Coburg: Conventler tricksen Stadt aus - Rede zum Fackelzug macht fassungslos
Autor: Daniel Krüger
Coburg, Mittwoch, 08. Juni 2022
Der Pfingstkongress des Coburger Convents über das verlängerte Wochenende polarisierte vor allem wegen des Fackelzugs. Weil der Zugang zum Rathaus-Balkon verwehrt blieb, griffen die Burschenschaftler zu einem Trick.
- Coburger Convent: Burschenschaftler dürfen für Feierrede nicht auf Rathaus-Balkon
- "Falsches Symbol in dieser Stadt": Fackelzug erinnere an Nazi-Aufmärsche
- "Wer eins und eins zusammenzählen kann": Convent nutzt Trick für Marktplatz-Rede
- Grüne Jugend bezeichnet Aktion als "Farce"
Der Fackelzug am Pfingstmontag ist für die Mitglieder des Coburger Convents (CC) das traditionelle Highlight ihres Pfingstkongresses, andere fühlen sich dadurch an die dunkle Nazi-Zeit erinnert. Auch der Coburger Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) ist kein Freund des Marsches durch die Innenstadt, der traditionell mit einer Rede vom Rathaus-Balkon endet. Deshalb hatte die Stadtverwaltung dem Convent den Balkon dieses Jahr zum ersten Mal nicht zur Verfügung gestellt. Doch die Burschenschaftler griffen zu einem spektakulären Trick.
Unscheinbares Rednerpult fährt in die Höhe - Convent-Trick überrascht Besucher
Bis zum Beginn der Rede stand nur ein unscheinbares Rednerpult vor dem Coburger Rathaus. Doch dann hob sich das Konstrukt in die Lüfte. "Es war für alle Besucher eine freudige Überraschung", sagt Martin Vaupel, Sprecher des Convents, mit vergnügter Stimme angesichts der aus Sicht der Verbindungen gelungenen Aktion. "Die Hebebühne war am Ende etwas höher als der Rathaus-Balkon selber."
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Für Vaupel war sei schon im Vorfeld klar gewesen, dass der Convent auf die fehlende Nutzungserlaubnis des Balkons für die Rede reagieren würde. Es sei allerdings keine grundsätzlich abgesprochene Aktion gewesen. "Ich kann nicht in die Leute hineingucken, die sich das ausgedacht haben. Wer aber eins und eins zusammenzählen kann, der weiß, dass wir beim Convent von oben auf die Menschen sprechen wollen - und dafür benötigt es eine Position in gewisser Höhe", sagt Vaupel.
"Der Coburger Bürger versteht es doch auch nicht, warum man erst beim Empfang auf den Balkon geht und dann für eine andere Veranstaltung nicht auf den Balkon darf", sagt er. Dass dies gerade mit dem Fackelzug in Verbindung steht, will er nicht gelten lassen. "Es gibt eine Menge Dinge, die sich die Nazis angeeignet haben, sie haben sich auch gewaschen und Straßen gebaut", so der Convent-Sprecher. Dass Coburg als erste NSDAP-Hochburg Deutschlands galt, mache "den Massenmord nicht besser".
"Azubi": Äußerung von Convent-Mitglied zu OB macht Grüne Jugend fassungslos
Ganz anders sieht das Tom Lauser, Sprecher der Grünen Jugend Coburg, die am Montag eine Gegendemonstration organisiert hatte. Aus Sicht der Jugendorganisation erinnert der Fackelumzug "stark an Fackelzüge aus dem Nationalsozialismus". Die Hebebühnen-Aktion des Convents bezeichnet Lauser als "einzige Farce".
Der "Zirkus" habe nach Corona "wieder genau wie in alter Form stattgefunden", kritisiert er. Er sei jedoch zufrieden mit den Gegenprotesten. "Bei den mehreren Kundgebungen waren nach unserer Schätzung 300 Menschen vor Ort, das sind deutlich mehr als früher." Auch, dass dem Convent der Rathaus-Balkon für die Feierrede nicht überlassen wurde, begrüßt der Kommunalpolitiker. "Immerhin ist was passiert und man hat dem etwas entgegengesetzt", sagt Lauser.