Bassist Michael Lion: Spezialist für Barone im besten Alter

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Vielseitiger Sänger und Darsteller: Michael Lion (hier bei seinem Wagner-Soloabend im Februar) singt den Baron Ochs von Lerchenau im "Rosenkavalier". Foto: Jochen Berger
Vielseitiger Sänger und Darsteller: Michael Lion (hier bei seinem Wagner-Soloabend im Februar) singt den Baron Ochs von Lerchenau im "Rosenkavalier". Foto: Jochen Berger
Michael Lion als Konmzertsänger im LandestheaterFoto: Jochen Berger
Michael Lion als Konmzertsänger im LandestheaterFoto: Jochen Berger
 
Michael Lion als Konmzertsänger im LandestheaterFoto: Jochen Berger
Michael Lion als Konmzertsänger im LandestheaterFoto: Jochen Berger
 

In der Neuinszenierung des "Rosenkavalier" gibt Michael Lion sein Rollendebüt als Baron Ochs. Was ihn an dieser Figur reizt, verrät er im Gespräch.

In dieser Saison ist der Bassist Michael Lion am Landestheater der Spezialist für die alternden Lebemänner - als Falstaff in den "Lustigen Weibern von Windsor" und als Baron Ochs auf Lerchenau im "Rosenkavalier". Am Sonntag feiert "Der Rosenkavalier" Premiere am Landestheater Coburg. Regie führt Jakob Peters-Messer, am Dirigentenpult steht Generalmusikdirektor Roland Kluttig.

Was verbindet diese beiden Figuren, was unterscheidet sie?
Michael Lion: Spezialist für alternde Lebemänner klingt ja auf den ersten Blick nicht sehr ermunternd. Aber es stimmt schon. In der letzten Zeit habe ich schon einige Barone gesungen, die die besten Jahre bereits hinter sich haben. Und es macht allemal sehr viel Spaß, diese Figuren darzustellen. Dazu zählt ja auch der Baron Weps. Der IQ der dargestellten Figuren stieg ja auch von Mal zu Mal.
Falstaff und Ochs verbindet natürlich in erster Linie die große Affinität zu Frauen. Und beide trauen sich, ihr Leben ohne jede Rücksicht auf Konventionen zu leben, was ihnen unabhängig von Sympathie oder Antipathie einigen Respekt einbringt. Und auch den Neid derer, die sich das eben nicht trauen. Beide verbindet auch eine ziemlich maßlose Selbstüberschätzung, vor allem, was die Wirkung auf Frauen betrifft. Wobei der Ochs vermutlich auf wesentlich mehr positive Erfahrungen zurückgreifen kann als Falstaff. Er ist auch gewitzter. Selbst die Marschallin beschreibt ihn ja als "blitzgescheiter Lump". Das wäre bei Falstaff wohl etwas übertrieben. Der Ochs hat bei aller Plumpheit eine wesentlich stärker ausgeprägte charmante Seite.

Wer ist Ihnen sympathischer: Falstaff oder Ochs?
Das ist schwer zu sagen. Wirklich sympathisch ist ja keiner der beiden. Aber wenn, dann vielleicht doch der Ochs. Er hat mehr Format.

Wo liegen beim Ochs sängerisch die Herausforderungen?
Zum Ersten die Tessitura. Sie reicht beim Ochs vom großen (dem ganz tiefen) C bis zum eingestrichenen Fis. Ein so großer Stimmumfang wird von keiner anderen Partie, die ich kenne, gefordert. Dann ist das Stück rhythmisch und harmonisch äußerst komplex, was aber für alle Partien im Rosenkavalier gilt. Es dauert etwas, bis man das alles durchschaut und "im Ohr" hat. Und dann ist da noch die Länge der Partie. Die ist auch nicht ohne!

Und was macht diese Figur darstellerisch anspruchsvoll?
Darstellerisch stellt der Ochs meines Erachtens keine wesentlich anderen Ansprüche als andere Partien. Die Figur selbst gibt einem Sänger schon sehr viel an die Hand, womit er spielen kann. Da sind statischere Figuren unter Umständen sehr viel schwerer zu spielen.

Welche Rollenvorbilder haben Sie beim Ochs?
Ich habe den Ochs, wie alle meine größeren Partien, mit Hans Sotin erarbeitet. Er hat mir nicht nur gesangstechnisch, sondern auch bei der Gestaltung der Figur sehr viel weitergegeben. Sotin hat den Ochs ja viele Jahre lang auf der ganzen Welt gesungen und kann auf einen schier unerschöpflichen Erfahrungsschatz zurückgreifen, den er gerne weitergibt.

Wie sehen Sie diese Figur? Was hat sie uns heute noch zu sagen?
Die Figur ist mit der Bezeichnung der Marschallin: "Ein blitzgescheiter Lump" ziemlich prägnant und gut beschrieben. Dem ist trotz der Kürze kaum etwas hinzuzufügen. Uns heute kann der Ochs dazu anregen, nicht allzu sehr mit der Herde zu "blöken". Wir nehmen heute allzu viel als gegeben hin, ohne den Sinn zu hinterfragen. Nur weil es alle so machen. Siehe Smartphones. Es wäre meines Erachtens für viele ein großer Fortschritt, mehr das eigene Leben und weniger den Mainstream zu leben, egal, wer was dazu sagt. Der Ochs macht uns das vor. Auch wenn er dabei zu sehr über andere hinwegwalzt.

Der Baron Ochs ist auch physisch eine besonders herausfordernde Partie. Wie halten Sie sich als Sänger fit?
Die physische Herausforderung liegt vor allem in der puren Länge der Partie. Etwa eindreiviertel Stunden reine Singzeit! Mir fällt nur eine Partie ein, die noch länger ist, und das ist der Hans Sachs. Das ist dann aber auch die absolute Oberkante. Alle anderen physischen Herausforderungen ergeben sich aus dieser Länge. Fit halten funktioniert in erster Linie durch Training. Bei der Stimme ist das genau wie beim Körper, wobei beides nicht zu trennen ist. Viel und - sehr wichtig - gesund singen. Dann fahre ich so oft wie möglich mit dem Fahrrad ins Theater. Das sind einfach zehn Kilometer. Und außerdem gehe ich ins Fitnessstudio. Hauptsächlich wegen des Rückens. Ansonsten das Übliche: Einigermaßen gesund ernähren und locker bleiben.



Sie bringen den "Rosenkavalier" auf die Bühne


Premieren-Tipp Richard Strauss "Der Rosenkavalier", Sonntag, 6. März, 17 Uhr, Landestheater Coburg

Produktions-Team
Musikalische Leitung: Roland Kluttig; Inszenierung: Jakob Peters-Messer; Bühnenbild Markus Meyer; Kostüme: Sven Bindseil; Dramaturgie: Renate Liedtke; Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio
Michael Lion studierte am Nürnberger Meistersingerkonservatorium Hauptfach Klavier, Nebenfach Saxofon und Wahlfach Dirigieren. Anschließend absolvierte er ein Gesangsstudium. Ein Festengagement als Solo-Bass führte ihn zur Saison 2002/03 ans Städtebundtheater in Hof. Seit der Spielzeit 2008/09 ist Michael Lion am Landestheater Coburg engagiert.