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Coburg: Brose-Beschäftigte mit mangelnder Motivation? Autozulieferer beklagt "bedauerliches Missverständnis"


Autor: Ralf Welz

Coburg, Montag, 17. April 2023

Der fränkische Autozulieferer Brose hat mit einer Äußerung mächtig für Wirbel gesorgt. Fehlt es den Mitarbeitern an Motivation? Das Unternehmen spricht von einem "bedauerlichen Missverständnis".
Brose hat von seinen Beschäftigten eine "deutlich überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit" eingefordert. Die Lage des fränkischen Autozulieferers ist angespannt. Die größte Einzelinvestition im Jahr 2022 war eine Montageanlage elektrischer Kältemittelverdichter in Würzburg (Foto) für Mercedes-Benz.


  • Coburg: Brose macht Probleme publik - Autozulieferer schildert angespannte Lage
  • "Ungenügende Rendite" lässt Eigenfinanzierung nicht mehr zu - Kredite "in beachtlichem Ausmaß"
  • Mitarbeiter offenbar unzufrieden - Unternehmen beklagt "außerordentlich hohe Fluktuation"
  • Mangelnde Motivation beim Personal? Brose sieht "bedauerliches Missverständnis"

Die fränkischen Autozulieferer haben seit Längerem schwer zu kämpfen. Lieferengpässe, massive Kostenanstiege und die Energiekrise stellen die Betriebe vor große Herausforderungen. Der angeschlagene Kabelspezialist Leoni mit Sitz in Nürnberg rechnet für das vergangene Geschäftsjahr mit Wertberichtigungen im hohen dreistelligen Millionenbereich. Auch beim Coburger Automobilzulieferer Brose brodelt es offenkundig gewaltig - in einem Punkt fühlt sich das Unternehmen allerdings gravierend missverstanden, wie ein Sprecher jetzt gegenüber inFranken.de betont.

Coburg: Autozulieferer Brose sorgt mit Aussage über Mitarbeiter für Irritation - Personal unmotiviert?

In einer aktuellen Pressemitteilung räumt der oberfränkische Familienkonzern gleich mehrere Probleme ein. Nach mehreren Jahren der Stagnation sei zwar der Umsatz - vor allem durch die Konsolidierung des Joint Ventures von Brose mit der Volkswagen-Tochter Sitech - auf 7,5 Milliarden Euro angewachsen. Allerdings lägen die Umsatz- und Kapitalrendite mit 1,1 beziehungsweise 1,7 Prozent "auf einem absolut unbefriedigenden Niveau", so Brose wörtlich. "Die ungenügende Rendite lässt die Eigenfinanzierung des Familienunternehmens erstmals nicht mehr zu", heißt es.

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Mit weitreichenden Folgen: "Deshalb mussten Bankkredite in beachtlichem Ausmaß aufgenommen werden", berichtet der Autozulieferer, der unter anderem auch Standorte in Bamberg und Würzburg hat. Die Eigenkapitalquote liege gleichwohl über 50 Prozent. Auch die Warenbewegung hält Brose augenfällig gehörig auf Trab. Dem Unternehmen zufolge führten Probleme in der Logistik zu einem durchschnittlichen Lagerbestand von 32 Arbeitstagen, "wobei ein Tag rund 20 Millionen Euro Liquidität bindet". Auch die Stimmung unter den Brose-Beschäftigten lässt bei den Verantwortlichen anscheinend die Alarmglocken schrillen.

"Sorgen bereitet Gesellschaftern, Beirat und Geschäftsführung außerdem die Motivation der inzwischen auf über 31.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsenen Belegschaft", heißt es in der am vergangenen Freitagabend (14. April 2023) veröffentlichten Mitteilung. Sie mache sich demnach durch "eine außerordentlich hohe Fluktuation" bemerkbar. Wirft Brose seinen Angestellten eine mangelnde Arbeitseinstellung vor? Mehrere Medien hatten die in der Pressemitteilung getätigte Wortwahl so interpretiert. Der Autozulieferer selbst sieht seine Aussage dagegen falsch ausgelegt.

