WCs vergessen? Peinliche Bau-Panne

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Stolz war man in Bamberg auf das neue, moderne Postamt an der Promenade. Foto: Alfons Steber/Stadtarchiv
Stolz war man in Bamberg auf das neue, moderne Postamt an der Promenade. Foto: Alfons Steber/Stadtarchiv
Ein Blick auf das Areal, bevor das neue Postgebäude entstand Foto: Emil Bauer/ Stadtarchivf
Ein Blick auf das Areal, bevor das neue Postgebäude entstand Foto: Emil Bauer/ Stadtarchivf
 
Zu laut? Die Glöckenmänner
Zu laut? Die Glöckenmänner
 

Hatte man verschwitzt einen Kamin oder gar WCs einzubauen? Die verzögerte Fertigstellung des Postamtes an der Promenade landete sogar im "Spiegel".

Von einem "architektonischen Schmuckstück" schwärmte das Volksblatt. Ein "Gewinn fürs gesamte Stadtbild" sei der Neubau, den der FT als "modernen und weiträumigen Komplex" mit "repräsentativem" Eingangsbereich würdigte ... Kaum zu glauben, wie man 1960 das neueröffnete Postamt an der Promenade sah, über dem viele Bamberger heute gerne die Abrissbirne schwingen würden. Sogar das Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel" widmete sich in seinem "Hohlspiegel" der Errungenschaft - ohne dabei allerdings die zukunftsweisende Gestaltung zu rühmen. Vielmehr hatte ein zu spät erkannter Baumangel von der Regnitz aus Wellen bis an die Elbe geschlagen, wo das "architektonische Schmuckstück" schon Monate vor der feierlichen Einweihung zum Spottobjekt avancierte.


Nach außen hin totgeschwiegen

"Die Fertigstellung des neuerbauten Postamts der Stadt Bamberg wurde verzögert, weil nachträglich noch der Kamin eingebaut werden musste", lasen Bundesbürger quer durchs Land in der letzten "Spiegel"-Ausgabe des Jahres 1959. Was einen Insider, der zu dieser Zeit noch seine Ausbildung für den gehobenen Dienst machte, aus ganz anderen Gründen schallend lachen ließ: "Den Kamin übersehen? Nein, sicher nicht. Die Panne war viel ärger, darum wurde sie auch totgeschwiegen: Man hatte vergessen, einen Teil der Toiletten einzubauen." Namentlich wollte der Bamberger, der bei der Post über viele Jahre eine leitende Position bekleidete, allerdings nicht genannt werden - aus Gründen der Verschwiegenheitspflicht.

Ein Gerücht nur, das zur nächsten Zeitungsente führt? Oder tatsächlich ein Fauxpas, der hinter verschlossenen Türen blieb und der wissbegierigen Öffentlichkeit entging? Tatsächlich ergaben Nachfragen im Stadtarchiv, bei der Pressestelle der Stadt und anderen möglichen Quellen nichts, was auf einen fehlenden Kamin oder besagtes Defizit bei den "stillen Örtchen" schließen ließ. Die eingangs zitierten Berichte zur Eröffnung des Postamts am 27. Oktober 1960 schwiegen sich in dieser kniffligen Angelegenheit ebenfalls aus. Kein Misston mischte sich ins Loblied auf den Neubau mit "blitzsauberen" Räumen und einem Schalterbereich, "der eher einer Hotelhalle denn einem nüchternen Amt gleicht".


Zu laut

Zum Schweigen brachte man nach relativ kurzer Zeit übrigens auch die "Glockenmänner", die im Uhrentürmchen des Postamts anfangs lautstark ihrer Pflicht nachkamen. Vom Münchner Metallbildhauer Bernhard Krauß stammte das Werk, das das Volksblatt als eine "in Westdeutschland einmalige Sehenswürdigkeit" feierte. Was einige Patienten der benachbarten Klinik offenbar nicht zu schätzen wussten. Sie fühlten sich durch den Glockenklang so empfindlich in ihrer Nachtruhe gestört, dass sie ihrerseits Alarm schlugen - woraufhin die "Glockenmänner" vorzeitig in Pension gingen.

Vorbei waren nach der Neueröffnung des für rund 1,7 Millionen Mark errichteten Postamts die Zeiten der Maxpost im Neuen Rathaus, die nicht mehr den Erfordernissen der Zeit entsprach. Einer Zeit, in der es noch das "Fräulein vom Amt" gab, das Ferngespräche vermittelte. Erst 1966 wurden letzte Vertreterinnen der Zunft von Bundespostminister Richard Stücklen verabschiedet. Das aber war bei der Einweihung des Bamberger Postamts an der Promenade noch Zukunftsmusik, zu der auch jener hohe Herr erschienen war. Und feierlich Reden schwang - flankiert von zwei Postillionen in historischer Uniform.