Zwischen Anne Rudolph, der ehrenamtlichen Leiterin des ökumenischen Besuchsdienstes, und den beiden Trägern ist das Tischtuch zerschnitten. Sie wirft Caritas und Diakonischem Werk mangelnde Perspektiven und Kommunikation vor.
"In der Zeit, in der es uns gab, haben wir über 100 000 Besuche gemacht. Wahrscheinlich ist es um einiges mehr." Anne Rudolph zieht für den ökumenischen Besuchsdienst eine mehr als beachtliche Bilanz, über die sie sich eigentlich uneingeschränkt freuen könnte.
Doch der 69-jährigen Bambergerin, die für ihr Engagement den Ehrenamtspreis und die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten hat, ist nicht zum Lachen zu Mute: Den Besuchsdienst, so wie sie ihn vor 20 Jahren ins Leben gerufen hat und seither leitet, gibt es wohl bald nicht mehr.
Zum 30. September gekündigt Zum 30. September hat Rudolph dem Diakonischen Werk (DW) Bamberg-Forchheim und dem Stadt-Caritasverband die Zusammenarbeit aufgekündigt.
Vor zwölf Jahren übernahmen die beiden kirchlichen Verbände die Trägerschaft, dokumentierten so auch in der breiten Öffentlichkeit den betont konfessionsübergreifenden Ansatz: Die ehrenamtlichen Besucherinnen und Besucher kümmern sich um einsame Senioren in allen Heimen, unabhängig vom Betreiber. Das DW führt zudem die Geschäfte des Besuchsdienstes.
Katholische (Caritas) und evangelische Kirche (DW) brachten auch das Geld für den Besuchsdienst auf. Es sind ungefähr 2500 bis 3000 Euro für Jahresprogramm und Helfertreffen, Bürokosten, Vorträge, einen Dankeschön-Ausflug und ähnliches.
Die Personen selbst betätigen sich für Gottes Lohn. Das erklärt die vergleichsweise kleine Summe gemessen am unbezahlbaren Einsatz von zuletzt 57 Helferinnen und Helfern.
Sie besuchen regelmäßig Heimbewohner ohne Anhang, um mit ihnen zu plaudern und zu singen, um zuzuhören oder vorzulesen, mit ihnen spazieren zu gehen oder, wenn sonst nichts mehr möglich ist, einfach eine Zeit lang am Bett zu sitzen.
Verärgert und frustriert Wenn Rudolph nun im Zorn scheidet, dann auch aus Frust über eine, wie sie sagt, fehlende Wertschätzung dieses freiwilligen Engagements seitens der Träger. Vor allem aber, weil man ihr keine Perspektiven für den Besuchsdienst aufgezeigt und sie stattdessen den Eindruck gewonnen habe, dass auch bei kirchlichen Wohlfahrtsverbänden das Geld inzwischen mehr bedeuten würde als der Mensch, noch dazu der alte.
Von Brief nichts gewusst Ihre Kritik stützt sie im Wesentlichen auf ein Schreiben, das der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks
Bamberg-Forchheim, Norbert Kern, im April an alle örtlichen Heim-Träger schickte.
Ohne Wissen Rudolphs fragte er an, ob man in den Häusern bereit wäre, für jeden stationären Pflegeplatz 3 Euro im Jahr aufzubringen, "um den Fortbestand des ökumenischen Besuchsdienstes auf Dauer zu gewährleisten".
Rudolph erfuhr bei einem ihrer Besuche von der Existenz dieses Briefs. Und fiel, wie sie berichtet, aus allen Wolken. Denn nie sei bis dahin die Rede davon gewesen, dass es Finanzierungsprobleme geben würde oder der Besuchsdienst den Trägern zu teuer wäre.
Obwohl Kern nach Intervention Rudolphs den Brief schriftlich zurück genommen und sich auch bei ihr für sein "Vorpreschen" entschuldigt hat, scheint das Vertrauensverhältnis irreparabel gestört. Die 69-Jährige jedenfalls sieht keine Basis mehr zum Weitermachen.