Brose-Sprecher bezieht Stellung: "Kein Vorwurf an Belegschaft, sondern Auftrag an Geschäftsführung"

Brose-Pressesprecher Christian Hößbacher-Blum spricht im Gespräch mit inFranken.de am Montagnachmittag (17. April 2023) von einem "bedauerlichen Missverständnis". Das Statement sei teils verkehrt interpretiert worden. "Es handelt sich um keinen Vorwurf an die Belegschaft, dass ihre Motivation zu gering ist", stellt der Sprecher klar. Mit Blick auf die allgemeine Gemütslage der Mitarbeiter sieht das Unternehmen demnach die Chefetage am Zug. "Die Geschäftsführung hat den Auftrag erhalten, die Motivation zu erhöhen", sagt Hößbacher-Blum. 

Brose betriebt laut eigenen Angaben gegenwärtig 69 Standorte in 25 Ländern. "Viele Beschäftigte wünschen sich zu Recht wieder die persönliche, unbürokratische und pragmatische Arbeitsweise eines Familienunternehmens", hält der Automobilzulieferer in seiner Mitteilung vom Freitag fest. Mit Blick auf die gezahlten Löhne heben die Verantwortlichen zugleich ihr eigenes Entgegenkommen hervor. Obwohl Brose an den deutschen Standorten seit vier Jahren kein positives Ergebnis erwirtschaftet habe und an den großen Standorten Coburg und Bamberg nicht tarifgebunden sei, sei der Abschluss der Metallindustrie in vollem Umfang übernommen worden. 

Mit Blick auf die Standortstrategie nimmt das Coburger Familienunternehmen augenfällig auch seine Mitarbeiter in die Pflicht. Im Gegensatz zu Wettbewerbern beschäftige die Brose-Gruppe fast ein Drittel der Gesamtbelegschaft an deutschen Standorten. "Eine Kompensation der damit verbundenen Kostennachteile kann nur durch eine deutlich überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit erreicht werden", betont der fränkische Zulieferer. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollen Entscheidungsabläufe und Aufbauorganisation künftig "deutlich" verschlankt werden. Gesellschafter und Beirat hätten die Geschäftsführung dazu entsprechend aufgefordert.

Brose-Geschäftsführung erwartet Stabilisierung - 422 Millionen Euro Investitionen genehmigt

Brose berichtet in seiner Pressemitteilung wörtlich von einer "unbefriedigenden Ertragssituation". Zu deren Verbesserung müssten nicht nur die Kosten in Produktion, Logistik und Administration gesenkt werden, sondern bei Akquisitionen mehr als bisher auf die Rendite geachtet und unrentable Geschäfte beendet werden. Laut Firmenangaben seien sich Gesellschafter, Beirat und Geschäftsführung in diesem Punkt einig. Von einem möglichen Personalabbau ist in der Pressemitteilung indes nicht die Rede. 

Im vergangenen Herbst hatte der Autozulieferer angekündigt, seinen Standort in Bamberg erheblich ausbauen zu wollen. Das Unternehmen sprach von einer Verdoppelung seiner Kapazitäten. Durch die massive Erweiterung sollen mehr als 600 neue Arbeitsplätze entstehen.

Im laufenden Jahr erwartet die Brose-Geschäftsführung einen Gruppenumsatz von 8,6 Milliarden Euro und eine Stabilisierung der weltweiten Fahrzeugnachfrage. Nach Investitionen von 332 Millionen Euro im Jahr 2022 genehmigten Gesellschafter und der Beirat für das laufende Geschäftsjahr Investitionen in Höhe von 422 Millionen Euro. "Damit werden weitere Kapazitäten in Produktion und Verwaltung im europäischen Ausland, in China, Nordamerika und Deutschland geschaffen", hält der Coburger Autozulieferer Brose in seiner Mitteilung vom vergangenen Freitag abschließend fest.