Wohnen ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Die Vereinten Nationen haben das Wohnen als Menschenrecht definiert. Die Armutsgrenze ist auch in Deutschland in den letzten Jahren weiter angestiegen. Das heißt, angemessener Wohnraum ist für viele Menschen immer häufiger nicht mehr bezahlbar.
Hier sieht der Bayreuther Verein "Christen schaffen Wohnungen e.V." seine Aufgaben: Schnelle Hilfe und unbürokratische Unterstützung bei wirtschaftlicher Armut.
Bayreuther Sonntag: Wie kam es zur Vereinsgründung?
Christoph Höreth: Ein Gemeindemitglied der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Bayreuth gab den Anstoß zur Gründung des Vereins. Die Gemeinde brachte damals diese Überlegungen bei der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Bayreuth ein. In einer beispiellosen Aktion riefen Christen aller Konfessionen die Bayreuther Bevölkerung zu Spenden auf, um dazu beizutragen, den chronischen Mangel an bezahlbaren Sozialwohnungen abzubauen. Den Spendern sollte durch den zur Verfügung gestellten Betrag auch bewusst werden, welches Privileg es ist, in ei nem schönen Heim zu wohnen. Unser Vereinsziel war und ist es, für Menschen mit geringem Einkommen, den Bezug von angemessenen Wohnraum zu fördern oder gar Wohnraum schaffen und bezahlbar zu vermieten. 1994 wurde unser Verein gegründet und ich zum Ersten Vorsitzenden gewählt. Dieses Ehrenamt hatte ich bis 2006 inne. Dann übernahm Hilmar Sommermann meine Funktionen, wobei ich bis heute noch zum Vorstandsteam gehöre.
Bayreuther Sonntag: Was sind die Aufgaben des Vereins "Christen schaffen Wohnungen"? Wie kommt Hilfe zustande?
Hilmar Sommermann: Wir arbeiten mit den örtlichen Wohlfahrtsverbänden und deren Beratungsstellen zusammen, sind aber unabhängig. Falls beratende Hilfe notwendig wird, leiten wir an die zuständigen Stellen weiter. Umgekehrt machen caritative Einrichtungen auf uns aufmerksam. Wir unterstützen besonders Familien, denen durch eine finanzielle Notlage der Verlust der Wohnung droht. Manchmal kann eine passende Wohnung nicht angemietet werden, weil das Geld für die Kaution oder bei Genossenschaftswohnungen für die Geschäftsanteile nicht ausreicht. Wir helfen mit einem zinslosen Darlehen oder mit einem Zuschuss, um den Mietvertragsabschluss zu sichern oder den Weg für eine andere Wohnung zu ebnen. Unser Engagement dient der Hilfe zur Selbsthilfe. Die Zuwendungshöhe ist jedoch begrenzt, nicht zuletzt aufgrund des Verfügungsrahmens unseres Vereins.
Bayreuther Sonntag: Wie finanziert sich der Verein und wie wird die Bedürftigkeit überprüft?
Hilmar Sommermann: Unsere gesamte Arbeit geschieht ehrenamtlich. Wir haben auch keine eigene Geschäftsstelle. Das Vereinsbüro ist bei mir zu Hause. Meine Frau hat dankenswerterweise die Funktion einer unbezahlten Sekretärin übernommen. Der Verein finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Derzeit zahlen unsere Mitglieder 30 Euro im Jahr. Wenn man es umrechnet, handelt es sich um einen Monatsbeitrag von 2,50 Euro. Das ist weniger, was ein Bier in der Kneipe kostet. Wenn wir Bedürftige mit Bargeld unterstützen, ist das in der Regel ein zinsloses Darlehen. Das gilt auch für von uns hinterlegte Kautionen. Oftmals können wir jedoch nicht auf eine Rückzahlung hoffen, da die hinterlegte Kaution bei einem Auszug für Renovierungen verwendet werden muss oder gewährte Darlehen einfach nicht zurückgezahlt werden können. So verringert sich unser Kassenstand, besonders zum Jahresende, meist bis auf einen Minimalbetrag. In der vergangenen Woche erreichten mich gleich fünf Anrufe von Hilfsbedürftigen. Da unser Jahresbudget jedoch nahezu aufgebraucht ist, konnten wir leider nicht tätig werden. Nur außer ordentliche Spenden helfen uns in diesen Situationen weiter.
