Coburger Schlachthof: Am Ende bleibt einfach nichts

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Der Coburger Schlachthof am Montagnachmittag. Foto: Simone Bastian
Der Coburger Schlachthof am Montagnachmittag. Foto: Simone Bastian
Marco Termin
Marco Termin
 

Vieles, das jetzt zur Schließung der Kuttelei des Coburger Betriebs führte, ist jahrelang nicht beanstandet worden, sagt deren Betreiber Marco Termin. Für ihn bedeutet der Verlust der Zulassung aber den Verlust seiner Existenzgrundlage.

Auslöser war eine Sendung des Bayerischen Rundfunks. Das Magazin "Quer" berichtete von einem angeblichen Fleischskandal um den Schlachthof in Coburg. Ein heimlich gedrehter Film zeigt Arbeiten in der Kuttelei. Angeblich wird dort Fleisch illegal zerlegt. Ein Auto wird verfolgt, aber verloren. Was es geladen hat, wo es hinfährt, bleibt ungewiss.

Der Skandal stützt sich auf Behauptungen von Zeugen, die unerkannt bleiben. Alles bleibt recht vage. Gewissheit ist allerdings für Marco Termin, dass er seine Existenzgrundlage verloren hat. Er war der Betreiber der Kuttelei, die inzwischen geschlossen wurde.

Was jetzt ausreicht, um Termin die weitere Tätigkeit in den von der Stadt gepachteten Räumen zu untersagen, die Schlösser auszutauschen und seitens der Regierung von Oberfranken die EU-Zulassung für den Betrieb von Marco Termin auszusetzen.
Das sind Mängel, die größtenteils schon sehr lange als solche hätten erkannt und abgestellt werden können. Doch gab es bisher keine Beanstandungen, wenn der seit Jahren laufende Betrieb kontrolliert wurde. Nicht von der Stadt und auch nicht von der Regierung von Oberfranken.

Ein Umstand, den Termins Rechtsanwalt Volker Albrecht mit Unverständnis zur Kenntnis nimmt. Zumal seinem Mandanten einerseits jede Tätigkeit in der Kuttelei untersagt wird, andererseits aber, so Albrecht in einem Schreiben an die Stadt Coburg: "...Sie es Mitarbeitern der Firma Dellert erlauben, die Kuttelei für Tätigkeiten zu nutzen, welche bisher unser Mandant dort ausgeführt hat. Dieses Unverständnis steigert sich darin, als dass Mitarbeiter der Firma Dellert nunmehr die oben bezeichneten Gerätschaften unseres Mandanten nutzen."

Rechtsanwalt Albrecht sieht darin den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und droht auch der Stadt mit Konsequenzen, sollte dies von ihr geduldet worden sein.

Kuttelei weiter genutzt

Inzwischen erhielt Volker Albrecht als Antwort von der Regierung von Oberfranken, dass es nötig gewesen sei, die Räume zu betreten, damit der Schlachtbetrieb aufrechterhalten werden kann. Daher seien städtische Mitarbeiter in den Räumen tätig gewesen. Die Geräte seien nicht benutzt worden. Inzwischen geht das auch nicht mehr. Auf Verlangen seines Rechtsanwalts wurden die Sachen an Marco Termin herausgegeben - und zeigen, wie er sagt, Verunreinigungen, die belegen, dass damit nach ihm noch jemand gearbeitet hat.

Neben baulichen Mängeln wie abblätterndem Deckenputz, einem fehlenden Fliegengitter und einem nicht funktionierenden Handwaschbecken, wird Marco Termin vorgeworfen, er habe nicht genügend gereinigt und desinfiziert. Außerdem habe er nicht gut genug sichergestellt, dass etwa nachts Dritte die Räume nutzen können.

Zum Verständnis: Bei der Schlachtung von Rindern fallen Pansen und Därme direkt in die Kuttelei. Dort werden sie von ihrem Inhalt befreit und gereinigt. Ein Umfeld aus Kot, Mageninhalt, Fett und Innereien, das nicht gerade den Gedanken an lebensmittelhygienische Umgebung aufkommen lässt. Eine Arbeit auch, die nicht viele übernehmen wollen. Marco Termin sagt heute stolz: "Mich kannten sie überall und wussten, dass ich allein hier die Arbeit mache, die anderswo fünf oder sechs Arbeiter machen." Jetzt kennt man ihn immer noch in den Schlachthöfen der Region. Aber wo er früher als "Pansenkönig" begrüßt wurde, macht man heute einen Bogen um ihn. Und so ungeliebt die Arbeit am untersten Ende der Fleischverarbeitungskette auch ist: "Ich könnte froh sein, wenn mir einer ein Schnupperpraktikum anbieten würde."

Neue Auflagen

Dabei findet auch das, was aus der Kuttelei kommt, Abnehmer. So etwa die "Knochen- und Fettunion" (KFU), die auf ihrer Homepage erklärt: "...produziert die Knochen- und Fettunion (KFU) Proteinmehle und Fette aus tierischen Nebenprodukten der sogenannten Kategorie 3, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Dazu gehören etwa Knochen, Innereien wie Herz, Lunge und Leber, aber auch Schwänze oder Restabschnitte. Die europäische Verordnung 1069/1009 stuft diese Nebenprodukte als für den menschlichen Verzehr unbedenklich ein. Sie werden aber beispielsweise aus kommerziellen Gründen nicht für die Herstellung von Lebensmitteln verwendet."

Damit in der Kuttelei des Coburger Schlachthofs in Zukunft wieder tierische Nebenprodukte für eine weitere Verarbeitung aufbereitet werden können, müssten Auflagen erfüllt werden, die jetzt seitens der Regierung von Oberfranken verlangt werden. Alle festgestellten baulichen Mängel müssten behoben werden. Verlangt werden ein Raumnutzungskonzept, eine Verfahrensbeschreibung, ein Entsorgungskonzept zu tierischen Nebenprodukten, ein Eigenkontrollkonzept, Personalliste und Personalschulungskonzept und ein Management zur Absicherung der Räume. Es müsste aber auch umgebaut werden, denn eine zeitlich vom Schlachtbetrieb getrennte Auslieferung von Materialien aus der Kuttelei über den Schlachthofbereich wird nun nicht mehr akzeptiert. Es müsste vielmehr ein eigener Auslieferungsbereich für die Kuttelei geschaffen werden.

Dass die Stadt hier investiert, bezweifelt nicht nur Marco Termin. In der Stadt gab es schon vor dem angeblichen Skandal Gespräche über eine Schließung des Schlachthofes.