Auch ihre potenzielle Nachfolgerin ist nun angeblich nicht mehr bereit, den Besuchsdienst fort zu führen. Überhaupt, sagt sie: "Unser Helferkreis ist sehr erbost!"
Kern, den die Lokalredaktion mit den Vorwürfen konfrontierte, erachtet die Angelegenheit dagegen als erledigt. Rückblickend spricht er selbstkritisch von einem "blöden Brief", den er da an die Heimträger verschickt hat. Er bedauere, nicht erkannt zu haben, wie sensibel die Sache sei.
Aber: Er habe das Schreiben nach drei Tagen zurückgezogen und sich schriftlich bei Anne Rudolph entschuldigt. Damit hoffte er die Sache aus der Welt geschafft zu haben.
Dass bei Rudolph der Eindruck entstanden sein könnte, die Träger würden den Besuchsdienst gerne los werden bzw. dessen Finanzierung in Frage stellen, wundert ihn. Man sei sehr dankbar, dass es ihn gibt und Kern sagt, er hoffe, dass es weiter geht.
Diakonie: Es geht weiter Denn nach seinem Verständnis bedeutet der Rückzug Rudolphs keineswegs das Aus für den Besuchsdienst. Kern sieht es so: Die Gründerin und ehrenamtliche Leiterin scheidet aus, mit einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger könnte alles weiter gehen. Die Träger suchen angeblich schon eine geeignete Persönlichkeit, damit der Besuchsdienst seine "tolle Arbeit" fortsetzen kann.
Mit diesen Worten lobt Peter Ehmann, der Geschäftsführer des Caritasverbands in der Stadt Bamberg, das Wirken der Ehrenamtlichen. Wie dieser im Gespräch mit der Lokalredaktion jedoch auch sagte, würde er es sehr bedauern, wenn Fehler und Missverständnisse, die womöglich nicht aufgearbeitet sind, das Ende für eine segensreiche Einrichtung bedeuten würden.
Rudolph: Gruppe schon aufgelöst Doch genau danach sieht es derzeit aus. Laut Rudolph sind die wenigsten der Frauen und Männer noch bereit, sich über den 30. September hinaus im ökumenischen Besuchsdienst - unter wessen Leitung auch immer - zu engagieren. Einige wollten ganz aufhören, andere seien mit ihr unter das Dach des Roten Kreuzes (RK) gewechselt.
Dort hat das Engagement der Bambergerin für einsame Heim-Senioren vor über 20 Jahren begonnen. Der neue Besuchsdienst wird sich allerdings vornehmlich um die Bewohner des Rot-Kreuz-Hauses beim Klinikum kümmern.
Gefragt, was sie an Kerns Überlegungen zu einer Finanzierung des Besuchsdienstes so geärgert hat, bringt Rudolph zwei Punkte zur Sprache. Zum einen eine mangelnde Kommunikation, deren Höhepunkt aus ihrer Sicht jener Brief war.
"Das Übel ist, dass die Träger nicht mit sondern über uns geredet haben."
Zum anderen, dass sie überzeugt ist, der Besuchsdienst würde seine Unabhängigkeit verlieren, wenn Heimträger sich irgendwie finanziell daran beteiligen würden. Man verstehe sich als Ansprechpartner der Senioren und wolle sich bewusst nicht einbinden lassen in Tätigkeiten, die das Personal entlasten: "Unsere Intention ist es nicht, billige Hilfskräfte zu sein."
Für die angeblich mangelnde Kommunikation seitens der Träger hat die Besuchsdienst-Leiterin weitere Beispiele. So habe im Frühjahr der Zuschuss ohne Erklärung auf sich warten lassen, so dass sie mangels Geld eine anberaumte Fortbildung für Helfer habe absagen müssen. Auch jetzt, nach ihrer schriftlichen Kündigung, wartet sie seit Wochen auf eine Reaktion. Die erbetene Bestätigung hat sie bis heute nicht.