Während der Arbeit öfter innezuhalten, ist gesund. Denn es reduziert Stress und belebt die Körperfunktionen. Mitarbeiter der Firma Ros probierten es aus.
Achtsamkeit in die Unternehmenskultur zu integrieren, ist in der Turbogesellschaft nicht so einfach. Acht Studentinnen im sechsten Semester des Studiengangs Integrative Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg haben die Herausforderung angenommen. Mit Unterstützung der AOK Bayern haben sie in der Coburger Firma Ros eine Achtsamkeitswoche durchgeführt. Die Gesundheitskasse fördert das Projekt, weil gesunde Mitarbeiter das größte Kapital eines jeden Unternehmens sind.
Die weißen offenen Bilderrahmen links und rechts vom Firmeneingang fielen sowohl Passanten als auch den Mitarbeitern des Kunststoffteileherstellers von Weitem ins Auge. Anders als sonst bleibt der eine oder andere vor Betreten des Gebäudes einige Sekunden stehen und betrachtet sich den Bildausschnitt mit Bäumen, Büschen und Häuserwand mal ganz genau.
Denkzettel im wörtlichen Sinne
Innerhalb des Firmengebäudes hingen an mehreren Stellen kleine Wäscheleinen, an denen viele verschiedene Denkzettel angeklammert wurden. Sprüche wie "Schon gefragt, wie es Deinen Kollegen geht?" oder "Wann hast Du Dir zuletzt selbst etwas Gutes getan?" sollten zum Nachdenken anregen. Selbst in der Kaffeeküche und auf den Spiegeln über den Waschtischen gab es immer wieder kleine Achtsamkeitstipps als Anregung.
Und die Rechnung ging einer Pressemitteilung zufolge auf: Denn viele Kollegen nahmen sich die Hinweise mit an ihren Arbeitsplatz und diskutierten darüber.
"Achtsamkeit heißt, den Moment bewusst wahrzunehmen, so, wie er ist.
Und zwar ohne ihn zu beurteilen und ohne zielorientierte Haltung, als ob man ihn zum ersten Mal wahrnehmen würde", erklärte Niko Kohls, Professor für Gesundheitswissenschaften an der Hochschule Coburg bei seinem Einführungsvortrag für die Führungskräfte. Er wollte sie mit kleinen Übungen für das Thema sensibilisieren. "Wichtig ist, dass man kritisch gegenüber sich selbst und seinem Umfeld ist. Wenn man dann noch auf Körpersignale achtet, ist Achtsamkeit ein gutes, wissenschaftlich belegtes Mittel zur Stressreduzierung", betonte der Experte.
Kleine Veränderungen, große Wirkung
Was ein paar kleine Änderungen ausmachen, zeigte auch der neugestaltete Pausenraum.
Die Studentinnen hatten zusammen mit den Ros-Azubis die dunkle Decke weiß gestrichen, einen Wandvorsprung mit einem frischen Grün versehen, einen Sinnspruch in Form eines Wandtattoos angebracht, bunte Lampen aufgehängt, Pflanzen aufgestellt und die Tische dekoriert. Sitzbälle, Luftkissen und Plakate mit optischen Täuschungen rundeten das Bild ab. "Und schon herrscht eine ganz andere Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Der Pausenraum ist wirklich ein Highlight geworden," schwärmte Ros-Geschäftsführer Steffen Tetzlaff.
Überhaupt zog er ein positives Fazit der Achtsamkeitswoche: "Nicht nur optisch hat sich einiges verändert. Das Projekt und der Führungskräfteworkshop, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht, haben uns alle nachdenklich gemacht. Das soll keine Eintagsfliege bleiben.
Wir möchten daran anknüpfen, insbesondere mit Hinblick auf unser neues Firmengebäude und den Umgang untereinander."
Auch die Studentinnen haben einiges für sich mitnehmen können. Projektleiterin Lisa Vögele: "Für uns war es lehrreich, theoretische Inhalte praktisch umsetzen zu können. Bei der Aufgabenverteilung und dem straffen Zeitplan waren Teamwork, Kommunikation und Geduld gefragt. Uns ist es schließlich ein Stück weit gelungen, die Mitarbeiter aus ihrem Alltagstrott herauszuholen, so dass sie zwischendurch bewusst innehalten und nicht einfach nur auf Autopilot schalten."