Wie die singende Schauspielerin Anja Lenßen den Dichter Bert Brecht in das "Haus des Gastes" nach Bad Rodach bringt.
Schiebermütze und Zigarre - Bert Brecht wusste ganz genau, wie er sich in Szene setzen wollte. Denn der Dichter war ein Theatermacher, der Sinn für Effekte und Posen hatte - trotz der von ihm propagierten Verfremdungstechnik.
Schiebermütze und Zigarre - so ist Brecht der Nachwelt im Gedächtnis geblieben. Mit Schiebermütze, aber ohne Zigarre - so brachte die singende Schauspielerin Anja Lenßen Bert Brecht, der eigentlich Eugen Berthold Friedrich Brecht hieß, in den Festsaal des ehemaligen Jagdschlosses von Bad Rodach.
"Über gefallene Engel, leichte Mädchen und den Herrn mit der Zigarre" hatte sie ihr musikalisch-literarisches Brecht-Programm betitelt, das immer wieder ganz bewusst die Widersprüche in Brechts Leben und Schaffen zum Thema machte und überaus regen Zuspruch fand.
Neben manchen Brecht-Fans dürften darunter auch viele Anja-Lenßen-Fans der Einladung des Rodacher Rückertkreises gefolgt sein - schließlich war die Künstlerin viele Jahre am Landestheater Coburg engagiert und ist als Ensemblemitglied des Meininger Theaters (seit Herbst 2011) immer wieder auch mit musikalischen und musikalisch-literarischen Projekten in der Region Coburg zu Gast.
Leben im Exil
Augsburg und Berlin, Prag und die Schweiz, Dänemark, Schweden und Finnland, die Sowjetunion und die USA, schließlich Ost-Berlin -Brechts Stationen eines bewegten Lebens zwischen Exil und später Heimkehr in die geteilte Heimat.
Brecht als illusionsloser Kriegsgegner, der dichtend gerne den moralisierenden Klassenkämpfer gab und als Privatmann ganz ungeniert nach seinen eigenen Regeln lebte.
Ein Dichter, der in der "Dreigroschenoper" die Spielarten menschlicher Niedertracht in Balladen mit Hit-Potenzial besang und als Mann mit Sinn für amouröse Vielstimmigkeit den skrupellosen Herzensbrecher gab.
Surabaya-Johnny als Zugabe
Brechts Widersprüche, Brechts Zynismus, Brechts Fähigkeit, die Grausamkeit des Lebens schonungslos präzis in Worte zu fassen - das alles hatte Platz in Anja Lenßens facettenreichem Porträt. Brechts literarischen Weg vom Expressionismus zu seinem epischen Theater zeichnete Anja Lenßen an geschickt gewählten Texten nach. Ob bei der Ballade von Mackie Messer oder dem Lied der Seeräuber-Jenny - auch singend bewies Anja Lenßen ihr Gespür für den unverwechselbaren Brecht-Duktus.
Musikalisch konnte sich Anja Lenßen dabei jederzeit auf ihre Klavier-Partnerin Virginia Breitenstein-Krejcik verlassen, die den Tonfall von Kurt Weills Brecht-Vertonungen präzis erfasste.
Begeisterter Beifall und eine Zugabe: das Lied von Surabaya-Johnny aus "Happy End", einer Komödie mit Musik des einstigen Erfolgs-Duos Brecht/Weill.
Aus dem Leben einer Schauspielerin
Anja Lenßen Die gebürtige Wuppertalerin Anja Lenßen war seit ihrem Abschluss an der Schauspielschule Theaterwerkstatt Mainz in annähernd 50 Rollen auf deutschen Bühnen - darunter viele Jahre am Landestheater Coburg.
Im Jahr 2006 bot sich eine besondere Herausforderung in der Zusammenarbeit mit der Autorin Sabine Friedrich, die Lenßen das Ein-Frau-Stück "Immerwahr" rund um das Schicksal der Chemikerin Clara Immerwahr auf den Leib schrieb. Diese Produktion wurde zu den Jüdischen Kulturtagen nach München eingeladen.
Auch musikalische Projekte wie wechselnde Band- und Chanson-Programme als Sängerin sowie als Keyboarderin und Akkordeonspielerin begeistern sie neben der schauspielerischen Arbeit seit Jahren.
Davon zeugt auch die Hildegard Knef-Produktion "Ich glaub, 'ne Dame werd' ich nie", die sie mit ihrem Pianisten Jan Reinelt und der Regisseurin Anne Spaeter erarbeitete.
Am Südthüringischen Staatstheater Meiningen ist Anja Lenßen seit der Spielzeit 2011/ 2012 engagiert