Die tragische Geschichte des Matthias Schneiderbanger zeigt, wie Geldgier in den Abgrund führen kann.
Am 28. Juni ist wieder Bürgermeisterwahl in Zapfendorf. Das war nicht so geplant, denn erst vor gut einem Jahr, bei den Kommunalwahlen am 16. März 2014, hatten sich die Zapfendorfer mit einem überwältigenden Mehrheitsvotum für "ihren" Matthias Schneiderbanger als neuen Bürgermeister entschieden. Bodenständig, volksnah, ehrlich: So wurde er von den Bürgern eingeschätzt - auch von vielen, die ihre Stimme einem seiner drei Mitbewerber gegeben haben. Vier Wochen nach der Wahl stellten die begeisterten Zapfendorfer einen "Bürgermeisterbaum" für ihn auf.
Sofort gestanden Ganz unrecht hatten sie mit ihren Sympathiekundgebungen nicht, wie sich am Donnerstag im Gerichtssaal in Hof gezeigt hat: Schneiderbanger - der am heutigen Freitag 38 Jahre alt wird - ist sicher nicht der skrupellose Kriminelle, sondern in erster Linie ein gutgläubiger Mensch, der sein Geld gewinnbringend anlegen wollte und dabei - wie viele andere - auf einen gewissenlosen Betrüger hereingefallen ist.
Auch nicht selbstverständlich: Als seine Mitarbeiter Ende November 2014 im Zapfendorfer Rathaus auf die von ihrem Bürgermeister verursachten finanziellen Ungereimtheiten stießen, leugnete er keine Sekunde. Bei den Ermittlungsbehörden und schließlich in der Hauptverhandlung legte er ein umfassendes Geständnis ab.
Anfang Januar 2013 ist Matthias Schneiderbanger vom Opfer zum Täter und kriminell geworden. Es war der Zeitpunkt, als sein eigenes Geld zu Ende war: Fast 160 000 Euro hatte er schon an Charlie K. überwiesen, immer in der Hoffnung auf eine gute Rendite, die ihm sein "Geschäftspartner" überweisen würde. Doch K. hielt ihn nur hin, forderte mit immer neuen Ausreden und Geschichten neue Geldspritzen, und Schneiderbanger schenkte ihm nur zu gerne Glauben in der Annahme, K. werde die zugesagten Gelder schon überweisen. Wie gewieft und überzeugend K. mit seinen Versprechungen gewesen sein muss, hat der Verteidiger von Schneiderbanger, Rechtsanwalt Till Wagler, selbst erfahren: Er telefonierte vor kurzem noch mit Charlie K. - der seinem Mandanten allen Ernstes die zügige Überweisung von 300 000 Euro zusicherte . . .
Eine ungewisse Zukunft Staatsanwalt Michael Hoffmann äußerte aus diesem Grund Zweifel an der Standfestigkeit von Matthias Schneiderbanger: Wird er in Zukunft den Verlockungen von vielleicht weiteren Versprechen K.s widerstehen können? Hoffmann fügte seinem Antrag, zwei Jahre Freiheitsstrafe zu verhängen und zur Bewährung auszusetzen, den Vorschlag hinzu, dem Ex-Bürgermeister für zwei Jahre einen Bewährungshelfer zur Seite zu stellen. Verteidiger Till Wagler war sich in seinem Plädoyer mit dem Staatsanwalt einig und stellte den gleichen Antrag. Das Schöffengericht unter Leitung von Richterin Diana Fritzsche folgte den Plädoyers in vollem Umfang. Außerdem ordnete sie 250 Stunden gemeinnützige Arbeit an. Nach der Urteilsverkündung verzichteten Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Rechtsmittel. Das Urteil war damit nach nicht einmal zweieinhalb Stunden Hauptverhandlung rechtskräftig.
Hatte Schneiderbanger den Gerichtssaal noch mit Fußfesseln betreten müssen, war er kurz vor 12 Uhr mittags nach sechs Monaten Untersuchungshaft wieder ein freier Mann. In die Justizvollzugsanstalt wurde er nur noch zurückgefahren, damit er seine persönlichen Sachen abholen konnte.
Was wird er in Zukunft machen? Der Ex-Bürgermeister weiß es noch nicht. In einer Gemeindeverwaltung werde er wohl nicht mehr tätig sein können, sagte er und deutete an, Zapfendorf möglicherweise verlassen zu wollen. Das Schlimmste sei für ihn die "Demütigung, die man persönlich empfindet". Mit einem Schlag sei sein Leben zerstört gewesen. Sein Schicksal ist tatsächlich tragisch wenn man weiß, aus welch kleinen Verhältnissen sich Schneiderbanger nach oben gekämpft hat. Im Abendgymnasium hat er neben seinem Beruf das Abitur gemacht, studiert, sich weitergebildet und es bis zum Leiter des Bürgeramtes und schließlich zum Bürgermeister gebracht. In zahlreichen Ortsvereinen war er ehrenamtlich aktiv und angesehen. Im Gerichtssaal entschuldigte er sich bei "allen Zapfendorfer Bürgerinnen und Bürgern, die an mich geglaubt haben. Es war nicht meine Absicht, die Gemeinde zu schädigen. Ich werde alles tun, um den Schaden wiedergutzumachen."
Wahlen am 28. Juni Tatsächlich gibt es bereits einen notariellen Vertrag, in dem sich der Ex-Bürgermeister verpflichtet, die 279 500 Euro mit fünfprozentiger Verzinsung zurückzuzahlen. Wann allerdings ihm dies gelungen sein wird, ist ungewiss. Von seinem Vermögen sind nur noch ein Baugrundstück und ein Bausparvertrag mit einer Einlage von 20 000 Euro übrig.
Am 28. Juni wird in Zapfendorf Schneiderbangers Nachfolger gewählt, und wie schon bei der Kommunalwahl 2014 stehen wieder vier Kandidaten bereit: Werner Porzner für die CSU, Stefan Kabitz für die Freien Wähler, Klaus Lachmann für die Zapfendorfer Gemeinschaft (ZG), in der sich zum Zweck der Wahl die SPD Zapfendorf und die Gruppierung "Vereintes Umland" zusammengeschlossen haben, und Volker Dittrich von der Alternative für Zapfendorf (AfZ).
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