Christoph Höreth: Die Bedürftigkeit überprüfen wir anhand eines Fragebogens und eigener Recherchen, weitere rechtliche Mittel stehen uns nicht zur Verfügung. Na türlich ist es oft schwierig, zwischen selbst oder nicht verschuldeter Armut zu unterscheiden. Zum Vereinsvermögen gehört ein Haus, das wir 2007 erwerben konnten. Dort wohnt derzeit eine alleinstehende Mutter mit mehreren Kindern. Für die schnelle Hilfe wäre es von Vorteil, wenn wir selbst Zugriff auf weitere Wohnungen hätten. Immobilienbesitz und -verwaltung erfordert wiederum einiges an Fachwissen. Wir haben zwar im Vereinsvorstand eine Juristin, doch auch die ist ausschließlich ehrenamtlich tätig.
Bayreuther Sonntag: Warum en gagieren Sie sich im Verein?
Hilmar Sommermann: Beruflich war ich als Pfarrer tätig. Da hat man natürlich eine entsprechende seelsorgerische und soziale Grundeinstellung. Wer ohne schuldhaftes Zutun seine Miete nicht mehr bezahlen kann, darf sozial nicht fallen und einfach ausgegrenzt werden. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Dach über dem Kopf. Als Christ fühle ich mich besonders für das Wohl meines Nächsten verantwortlich.
Christoph Höreth: Unser Verein heißt "Christen schaffen Wohnungen". Gläubigen Menschen ist Nächstenliebe wichtig. Die Zahl der Menschen an der Armutsgrenze steigt, auch bei uns in Bayreuth. Das führt unter anderem zu vermehrter Wohnungslosigkeit. Vielleicht kann ich durch mein Engagement dazu beitragen, dass Geringverdiener zu bezahlbaren Mieten angemessen wohnen können. Der Leitspruch unseres Vereins steht im biblischen Buch der Sprichwörter: "Wenn jemand Hilfe braucht und du ihm helfen kannst, dann weigere dich nicht es zu tun!" Unsere Hilfsangebote sind selbstverständlich nicht konfessionsabhängig. Die Hilfe schließt auch Menschen mit Migrationshintergrund ein.
Bayreuther Sonntag: Wie hat sich die Wohnsituation aus Ihrer Sicht in den vergangenen 18 Jahren seit der Vereinsgründung geändert?
Hilmar Sommermann: Bezahlbarer Wohnraum ist knapper geworden, gleichzeitig wurde die Nachfrage nach Unterstützung größer. Zunächst wollten wir uns nur um Bedürftige aus dem Stadtgebiet kümmern. Die Anfragen kommen aber inzwischen auch aus dem Landkreis. In den ersten zwölf Jahren des Bestehens unseres Vereins hatten wir 200 Einzelfallhilfen. Seit meiner Übernahme des Vereinsvorsitzes im Jahr 2006 stieg die Zahl der Hilfeleistungen bis heute auf 245 an. Diese Steigerung der Fallzahlen belegt die Zunahme der Notsituationen.
Christoph Höreth: Jeder Fall, wo wir nicht helfen können, trifft uns tief im Herzen. Die Sicherung materieller Grundbedürfnisse darf auch künftig nicht nur für den besser gestellten Teil unserer Gesellschaft gelten. Deshalb freuen wir uns auf jedes neues Vereinsmitglied, auch auf jüngere, und sind für alle Spenden dankbar.
Kontaktadresse und Bankverbindung:Christen schaffen Wohnungen e.V.
Hühlweg 57a, 95448 Bayreuth.
Tel. 0921/7912297.
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