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Coburgs Theaterherzog kehrt zurück


Autor: Jochen Berger

Coburg, Freitag, 18. Februar 2022

Wie Coburg und Meiningen die Musik von Herzog Ernst II. wieder lebendig werden lassen wollen. In der Landesbibliothek warten Notenschätze auf ihre Wiederentdeckung.
Büste von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha im Spielgelsaal des Landestheaters.Foto: Jochen Berger


In seinem Theater ist der einstige Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha bis heute stets präsent - zumindest sein Abbild. Im Spiegelsaal rechts neben dem Eingang zur ehemaligen herzoglichen Loge thront seine Büste. Jetzt aber gibt es die Hoffnung, dass der Theater-Herzog auch als komponierender Regent wieder beachtet wird - in Coburg, aber auch in Meiningen.

Denn an der Werra hat der seit Herbst amtierende neue Intendant Jens Neundorff von Enzberg die einst viel gespielte Oper "Santa Chiara" von Ernst II. als Neuinszenierung auf den Spielplan gesetzt. Am 18. Februar soll die Premiere stattfinden.

Daniel Carter plant mit Ernst II.

Doch nicht nur Meiningen hat Pläne mit Ernst II. - auch am Landestheater Coburg soll der einstige Regent wieder erklingen. "Eigentlich war ein sehr großes Stück von ihm für das Sinfoniekonzert in Februar geplant", sagt Coburgs neuer Generalmusikdirektor Daniel Carter. Inzwischen aber "mussten wir das Programm leider verschieben, da das Orchester mit den jetzigen Abständen nicht mehr auf der Bühne passt."

Ein Versprechen aber bleibt: Der Programm "Master oft he Queen"s Musick" soll "auf jeden Fall nachgeholt" werden, versichert Carter. Ausgesucht hat sich Carter dafür gemeinsam mit Musikdramaturgin Dorothee Harpain die Ouvertüre zur Oper "Zayre". Mehr noch: "Eine Oper von Ernst II. aufzuführen, kann ich mir sehr gut vorstellen", sagt Carter: "Ich habe schon Ausschnitte aus Santa Chiara für Klassik am Sonntag aufgenommen." Eine Einschränkung aber bliebe: "So ein Projekt müsste aber wahrscheinlich warten, bis wir die "Warteschleife" an Coronaproduktionen abgearbeitet haben."

An Material für Aufführungen mit Musik von Ernst II. fehlt es in Coburg jedenfalls nicht. "Wir haben in unseren Beständen sämtliche Opern von Ernst II. und viele weitere Stücke von ihm, aber auch Werke, die ihm gewidmet wurden", erklärt Silvia Pfister, die fast 20 Jahre Direktorin der Landesbibliothek war und Ende Januar in Ruhestand gegangen ist.

Besonders zu "Santa Chiara" sind die Bestände bemerkenswert reichhaltig: Neben der handschriftlichen Partitur gibt es gedruckte Klavierauszüge sowie Nachdrucke des Klavierauszugs. Hinzu kommen kistenweise Stimmenmaterial für Orchester und die Vokalsolisten.

Aus historischen Noten heute nutzbares Aufführungsmaterial zu machen, erfordert freilich beachtlichen Aufwand. Denn katalogisierte historische Noten aus dem Bestand der einstigen Schlossmusikalien oder der Theaterbibliothek landen nicht wieder auf den Notenpulten. Immerhin gibt es zu allen fünf Opern von Ernst II. bereits digitalisierte Kopien der Partituren und der Klavierauszüge, betont Pfister.

Schon der Blick auf eine kleine Auswahl der "Santa Chiara"-Notenschätze belegt, dass Coburgs Theater-Herzog in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Komponist vielfach aufgeführt wurde. Denn "Santa Chiara", 1854 unter Leitung von Franz Liszt in Gotha uraufgeführt, erlebte anschließend nicht nur mehr als 60 Vorstellungen an der Oper in Paris, sondern auch viele weitere Inszenierungen. Davon erzählen prachtvolle Theaterzettel beispielsweise aus Leipzig und Lübeck ebenso wie ein aufwendig gestaltetes Regiebuch mit Bühnenbildskizzen und Figurinen, die von einer Inszenierung im April 1858 am Théatre Royal de la Monnaie in Brüssel stammen.

Zahlreiche Widmungs-Kompositionen in Prachteinbänden sind ebenfalls in den reichhaltigen Musikalienbeständen der Landesbibliothek erhalten, erzählt Pfister. Widmungen an Ernst II. waren einst derart beliebt, dass der Herzog strenge Kriterien aufstellte, wer ihm ein Werk widmen durfte: "Längst nicht jede geplante Widmung wurde angenommen."

Rund um die Opern von Herzog Ernst II.

Ernst II. wurde am 21. Juni 1818 in Coburg geboren und starb am 23. August 1893 in Reinhardsbrunn bei Gotha. Er war Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha und der älteste Sohn von Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld und Prinzessin Luise von Sachsen-Gotha-Altenburg. Ernsts jüngerer Bruder war Prinz Albert, der spätere Gemahl der britischen Königin Victoria. Ernst II. pflegte intensiven Kontakt zu Musikern und komponierte selbst - unter Pseudonym - insgesamt fünf Opern, die in seinen Hoftheatern in Gotha und Coburg uraufgeführt, anschließend aber auch auf vielen anderen Bühnen aufgeführt wurden. Sein erfolgreichstes Werk wurde die romantische Oper Santa Chiara, die nach der Gothaer Uraufführung unter Franz Liszt im Jahr 1854 über die meisten großen deutschen Bühnen ging.

Premieren-Tipp "Santa Chiara" -

Romantische Oper in drei Aufzügen von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, Freitag, 18. Februar, 19.30 Uhr, Südthüringisches Staatstheater Meiningen; Regie: Hendrik Müller

Buch-Tipp Angelika Tasler: "Macht und Musik - Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha und und das Musiktheater im 19. Jahrhundert", 624 Seiten, 2017

Ein Interview zur Neuinszenierung der Oper "Santa Chiara" von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha finden Sie hier