Coburg und der Wettlauf ums Gründerzentrum

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"Gbf" stand früher für Güterbahnhof. In Zukunft könnten die drei Buchstaben für Gründerbahnhof stehen - zumindest in Coburg, und wenn die Stadt mit ihrer Bewerbung ums digitale Gründerzentrum Erfolg hat. Foto: Simone Bastian
"Gbf" stand früher für Güterbahnhof. In Zukunft könnten die drei Buchstaben für Gründerbahnhof stehen - zumindest in Coburg, und wenn die Stadt mit ihrer Bewerbung ums digitale Gründerzentrum Erfolg hat. Foto: Simone Bastian
Stephan Horn
Stephan Horn
 

Der Freistaat will in allen bayerischen Regierungsbezirken digitale Gründerzentren einrichten. Doch in Oberfranken herrscht Verwirrung: Haben andere Städte neben Bamberg überhaupt noch eine Chance?

Bamberg habe gute Aussichten, den Zuschlag fürs digitale Gründerzentrum zu erhalten: Mit dieser Botschaft kehrte der Ältestenrat des Bamberger Stadtrats am 17. November von einem Besuch in München zurück. Dort hatten die Bamberger Kommunalpolitiker dem Kabinett einige Zugeständnisse abgerungen - als Ausgleich dafür, dass in einer ehemaligen Kaserne der US-Armee nun bis zu 4500 Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden.


Was die Bamberger freute, wurde in Hof und Coburg mit gehobener Augenbraue wahrgenommen. Dass es in jedem bayerischen Regierungsbezirk ein digitales Gründerzentrum geben soll, hatte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im Frühjahr verkündet. Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) schickte noch im Mai eine Interessensbekundung nach München.
Die Stadt Hof ging noch weiter und erarbeitete gleich Bewerbungsunterlagen, die Ministerpräsident Seehofer in Steinbach am Wald überreicht wurde.


Auch in Coburg hatte man die Ankündigung der digitalen Gründerzentren mit großem Interesse vernommen. "Ich dachte mir: Das passt doch gut in den Schlachthof", berichtet Stephan Horn, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Wifög). In Coburg wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet; die Federführung lag bei der Wifög. Eingebunden waren Institutionen wie die Hochschule und die IHK, sagt Horn. Die Arbeitsgruppe traf sich Ende Juli und ein weiteres Mal im Oktober, um ein Konzept für ein digitales Gründerzentrum zu erarbeiten.


Bamberg handelt's aus

Doch dann kam die große Politik ins Spiel: Im August vereinbarten Freistaat und die Stadt Bamberg, das Aufnahmezentrum für Asylbewerber aus dem Balkan mit 1500 Plätzen in der ehemaligen US-Kaserne unterzubringen. Schon damals hatte die Stadt Bamberg um die Zusage fürs Gründerzentrum gebeten. Das wurde erneuert und quasi zur Bedingung gemacht, als es im November darum ging, die Zahl der Plätze im Balkanzentrum auf 4500 aufzustocken.


Coburg will "eine gute Bewerbung abgeben"


Nun hat Bamberg die Zusage, dass sich der Freistaat mit großem Nachdruck dafür einsetzen wird, dass Bamberg ein solches Gründerzentrum bekommt. Derweil warten die Coburger immer noch auf die Ausschreibungsrichtlinien, wie Stephan Horn sagt. "Wir werden eine gute Bewerbung abgeben!"


Die Richtlinien seien inzwischen beschlossen, heißt es aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium. An der Ausschreibung können demzufolge insbesondere Kommunen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen teilnehmen. Die genauen Teilnahmebedingungen werden heute, Donnerstag, auf der Website des Bayerischen Wirtschaftsministeriums veröffentlicht. Die Bewerbungsphase erstrecke sich bis in die erste Jahreshälfte 2016; am Ende entscheide eine unabhängige Jury, wer den Zuschlag bekommt, betont ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Wichtig seien eine unterstützungsbereite Kommune, Liegenschaften und eine Hochschule. Zusagen, dass Bamberg auf jeden Fall den Zuschlag erhalten werde, gebe es nicht und könne es auch nicht geben.


Inzwischen ist in den Städten Coburg und Bamberg Streit ums Gründerzentrum ausgebrochen. Nicht zwischen diesen Städten, sondern vor Ort untereinander. In Bamberg wurde dem Präsidenten der IHK Oberfranken, Heribert Trunk, vorgeworfen, er habe sich für das digitale Gründerzentrum in Hof stark gemacht, obwohl er selbst in Bamberg lebt und dort Vorsitzender des Wirtschaftsbeirats werden will. Trunk konterte damit, dass Oberfranken die Chance haben, zwei solche Gründerzentren zu bekommen - Bamberg und eben auch Hof.


Horn contra Pötzl

Aber Coburg will und soll ja auch, wie der hiesige IHK-Präsident Friedrich Herdan betont: "Die Stadt sollte unbedingt um die Ansiedlung eines digitalen Gründerzentrums bewerben: Es wäre ein Standortfaktor mit außerordentlichem Zukunftspotenzial." Das sagt auch der Präsident der Hochschule Coburg, Michael Pötzl, der den ehemaligen Güterbahnhof für den geeigneten Standort hält. Aber der Zug zum Gründerzentrum sei schon fast abgefahren; Coburg sei zu spät dran. "Man darf sich nicht darüber beklagen, dass andere offensichtlich flinker sind", lässt sich Pötzl zitieren.
Dass die Hochschule in eine entsprechende Arbeitsgruppe eingebunden war, davon will er nichts wissen. Das wiederum ärgert Stephan Horn, der wegen dieser Arbeitsgruppe mehrfach mit Pötzl telefoniert habe, wie er sagt. Er, Horn, habe auch vorgeschlagen, dass die Technolgieallianz Oberfranken (TAO) sich um das digitale Gründerzentrum bemühen solle. In der TAO sind die Hochschulen und Universitäten in Bamberg, Bayreuth, Coburg und Hof zusammengeschlossen. Ergebnis hätte ein gemeinsames Gründerzentrum mit vier spezialisierten Außenstandorten in den genannten Städten werden können. Doch diese Idee sei im Herbst verworfen worden, sagt Horn.


Chance auf zwei?

Wenn es beim Ausschreibungsverfahren bleibt, hat Coburg immerhin noch Chancen. Von Bamberg liege bislang nur eine Interessensbekundung vor, von Hof ein Konzept, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Und überhaupt: Geplant sei, "in jedem Regierungsbezirk mindestens ein digitales Gründerzentrum" zu schaffen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Heißt: Es wären auch zwei möglich, zumal, wenn eine Stadt schon eine Zusage hat.
Und wenn Coburg den Zuschlag nicht erhält? "Wir werden auf dem Güterbahnhof eine Entwicklung erleben, unabhängig vom digitalen Gründerzentrum", versichert Stephan Horn.