Wofür sich demonstrieren in Bamberg nicht lohnt
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Donnerstag, 27. Juni 2013
Ob denjenigen, die zum Protest gegen die Sperrstunde in Bamberg aufrufen, bewusst ist, welches Signal sie damit aussenden? In einer Zeit, in der weltweit die Menschen für Freiheit und Menschenrechte, oft auch nur für bezahlbare Lebensmittel kämpfen, gehen auch in Bamberg die Studenten auf die Straße.
Ob denjenigen, die zum Protest gegen die Sperrstunde in Bamberg aufrufen, bewusst ist, welches Signal sie damit aussenden? In einer Zeit, in der weltweit die Menschen für Freiheit und Menschenrechte, oft auch nur für bezahlbare Lebensmittel kämpfen, gehen auch in Bamberg die Studenten auf die Straße. Aber nicht für das Recht auf Bildung, gegen Hungerlöhne, gegen die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen.
Nein, sie rufen zum Protest auf, weil sie am Wochenende um vier Uhr früh noch nicht nach Hause wollen und weil sie, wenn die Sperrstunde eingeläutet wird, das Nachtleben in Gefahr sehen, das für sie offenbar das zentrale Lebenselixier ist. Motto: Die Nacht gehört uns!
Natürlich kann in unserem Land jeder für (fast) alles demonstrieren. Es ist ein hart erstrittener Grundpfeiler unserer Verfassung, dass man die Meinung Andersdenkender respektiert, auch wenn man sie nicht teilt. Deshalb erinnert man am Montag in Bamberg just zur selben Stunde, in der die Sperrstundendemo startet, an die Bücherverbrennung, die vor genau 80 Jahren ein dunkles Zeitalter einläutete. Damals brauchte man wahrlich Mut, um für Recht und Freiheit einzutreten.
Verwöhnte Generation
Und heute? Heute haben wir offenbar kein größeres Problem als den Zwist um die Sperrstunde und den nächtlichen Lärm in den Gassen der Altstadt. Eine verwöhnte Generation geht für das Recht auf die Straße, bis in die Puppen feiern zu dürfen, obwohl ein wenig Nachdenken und menschlicher Anstand doch klar machen müssten, dass es im Nutzungsgeflecht einer Stadt eines nicht geben kann: Lösungen, die nur einer Seite gerecht werden.
Die Aufforderung zu diskutieren, noch einmal nachzudenken - alles in Ordnung! Auch im Stadtrat weiß man, dass Sperrstunden nur ein Behelfsmittel sind, um einen schwierigen Interessenkonflikt auszutarieren, und ja, weil es leider immer wieder einige gibt, die sich nicht benehmen können. Dennoch hinterlässt der Aufruf der Studenten ein ungutes Gefühl: So sehr jedem gegönnt sei, nach seiner Art glücklich zu werden, so endet der Anspruch auf Selbstverwirklichung doch immer dort, wo die Freiheit der anderen beginnt. Auch wenn es nur einige lärmempfindliche Anwohner sein sollten, wie in einer Pressemitteilung der liberalen Hochschulgruppe mit unverhohlener Herablassung formuliert ist: Sie haben doch die gleichen Rechte wie jene, die sich selbst zur Mehrheit erklärt haben.
Hier kommen Sie zum Kommentar von Johannes Görz zu diesem Thema