Welche manchmal nicht nachvollziehbaren Wirkungen die Entscheidungen der Parlamente in der Praxis haben, erklärten Bauern, Politikern bei der Schlachtschüssel.
"Das ist das Ende der Landwirtschaft bei uns", wetterte Bauernverbands-Kreisobmann Gerhard Ehrlich zum Auftakt der politischen Schlachtschüssel am Rosenmontag. Traditionell ein Anlass, bei dem die Landwirte ihren Abgeordneten mit auf den Weg geben, wo sie der Schuh drückt. Mit dem Hof von Wolfgang Schultheiß in Gossenberg stand diesmal ein Milchviehbetrieb als Beispiel eines Betroffenen zur Verfügung.
Was Gerhard Ehrlich empört, versuchte er dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach und der SPD-Landtagsabgeordneten Susann Biedefeld deutlich zu machen. Gerade haben viele Landwirte in neue Ställe investiert, in denen wie bei der Familie Schultheiß die Kühe auf einem Spaltenboden stehen, da kommt die EU mit neuen Überlegungen. Rinder sollen demnach künftig wieder auf Stroh liegen, Schweine sich grundsätzlich frei im Stall bewegen dürfen.
"Wer soll denn die Ställe dann ausmisten?", fragte Ehrlich mit Blick auf den Schultheiß-Betrieb mit aktuell rund 220 Tieren. Das werde dann wohl die Arbeit für die ältere Generation auf dem Hof, warnt er. Das "Ende der Landwirtschaft", fürchtet er, weil er weiß, dass viele Betriebe nicht in neue Ställe investieren sondern lieber aufgeben werden.
Bei Wolfgang Schultheiß ist die Hofnachfolge gesichert. Sohn Sebastian ist gerade in der Ausbildung. Ein weiterer Auszubildender stockt die Zahl der Arbeitskräfte auf. Was jetzt vier Kräfte bewältigen, müsste auf acht Köpfe verteilt werden, wolle man auf die Arbeitsstunden kommen, die in Industriebetrieben gelten, rechnete Schultheiß vor. Eine Arbeitsbelastung, die den Beruf nicht unbedingt attraktiver macht.
Ein Anliegen war es dem Landwirt, Vorurteilen entgegenzutreten, Tierfutter komme überwiegend aus dem Ausland.
Silomais, Körnermais und Rabs für Rabskuchen kommt bei ihm aus dem eigenen Anbau auf den Futtertisch. Die Zuckerschnitzel kommen aus Unterfranken.
Dass die Zahl der Betriebe stetig sinkt, bereitet der Politik Sorgen. Das bestätigten Michelbach und Biedefeld gleichermaßen - auch wenn beide unterschiedliche Auffassungen davon haben, wie dem mit Mitteln der Agrarpolitik gegengesteuert werden kann. Die SPD-Abgeordnete hatte Zahlen dabei. Demnach blieben von 153 000 landwirtschaftlichen Betrieben 1988 bis heute noch 113 000 übrig. Der Trend setze sich fort. Ein Strukturwandel, dem vor allem kleine und kleinste Betriebe zum Opfer fallen.
Rentabilität sei nur noch mit immer größeren Betrieben zu erreichen.
Ausbildungsangebote wie Landwirtschaftsschulen in der Fläche, statt zentralisiert, und teilweise Befreiung von Bürokratie wie dem Mehrfachantrag für Kleinbetriebe (bis 15 Hektar) könnten helfen, meint Biedefeld. Diese Betriebe fänden auch mehr Akzeptanz in der Bevölkerung: "Ich behaupte einfach, die Verbraucher wollen keine Agrarfabriken." Ein Satz, der zu Diskussionen darüber führte, was als Massentierhaltung gelten müsse, was nicht. Biedefelds Gedanke, es gebe mehr Tierschützer als Bauern, fiel bei Gerhard Ehrlich auf fruchtbaren Boden: "Natürlich gibt es mehr Tierschützer als Bauern, wir gehören ja schließlich alle dazu!"
Offenbar abgewendet wurde eine Regelung zur Ausbringung von Gülle, nach der die Betriebe Kapazität zur Lagerung über neun Monate hätten schaffen müssen. Der Zeitraum für die erlaubte Ausbringung wäre (vor allem im Herbst) stark reduziert worden.
"Wir müssen doch den auf dem Hof erzeugten Stickstoff an die Pflanzen bringen können", schimpfte stellvertretender BBV-Kreisobmann Martin Flohrschütz. Schließlich brauche auch die Herbstsaat Stickstoff.
Auch in Sachen Baurecht hatte Hans Michelbach gute Nachrichten für die Landwirte. Die Novellierung des Baugesetzbuches sehe auch weiterhin eine Privilegierung landwirtschaftlicher Vorhaben vor. Er sieht auch die im Haushalt der EU eingestellten Mittel zur Agrarförderung in Höhe von 373 Milliarden Euro für die Jahre 2014 bis 2020 als Erfolg. Sie hätten nämlich ursprünglich stark gekürzt werden sollen. Er selbst steht zu den Zahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe: "Wer sagt, es braucht keine Direkthilfen, der hat von Agrarpolitik keine Ahnung." Einig waren sich beide Politiker, dass die Information von den Betroffenen für ihre Arbeit in den Parlamenten von großem Wert ist.