehehindernis nicht entgegensteht."
Viel komplizierter als gedacht "Etwas anderes konnte ich den beiden nicht sagen", bedauert Nicole Lindemann. Als Standesbeamtin von Untersiemau kennt sie die lange Geschichte von Tobija Geiger und Murielle Bah von Anfang an. Die beiden hatten sich alles bei weitem nicht so kompliziert vorgestellt. Schließlich kam Murielle Bah schon als Kind nach Deutschland. Sie ist in Freiburg aufgewachsen, besuchte dort das Gymnasium und hat einen deutschen Schulabschluss. Längst hat sie eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für die Bundesrepublik. Die Befürchtung, es könnte eine Scheinehe geschlossen werden, um eben diese Aufenthaltsgenehmigung zu erschleichen, gibt es also nicht. Es spielt aber keine Rolle, wann sie nach Deutschland kam. Ausschlaggebend ist, dass sie einen Pass aus Togo besitzt.
Von der deutschen Botschaft in Lomé bekam das Paar ein Merkblatt zu den Unterlagen, die in Togo beschafft werden müssten. Der erste Satz ist entmutigend: "Die Botschaft Lomé hat feststellen müssen, dass die Voraussetzungen zur Legalisation von öffentlichen Urkunden aus Togo bis auf weiteres nicht gegeben sind..." Hoffnung keimt im zweiten Absatz auf: "Es gibt aber die Möglichkeit einer Überprüfung der Urkunden, falls dies eine Behörde in Deutschland für ihre Arbeit im Inland für notwendig hält."
Hohe Kosten Abgesehen von den hohen Kosten (Allein die Auslagen der Botschaft werden mit 245 Euro pauschal angesetzt) ist der "Aufgabenkatalog" entmutigend. Vom Fragebogen mit Angaben zu Verwandten und Schulbesuch über eine Kopie der togoischen Identitätskarte, die vor der Ausreise ausgestellt wurde, reicht die lange Liste bis zur Nennung von fünf Referenzpersonen, die durch einen togoischen Vertrauensanwalt aufgesucht und zur Person des Antragstellers befragt werden müssen (inklusive Wegeskizze zu deren Wohnung). Sollte man endlich diese Papiere in Händen halten, müsste ihre Echtheit noch über die Botschaft geprüft und bestätigt werden.
Keine guten Neuigkeiten, die Nicole Lindemann da für die Heiratswilligen hatte. Die kamen rasch auf eine Lösung: Heirat in Dänemark. Das nordische Nachbarland ist längst bekannt für seinen großzügigen Umgang mit Heiratswilligen. Im Internet gibt es unzählige Angebote, diese besondere "Hochzeitsreise" zu organisieren. Eines davon nahmen Tobija Geiger und Murielle Bah wahr. "Ich habe ihnen vorher schon gesagt, dass die in Dänemark geschlossene Ehe nicht bei uns ins Eheregister eingetragen werden kann", betont Nicole Lindemann. Paragraf 1309 BGB hört auch in diesem Fall nicht auf zu wirken.
Eintrag ins Eheregister nicht möglich Das sahen die Organisatoren der dänischen Ehe anders. Sie nannten Beispiele, von ganz ähnlichen Fällen, deren Trauschein aus Dänemark problemlos anerkannt worden sei. Allerdings sieht es die Rechtsaufsicht vor Ort nicht so. Die Anfrage aus dem Standesamt in Untersiemau, ob man da nicht einen gewissen Spielraum habe, um in diesem konkreten Fall die Eintragung in Eheregister zu ermöglichen, wurde strikt abgelehnt. Trägt ein deutscher Standesbeamter die Ehe ins Eheregister ein, begeht er ein Dienstvergehen. Dänemark genießt offenbar unter den anderen EU-Ländern in Ehe-Angelegenheiten den Ruf eines Schurkenstaates, der auf die Vorlage der erforderlichen Unterlagen weitgehend verzichtet.
Nun haben die beiden einen Trauschein. Und verblüffenderweise bestätigt Nicole Lindemann: "Die Ehe ist gültig." Das ist offenbar etwas anderes als "anerkannt". Denn ins Melderegister oder Eheregister eintragen darf Nicole Lindemann die beiden nicht. Dazu benötigte sie nach wie vor die Unterlagen, die erforderlich gewesen wären, wenn die Hochzeit in Untersiemau stattgefunden hätte.
Der Tipp: Einbürgerung Dabei hätte alles viel einfacher sein können. Murielle Bah dürfte wohl alle Voraussetzungen erfüllen, um eingebürgert zu werden. Sobald sie einen deutschen Pass hat, gilt für Murielle Bah bei der Hochzeit deutsches Recht. Der gesamte Aufwand in Togo entfällt. "Das habe ich den beiden von Anfang an geraten", sagt Nicole Lindemann.
Doch die jungen Leute haben die Nase voll. Sie wollen einfach nur, dass ihre in Dänemark geschlossene Ehe auch in Deutschland anerkannt wird. "Wir hatten keine Flitterwochen, wir sind nur von einem Amt zum anderen gerannt", seufzt Murielle Bah. Im Internet findet Tobija Geiger immer wieder Berichte von Paaren, deren Ehe unter ganz ähnlichen Umständen einfach anerkannt worden sei. In Berlin oder aus dem Würzburger Raum beispielsweise. Doch sollte dort ein Beamter gegen seine Vorschriften verstoßen haben, kann das für Nicole Lindemann kein Grund sein, dasselbe zu tun, da ist die Auskunft der Rechtsaufsicht in Coburg klar und streng.
An der Verzweiflung des jungen Untersiemauer Paares ändert das nichts. Ein Schicksal, das sie mit vielen teilen dürften. Auch das Bundesverwaltungsamt lässt nämlich keine Zweifel dran, dass in diesen Fällen stets deutschem Recht Genüge getan werden muss. Der Rat für Heiratswillige, die mit der "dänischen Lösung" liebäugeln, muss also lauten: Heiratet hier und macht Flitterwochen in Dänemark. Es spart Umstände.