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Wohnungsmangel? Bamberg will 50 Wohnungen aufgeben


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 13. April 2016

Die Stadt bietet der Bundespolizei drei Appartementhäuser an. 50 Wohnungen würden vernichtet, klagt die Bürgerinitiative "Armygelände in Bürgerhände".
Es ist der Preis für die Übernahme des ehemaligen US-Hauptquartiers: Die Stadt will die drei Appartementhäuser unweit der Zollnerstraße abgeben. 50 derzeit unbewohnte Wohnungen würden verschwinden.


Sie waren gewissermaßen die preiswerte Mitgift beim ersten Grundstückskauf auf dem Kasernengelände. Am 12. November 2015 hat die Stadt acht Häuser an der Zollnerstraße erworben, daneben Offiziersclub und drei so genannte Appartementhäuser. Alles zusammen für 3,9 Millionen Euro - ein Schnäppchen.

Während die ersten Mieter mittlerweile im Föhrenanger eingezogen sind, droht um die derzeit noch unbewohnten Appartementhäuser ein Grundsatzstreit, überschattet von der allgemeinen Wohnungsmisere.


Wirtschaft oder Wohnungen?

Auch in Bamberg stehen wirtschaftliche Interessen dem Erhalt von günstigen Wohnungen gegenüber. Anlass für die Diskussion, die auch im Konversionssenat am Donnerstag geführt werden dürfte: Die Bürgerinitiative "Armygelände in Bürgerhände" (AIB) beklagt, dass die Stadt die drei Appartementhäuser der Bundespolizei angeboten hat, die dort unter anderem ihr IT-Zentrum einrichten will - dies obwohl der Bedarf an günstigem Wohnraum in Bamberg so hoch ist wie seit langem nicht.

Im Gegenzug macht sich die Stadt Hoffnungen auf das ehemalige US-Hauptquartier, das nach den ursprünglichen Plänen für den IT-Knoten der Bundespolizei reserviert war, nun aber in den Überlegungen für ein neues digitales Gründerzentrum der Stadt eine wichtige Rolle spielt. "In der jetzigen Situation Wohnungen aufzulösen, ist nicht zu verstehen", sagt Christine Lawrence von der Bürgerinitiative. Sie fände es grob fahrlässig, günstige Wohnungen zu opfern, um damit eine Entwicklungsmöglichkeit für die Lagardekaserne anzuschieben, von der weder klar ist, ob und wann sie kommt - und für die es Alternativen gäbe. Besonders ärgerlich findet sie, dass Stadtbauchef Veit Bergmann die Nutzung der Appartementhäuser für günstigen Wohnraum in der Sitzung des Konversionssenats am 29. Oktober konkret in Aussicht gestellt worden sei.

Tatsächlich ist der Gebäudetausch aus der Not geboren. Weil das ehemalige US-Hauptquartier im Raumbedarf der Bundespolizei wie ein Sperrgrundstück wirkt, verbindet die Stadt mit einer Herauslösung mehrere Ziele. So soll einerseits Platz für das von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) versprochene Gründerzentrum geschaffen werden, auf das sich neben Bamberg allerdings auch Coburg und Hof Hoffnungen machen.
Außerdem geht es um ein 22 Hektar großes Entwicklungsgebiet. Konversionsreferent Christian Hinterstein betont, dass die Förderung von Dienstleistung, Handel, aber auch Wohnen ohne das US-Hauptquartier klar erschwert sei.

Stadtbauchef Veit Bergmann trauert den Wohnungen nicht hinterher. "Wenn das die Eintrittskarte für etwas Größeres ist, dann löse ich sie gerne", sagt Bergmann. Wie er betont, waren die Wohnungen spätestens nach zehn Jahren ohnehin zum Abbruch vorgesehen.


FDP kritisiert Initiative

In der Bamberger Politik wird der Gebäudetausch kontrovers beurteilt. Rückendeckung bekommt die Stadtspitze von FDP-Stadtrat Martin Pöhner. Die Schaffung von Wohnraum und zusätzlichen Arbeitsplätzen müsse bei der Konversion Hand in Hand gehen. Die Kritik der Bürgerinitiative an dem Gebäudetausch bezeichnet Pöhner als "einseitig und rückwärtsgewandt". Skepsis überwiegt bei den Grünen, die laut Peter Gack nur dann zustimmen, wenn die Freigabe der "Lagarde" Bestandteil des Geschäfts sei. Dass die Stadt in Vorleistung gehe, dürfe nicht sein. Kritisch äußert sich Dieter Weinsheimer (FW). Die Aufgabe von Wohnungen werde zu einem Vertrauensverlust bei der betroffenen Bevölkerung führen. Man müsse Wort halten.


SPD sieht Vorteile

Auch die Bamberger SPD hat sich den Kampf gegen den Mangel an günstigem Wohnraum auf die Fahnen geschrieben. Doch in diesem Fall glauben die Sozialdemokraten, dass die Vorteile überwiegen: "Durch den Gebäudetausch bekommen wir die Chance, die Lagardekaserne nachhaltig zu entwickeln", sagt Fraktionschef Klaus Stieringer. Demgegenüber beurteilt er die Sanierung von desolaten Wohnraum in den Appartementhäusern als weniger sinnvoll. Stieringer hofft, dass die Lagardekaserne 2016 in den Besitz der Stadt übergeht.
Ob das tatsächlich so sein wird, bleibt abzuwarten. Thomas Grützner von der Bundesanstalt für Immobilien macht auf unsere Anfrage keine Hoffnung auf eine schnelle Lösung. Über den Verkauf könne erst dann geredet werden, wenn die Planungsphase 3 der Bundespolizei abgeschlossen sei. Mit einem Ende der Planungsphase 2 rechnet er im August.
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