Coburg: Pflegeeltern für ukrainische Waisenkinder gesucht - "wissen nicht, was auf uns zukommt"
Autor: Isabel Schaffner
Coburg, Montag, 04. April 2022
Das Jugendamt der Stadt Coburg sucht derzeit Pflegeeltern für unbegleitete Waisenkinder aus der Ukraine. Ähnlich zur Flüchtlingswelle 2015 ist die Aufnahme mit besonderen Herausforderungen und auch viel Ungewissheit verbunden.
- Coburg: Pflegeeltern für unbegleitete ukrainische Kinder und Jugendliche gesucht
- Bewerbungsprozess besteht aus mehreren Schritten
- Jugendamt will vorbereitet sein: "Wir brauchen Vorlauf"
- Welche Aufgaben Pflegefamilien vor allem übernehmen sollen
Auf verschiedenen Kanälen sucht die Stadt Coburg momentan nach Menschen, die vorübergehend unbegleitete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bei sich aufnehmen möchten. Das Jugendamt orientiert sich an der Flüchtlingswelle 2015, bei der Menschen aus Afghanistan und Syrien ein Obdach suchten. Auch jetzt würden freiwillige Familien auf schwer belastete Kinder und Jugendliche treffen, doch Barbara Weiß vom Fachbereich Pflegekinder macht im Gespräch mit inFranken.de deutlich, dass von Pflegeeltern nicht alles erwartet werden kann.
Coburger Jugendamt will sich vorbereiten - potenzielle Pflegeeltern müssen detaillierte Informationen liefern
Die Stadt Coburg hat sich in den vergangenen Wochen dafür engagiert, Menschen zu finden, die ihre Wohnungen für Kriegsflüchtlinge bereitstellen. Nachdem bereits Erwachsene mit Kindern Coburg erreicht hätten, seien noch keine unbegleiteten Kinder und Jugendliche aus der Ukraine angekommen, bestätigt Weiß. Das Jugendamt sehe sich mit vielen Fragezeichen konfrontiert. "Ich kann nicht gewährleisten, dass überhaupt Kinder kommen und diese Familien belegt werden. Alles ist offen. Aber wir brauchen ja etwas Vorlauf", erklärt Weiß, die ausschließlich für Pflegeeltern aus Coburg zuständig sei.
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Erst ein bis drei Tage vor Ankunft der Flüchtlinge bekäme das Jugendamt Bescheid. In solch einer Situation sollten bestenfalls Familien bereitstehen. Bisher gebe es auch schon Interessenten. "Die Hilfsbereitschaft in Coburg ist sehr, sehr groß." Interessenten würden zunächst zu einem Informationsgespräch eingeladen. Hier würden sie über das Thema Pflege und "was auf sie zukommen könnte" aufgeklärt. Des Weiteren sei ein Basisfragebogen und ein speziell entwickelter Fragebogen auszufüllen.
Interessenten müssten ein erweitertes Führungszeugnis, Einkommensunterlagen, eine Hausarztbestätigung und einen Lebensbericht abgeben. Dieser solle die eigene Biografie kurz zusammenfassen. "Mit diesen Unterlagen haben wir schon ein gewisses Bild von der Familie und wenn wir noch Fragen haben, laden wir sie erneut ein", fügt Weiß hinzu. Andernfalls käme es gleich zum Hausbesuch.
Kinder brauchen vor allem Schutz: Pflegeeltern "können therapeutische Bedarfe nicht leisten"
Sich um traumatisierte Kinder zu kümmern, sei durchaus keine leichte Aufgabe, stimmt Weiß zu. Doch in erster Linie ginge es darum, den Flüchtlingen eine Unterkunft zu bieten, in der sie zur Ruhe kommen könnten. "Die Pflegeeltern können therapeutische Bedarfe nicht leisten". Hierfür seien ausgebildete Personen zuständig. Während der Vollzeitpflege stünden der Familie regelmäßige Hilfeferngespräche mit dem Jugendamt zu und auch mit Hausbesuchen müsse sie rechnen.
Eine Schwierigkeit für vorübergehenden Eltern sei natürlich auch die Sprachbarriere. Dolmetscher würden daher eingesetzt, um bestmöglich über die Hintergründe der Kinder aufzuklären. Bis etwa zum 15. Lebensjahr würden unbegleitete Kinder einer "familiennahen" Pflege zugeteilt. Ab dem 16. Lebensjahr könnten Wohngruppen zum Einsatz kommen. Es komme allerdings auf den Einzelfall an.