Willkommen in der Fahrradstadt Bamberg

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Veraltet, überlastet und verschmuddelt: der große Fahrradabstellplatz neben dem Bamberger Bahnhof. Foto: Michael Wehner
Veraltet, überlastet und verschmuddelt: der große Fahrradabstellplatz neben dem Bamberger Bahnhof.  Foto: Michael Wehner
Eine beliebte Abstellfläche fällt ab sofort weg: Das Atrium droht mit einer kostenpflichtigen Entfernung der noch geparkten Fahrräder.
Eine beliebte Abstellfläche fällt ab sofort weg: Das Atrium droht mit einer kostenpflichtigen Entfernung der noch geparkten Fahrräder.
 

Der Teilabriss des Atriums wird den Mangel an Fahrradparkplätzen am Bahnhof empfindlich verschärfen. Schon heute herrschen chaotische Zustände.

Für viele ist es eine gute Nachricht. Eine in die Jahre gekommene Handelsbrache soll zur Flaniermeile umgewandelt werden. Das Neue Atrium könnte das Bahnhofsumfeld aufwerten. Bei Christian Bauer verursacht das Projekt freilich erst einmal Kopfschmerzen. Der Bamberger pendelt täglich mit dem Zug zum Arbeitsplatz und muss nun sehen, wo er am Bahnhof sein Fahrrad unterbringt - sicher und möglichst auch trocken. Wie viele andere schätzte Bauer die "einigermaßen geordnete Parkmöglichkeit" unter den Arkaden des früheren Einkaufszentrums.

Doch die Tage dieser kostenlosen Ausweichfläche für rund 200 Drahtesel sind gezählt. Schon weist die Centerleitung des Atriums darauf hin, dass alle Räder unter den Arkaden kostenpflichtig entfernt werden. Man muss wissen: Der geplante Teilabriss des Atriums, ein Millionenprojekt, soll in Kürze beginnen.

Das Problem dabei: Es gibt wenige Stellen in der Stadt, wo der Mangel an Fahrradplätzen ähnlich prekär ist wie rund um den Bahnhof. Fast alle vorhandenen Stellflächen sind hoffnungslos überbelegt. Dazu spottet die optische Anmutung dieser "Anlagen" jeder Beschreibung. Christian Hader, Stadtrat und verkehrspolitischer Sprecher von Grünes Bamberg, spricht von "einem Schrotthaufen, den Besucher als Erstes erblicken, wenn sie die Fahrradstadt Bamberg mit dem Zug erreichen".

Auch die Stadt kennt das Problem nur zu gut. Seit Jahren kommt sie mit dem Errichten von Abstellvorrichtungen dem wachsenden Trend zum Radfahren kaum hinterher. Erst im vergangenen Jahr wurden über 40 neue Bügel vor dem Postgebäude und auf dem Platz gegenüber aufgestellt. Und obwohl die Stadtverwaltung jährlich Dutzende von Fahrradleichen aus dem Verkehr zieht, ändert sich wenig am Problem: "Es gibt gewisse Angebote, doch die reichen bei weitem nicht aus. Die Konsequenz ist, dass viele Räder wild abgestellt werden. Das ist für alle Beteiligten nicht zufriedenstellend", räumt Claus Reinhardt vom Baureferat ein.

Warum der gordische Knoten von hoffnungslos ineinander verkeilten Fahrrädern bisher nicht durchschlagen werden konnte, hat mindestens drei Gründe: Die freien Flächen sind gerade zwischen Luitpold- und Ludwigstraße knapp und teuer; die Stadt betont, als Nicht-Eigentümerin keinen direkten Zugriff auf das Bahnhofsareal zu haben; und zuletzt haben viele Radfahrer keine Lust, für das Abstellen ihres manchmal auch rostigen Untersatzes Geld zu bezahlen. Diesen Anspruch haben die Stadtwerke Bamberg auf der anderen Bahnhofsseite leidvoll kennengelernt. Dort waren die Belegungszahlen nach einer Millioneninvestition im sogenannten Radhaus jahrelang nur schleppend nach oben gegangen.

Schrotträder unvermeidlich

Sind 50 Cent für einen Tag im überdachten und überwachten Fahrradparkhaus zu viel? Christian Hader (Grünes Bamberg) tritt mit seiner Fraktion dafür ein, im Zuge des Neubauvorhabens Atrium eine zweite bewirtschaftete Abstellfläche am Bahnhof zu schaffen. Gleichzeitig hat der Fahrradaktivist aber auch Verständnis dafür, dass nicht jeder Pedalist bereit ist, für eine Parkfläche auch zu zahlen. Es müsse auch weiterhin kostenlose Bügel am Bahnhof geben: "Viele sind mit Fahrrädern unterwegs, die kaum mehr als 50 Cent wert sind."

Die Forderung nach einem zweiten kostenpflichtigen Fahrradparkhaus auf der östlichen Bahnhofsseite ist mindestens zehn Jahre alt, doch getan hat sich wenig. Die Vorstellung, sich ein zweites Fahrrad-Parkhaus anzulachen, schien für die Stadtwerke lange Zeit nicht besonders attraktiv.

Doch warum tut die Bahn selbst nicht mehr für ihre Fahrrad-Abstellflächen? Eine Werbung für dem Umstieg vom Auto auf den umweltfreundlichen Schienenverkehr sind solche Schmuddelecken nicht gerade. Wer beim Bahnhofsmanagement anfragt, erfährt, dass die Unterhaltspflicht für Parkanlagen bereits seit den 90er Jahren nicht mehr bei der Deutschen Bahn liegt, sondern bei der Stadt. Die aber habe sich mit Blick auf die hohe Quote der Schrottfahrräder und die daraus entstehenden Unterhaltslasten beharrlich geweigert, Nägel mit Köpfen zu machen. Die Bahn hätte die Parkanlage gerne abgegeben, formuliert das Bahnhofsmanagement. Dabei wäre die Zeit für eine Lösung überfällig. Denn der Druck der Drahtesel auf die wenigen Gehwege und Restflächen rund um den Bahnhof wird nicht nur wegen des Atrium-Neubaus zunehmen. Auch der Bahnausbau durch Bamberg samt der dafür nötigen Lärmwände wird in Kürze seinen Tribut fordern. Dann soll für viele Jahre auch die jetzige große Abstellfläche auf dem Bahnhof aufgelöst werden.

Dennoch können Bambergs Bahnpendler auf Besserung hoffen. Matthias Bornhofen, Architekt des Neuen Atrium, spricht davon, dass sich das Fahrradkonzept in einer finalen Phase befindet. Die heutige Situation werde sich deutlich verbessern. Hintergrund: Die Investoren der Eyemaxx-Gruppe müssen für das 40-Millionen-Euro-Projekt mindestens 580 Fahrrad-stellplätz nachweisen. Zudem soll es nach einer Auskunft der Stadt während des Umbaus Ersatz im Parkhaus geben. Hört man Bornhofen, spricht manches dafür, dass es gelingen könnte mit einer vernünftigen Mischung von Bezahl- und freien Fahrradparkplätzen dem Anspruch einer Weltkulturerbestadt gerecht zu werden: "Wir müssen die chaotischen Verhältnisse in den Griff bekommen."