Der "Runde Tisch Jugend" könnte mehr Mitstreiter vertragen. Haben die jungen Leute in Coburg keine Lust, sich zu engagieren, oder sind sie so zufrieden mit ihrer Stadt, dass sie nichts mehr verändern möchten? Wie die Stadt dieser Frage auf den Grund gehen will.
"Ist es notwendig, dass sich in Coburg was verändert? Für was würdest du dich in Coburg einsetzen?" Diese (und einige andere) Fragen sollen demnächst möglichst viele junge Leute ab etwa 14 Jahren in Coburg beantworten. Ziel ist es, dass sich mehr junge Leute in und für die Stadt engagieren.
Theoretisch könnten sich Coburger Jugendliche an manchen Stellen einbringen: Im Runden Tisch Jugend, zum Beispiel. Der wurde 2010 kräftig wiederbelebt, organisierte das Großschach für den Josiasgarten (Schlüssel für die Truhen mit den Figuren gibt's im Mehrgenerationenhaus) und den offenen Bücherschrank am Theaterplatz. Auch in den Jahren danach noch blieb der Runde Tisch aktiv, doch große Aktionen gab es nicht mehr, wie Uli Schmerbeck von der Kommunalen Jugendarbeit einräumt. Diese Abteilung des Amts für Jugend und Familie ist für die offenen Angebote der Jugendarbeit zuständig.
Jugendforum und Runder Tisch
Neben dem Runden Tisch Jugend erwuchs seit Sommer etwas Neues: Das Jugendforum wird von der "Partnerschaft für Demokratie Stadt und Landkreis Coburg" getragen. Der etwas sperrige Name steht für eine Einrichtung, die es in Deutschland noch nicht so häufig gibt, die aber vom Bundesministerium für Jugend und Familie kräftig gefördert wird. Deshalb steht dem Jugendforum auch Geld zur Verfügung, das auf Antrag hin für Projekte ausgegeben werden darf. Über die Verwendung von 5000 Euro können die Mitglieder des Jugendforums entscheiden, erläutert Franziska Bartl, die Geschäftsstellenleiterin der "Partnerschaft für Demokratie", die bei der VHS Coburg angesiedelt ist.
Praktisch läuft es ohnehin so, dass der Runde Tisch Jugend und das Jugendforum gemeinsam tagen, das nächste Mal am 27. Januar. Denn es sollen möglichst keine Doppelstrukturen aufgebaut werden, oder, wie es Uli Schmerbeck sagt: "Um nicht zwei Gremien zu haben." Faktisch scheint es eher so zu sein, dass keins der beiden Gremien unter einem großen Interessentenansturm zu leiden hätte.
Deshalb nun die Fragebogenaktion, die von einer Projektwerkstatt der Hochschule Coburg vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet wird. Studierende der Sozialen Arbeit, der Betriebswirtschaft und der Versicherungswirtschaft arbeiten in dieser Projektwerkstatt zwei Semester lang zusammen. Im ersten Teil ging es um die Theorie, nun um die Praxis einer wissenschaftlichen Datenerhebung.
Umfrage auf der Straße
Eine Befragung an den Schulen direkt sei an der Genehmigung durchs Ministerium gescheitert, sagt Uli Schmerbeck. Deshalb soll es ab dem 10. November auch Befragungen auf den Straßen in Schulnähe geben. Die Auswertung soll Anfang Dezember beginnen, zum Semesterende sollen Ergebnisse vorliegen, erläutert Professor Gerald Jose, der an der Hochschule die Projektwerkstatt betreut.
Schmerbeck und die Studierenden erhoffen sich Erkenntnisse darüber, für welche Themen sich junge Leute in Coburg interessieren und auch engagieren wollen. Das Potenzial müsste vorhanden sein, hofft Schmerbeck: Schließlich haben die Gymnasien Alexandrinum und Casimirianum gerade das Siegel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" erhalten, und das setzt entsprechendes Engagement seitens der Schüler voraus. Auch die Aktiven des Runden Tischs von 2010, wie Jonas Bedford-Strohm und Till Kellerhoff, hatten damals das Gymnasium Ernestinum zur "Schule gegen Rassismus" gemacht.
Ein anderes Thema sind die Formen, in denen die Mitsprache der Jugendlichen organisiert wird: Zum Runden Tisch oder zum Jugendforum kann jeder kommen, der sich dafür interessiert und der seinen Lebensmittelpunkt in Coburg hat. Lediglich beim Jugendforum gibt es eine Altersbeschränkung bis 27 Jahre. "Wir setzen erstmal noch auf die klassischen direkten Beteiligungsformen", sagt Franziska Bartl. "Wir sind ja erst im Aufbau. Aber mit den Jugendlichen zusammen könnte man überlegen, ob es andere Herangehensweisen gibt und was man dafür aufbauen sollte." Vorstellbar seien zum Beispiel Abstimmungen im Internet. Aber dafür müsste auch erst noch die Plattform geschaffen werden, gibt Bartl zu bedenken.