Die Justiz muss sich noch weiter spezialisieren

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Der bayerische Justizminister Winfried Bausback zum Wahlkampfbesuch in Coburg. Carolin Herrmann
Der bayerische Justizminister Winfried Bausback zum Wahlkampfbesuch in Coburg. Carolin Herrmann
 
 
 
CSU-Direktkandidat Martin Mittag.
CSU-Direktkandidat Martin Mittag.
 

Die Coburger CSU hatte den bayerischen Justizminister Winfried Bausback zu Gast.

Wahlkampf zum Frühstückstermin: Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) traf im Nebenzimmer des Coburger Cafès Schubart auf einen Kreis von Interessierten und Angehörigen der Coburger Justiz. Bevor es zu allgemeineren gesellschaftlichen Themen kam, skizzierte der Minister die wesentlichen Strukturprozesse, deren sich das bayerische Justizsystem gegenwärtig zu widmen hat.

Die Situation der Justiz, die im Zentrum der Gesellschaft stehe, habe sich sehr verändert. In seiner nun fünfjährigen Amtszeit seien im Hinblick auf die deutliche gestiegene Belastung über 2000 neue Stellen geschaffen worden, 1400 in der Gerichtsbarkeit. "Entscheidungen in absehbarer Zeit sind für den Bürger sehr wichtig", so Bausback, erst Recht bei Jugendverfahren. "Wir sind deutschlandweit die schnellsten an den Amtsgerichten; Jugendverfahren sind im Durchschnitt in 2,1 Monaten abgeschlossen."

Die Justiz müsse mithalten können, da ja auch bei der Polizei mehr Stellen geschaffen wurden und damit mehr Fälle vor Gericht kommen. Bei der stärkeren Überwachung an den bayerischen Grenzen gehe es dabei nicht nur um die Flüchtlingsproblematik, sondern auch etwa um Drogen und Waffenhandel.

Die Gefahren der digitalen Welt zwingen zu verstärkter Spezialisierung. Seit 2015 seien in Bayern 30 Stellen für Fachleute im Bereich der Cyberkriminalität geschaffen worden. Zudem sei in seiner Wahrnehmung die extremistische Entwicklung generell gestiegen. "Ob wir es mit Reichsbürgern oder linksextremen Autonomen zu tun haben, die allesamt die Autorität des Staates nicht anerkennen, für ihre Verfolgung brauchen wir weitere Spezialkräfte."

In der Verwaltung sei zudem ein umfangreicher und schwieriger Digitalisierungsprozess zu bewältigen.

In der anschließenden Diskussion sprach CSU-Landtagskandidat Martin Mittag den Streit mit dem SPD-geführten Bundessozialministerium um die Anrechnung von bayerischen Sozialleistungen wie dem Landespflegegeld auf die Grundsicherung an. Bausback verteidigte das bayerische Vorgehen, das sehr wohl im Vorfeld mit den Bundesministerien abgestimmt gewesen sei. Angesichts der aktuellen Situation, dass die Hälfte aller Pflegefälle in den Familien bewältigt werde, was der Staat durch nichts ausgleichen könne, sei es dieser Streit aber wert, ausgefochten zu werden.

Zweitstimmenkandidat Michael Schulz wünschte sich mehr Gesetze "auf Probezeit", damit sie der immer schneller sich ändernden Lebensrealität nicht entgegenliefen. Er nannte die nicht funktionierende Mitpreisbremse und weitere kontraproduktive Regelungen zum Wohnungsmarkt.

Bausback verwies darauf, dass die "Normenbremse", bei der jedes Gesetz auf seine Auswirkungen auf andere Gesetze und Bereiche überprüft werden muss, dazu geführt habe, "dass wir eines der schlankesten Landesrechtssysteme haben". Vor weiteren Regelungen auf Zeit, Gesetzen mit so genannter "Sunset-Klausel", warnte er allerdings nachdrücklich. "Wir können nicht jede schwierige Diskussion alle fünf Jahre von vorne führen".

Einer Anregung aus dem Publikum, das Umgangsrecht für Großeltern gesetzlich zu regeln, zeigten sich Bausback wie Vertreter der Coburger Justiz gegenüber äußerst skeptisch. "Der Rechtsstaat kann nicht alles lösen; Recht muss handhabbar bleiben." Über die gegenwärtig ohnehin schon schwierige Regelung der Zweierkonstellation bei Scheidungsprozessen hinaus dann womöglich auch noch eine weitere Viererkonstellation der Großeltern zu regeln, sei hoffnungslos. Wobei es sehr wohl grundsätzliche Aussagen zum Kindeswohl in diesem Bereich gebe.

Auf die gegenwärtige "Missstimmung" in der Partei über das Verhalten von Bundesinnenminister Seehofer angesprochen, verwies Bausback auf Stil und Benehmen in den anderen Parteien.

Zur Person:

Winfried Bausback, geboren 1965 in Aschaffenburg, studierte Jura an der Universität Würzburg. Promoviert wurde er mit dem Thema "Verfassungsrechtliche Grenzen des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag". Seine Habilitation an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg erhielt er 2002. Dort wurde ihm die Lehrbefähigung für die Fächer Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht erteilt. Anschließend übernahm Bausback Vertretungsprofessuren an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Universität Bayreuth sowie Lehraufträge an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Seit 2007 ist Bausback Professor für öffentliches Recht an der Universität Wuppertal, insbesondere für europäisches und internationales Wirtschaftsrecht. Nach seiner Ernennung zum Minister wurde er dort beurlaubt. Seit 2008 gehört er dem bayerischen Landtag an. Im Oktober 2013 wurde er als Staatsminister der Justiz in das Kabinett Seehofer II berufen. Seit 2013 ist er stellvertretendes Mitglied des Bundesrates für den Freistaat Bayern und Schriftführer im Bundesrat.