Vorbild für die Brooklyn Bridge

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Regina Hanemann schätzt die heutige moderne Konstruktion und die Geschichte der Kettenbrücke. Foto: p
Regina Hanemann schätzt die heutige moderne Konstruktion und die Geschichte der Kettenbrücke.  Foto: p

Am 3. Dezember 2010 wird in Bamberg die Eröffnung der neuen Kettenbrücke gefeiert. Schon seit dem Hochmittelalter werden in der Stadt Brücken gebaut.

von Annina Baur

Wenn mitten im Winter Walzer auf der Straße getanzt wird, gibt es etwas zu feiern. Von Kälte und Dunkelheit jedenfalls lassen sich die Bamberger nicht davon abhalten, am 3. Dezember 2010 die offizielle Eröffnung der Kettenbrücke zu feiern, die am nächsten Tag für den Verkehr freigegeben wird. "Nach der Verkehrsfreigabe der Luitpoldbrücke im Dezember 2006 und der Verkehrsfreigabe der Löwenbrücke im März 2009 feiern wir heute die Einweihung des dritten und letzten Teilstücks dieses Jahrhundert-Brückenbauprojekts", sagte der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) damals.

Das Jahrhundert-Projekt ist: der Bau von drei Brücken über den Rhein-Main-Donau-Kanal binnen sechs Jahren. Es ist aber nicht nur ein Jahrhundert-Projekt, das abgeschlossen wird, sondern vor allem auch eine Geschichte, die fortgeschrieben wird. Seit rund 1000 Jahren werden in Bamberg Brücken gebaut, zunächst im Hochmittelalter über den linken Regnitzarm als Verbindung zwischen Domberg und Inselstadt, bald aber auch am rechten Regnitzarm: "1312 wird erstmals die Seesbrücke an der Stelle der heutigen Kettenbrücke erwähnt", weiß Regina Hanemann, Direktorin der Museen der Stadt Bamberg.

Die Brücke liegt strategisch günstig, verbindet wichtige Handelsstraßen Richtung Erfurt und Würzburg. Zunächst ist es ein einfacher Holzsteg, der immer wieder zerstört und neu aufgebaut wird. Erst 1752 wird er durch eine steinerne, reich verzierte Bogenbrücke im Rokoko-Stil ersetzt: "Diese Brücke galt als Zierde Frankens", weiß die Stadtkennerin.
Doch auch diesem Bauwerk ist kein langes Bestehen vergönnt: "Als im Juni 1783 ein Vulkan auf Island ausbrach, hatte das verheerende Folgen bis nach Bamberg. Die Brücke stürzte bei einem fürchterlichen Hochwasser mit Eisgang im Februar 1784 ein." Bruchstücke des Skulpturenschmucks davon sind im Historischen Museum zu sehen. Eine neue Brücke muss her - diesmal soll sie Eisplatten und Hochwasser trotzen.


Fäulnis führt zu Abriss

1809 wird eine stützenlose Holzkonstruktion gebaut, die aber schon bald den zunehmenden Verkehr nicht mehr fassen kann und 1826 wegen Fäulnis wieder abgerissen wird. Nun soll der große Wurf gelingen: "Der Ingenieur Franz Schierlinger baute nach dem Vorbild der Brücke in Saaz in Böhmen die an Ketten hängende Brücke, die ohne Pfeiler auskam", berichtet Hanemann. Die Konstruktion mit Guss- und Schmiedeeisen ist fortschrittlich und spektakulär. 1829 wird die Brücke fertig und erhält den Namen Ludwigsbrücke - doch kein Mensch nennt sie so, weiß die Stadtkennerin: "Im Volksmund hieß sie von jeher Kettenbrücke."

Dieser Name bleibt sogar erhalten, als die einsturzgefährdete Brücke 1892 abgerissen und eine neue Stahlbogenbrücke errichtet wird - obwohl die neue Konstruktion nichts mit einer Kettenbrücke gemein hat, ebenso wenig wie die zweckmäßige Betonbrücke, die nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg errichtet wird. Erst vor wenigen Jahren besinnt man sich auf die Vergangenheit und baut eine Kettenbrücke, die ihren Namen zu Recht trägt, erinnert sie doch konstruktiv an die erste Kettenbrücke in Bamberg aus dem Jahr 1829, die berühmt wurde!

"Diese Brücke wurde bestaunt und exportiert", berichtet Regina Hanemann: "Der Ingenieur Johann August Röbling sah sie, wanderte nach Amerika aus und baute dort die weltberühmte Brooklyn Bridge." Man kann also sagen: Die Bamberger Kettenbrücke ist das Vorbild für eines der bekanntesten Bauwerke der Welt.

Türen in die Bamberger Geschichte öffnen wir dieses Jahr mit unserem Adventskalender im FT. Die einzelnen Folgen entstammen dem Buch "Was Bamberg prägte", das im Verlag Bast Medien in Kooperation mit dem Fränkischen Tag erschienen ist. Es hat 192 Seiten, kostet 14,90 Euro (ISBN: 978-3-946581-21-5) und ist erhältlich in der Geschäftsstelle des FT, in Buchhandlungen und online unter www.bast-medien.de. red