Verhext: der fränkische "Derrick"

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Schreibtischtäter Harry Luck Foto: Hendrik Steffens
Schreibtischtäter Harry Luck Foto: Hendrik Steffens
 

Um die Hexenverfolgungen von einst und eine verführerische Hexe von heute dreht sich der neue Fall des Krimiautors Harry Luck. Ein Interview mit dem Autor.

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Daumenstöcke, Beinschrauben, spanische Stiefel. Kalkwasser-Bäder, Befragungen im "gefaltet Stüblein" des Drudenhauses: Gefoltert wurde in Bamberg vor rund 400 Jahren im Zeichen der "Heiligen Inquisition", dass es eine Schande ist. Wieder und wieder befassten sich Autoren mit dem Hexenwahn, der einst in der "Traumstadt der Deutschen" tobte. Nun aber nahm sich Harry Luck des Themas an - der Pressesprecher des Erzbistums - und fabrizierte daraus einen brandaktuellen Kriminalfall für den "fränkischen Derrick". Wir interviewten den Autor, der den "Bamberger Fluch" augenzwinkernd (und mordsspannend) auf den Markt brachte und am 21. Juli bei Hübscher vorstellt.

Zunächst mal die Frage, die vielen sicher auf den Nägeln brennt: Wie sieht der Erzbischof Ihr neuestes Werk, das ein hochnotpeinliches Kapitel der Kirchengeschichte beleuchtet?
Harry Luck: Noch hat er's wahrscheinlich nicht gelesen. Ich hoffe aber, ihm gefällt mein Buch. Schließlich mag der Erzbischof nicht nur theologische Fachbücher. Mit der historischen Thematik setzte sich das Erzbistum in den letzten Jahren ja intensiv auseinander und legte zum 1000-jährigen Bestehen bekanntlich auch ein öffentliches Schuldbekenntnis ab. Alle Urteile wurden für null und nichtig erklärt.

Ihre Figuren lassen Sie als Autor des 21. Jahrhunderts über die Kirche lästern (schwarze Kassen für Alimente u. a.): Auf welcher Seite hätten Sie selbst wohl vor 400 Jahren gestanden - Hexer oder Hexenverfolger?
Vor 400 Jahren gab's noch keine fürstbischöfliche Pressestelle. Damals wäre ich vielleicht zum fürstbischöflichen Hofdichter geworden und hätte den Franken-Krimi erfunden. In den Verdacht der Hexerei hätte natürlich auch ich geraten können, wie jeder andere, der aus Neid, Missgunst, Habgier oder politischem Kalkül heraus verleumdet wurde.



Grab entdeckt

Hexenkommissar Vasoldt ist eine der zentralen (wenn auch längst verblichenen) Figuren Ihres Romans. Was reizte Sie an dem promovierten Drudenjäger?
Bei Recherchen stieß ich wieder und wieder auf seinen Namen. Irgendwann entschied ich mich, über Ernst Vasoldt zu schreiben. Forschend und schreibend arbeitete ich etwa ein Jahr lang am "Bamberger Fluch". Dabei stieß ich im Stadtarchiv auch auf die Röttinger Kartei, die sehr aufschlussreich war. Am Ende der Hexenverfolgung verlor sich demnach Vasoldts Spur - anders als im Buch, in dem es eine Grabstätte gibt, die gleich auf den ersten Seiten geöffnet wird.

In Ihrem Franken-Krimi verspotten Sie Franken-Krimis: Ist das kein Widerspruch in sich?
Selbstironie schadet keinem Schriftsteller. Außerdem wird das Genre des Regionalkrimis von vielen sowieso nicht ernst genommen, nicht als "richtige" Literatur gewertet. Davon mal abgesehen lästere wieder nicht ich, es lästert eine meiner Figuren. Was von denen kommt, mache ich mir nicht immer zu eigen.

Warum widmen Sie sich als Autor überhaupt grausigen Verbrechen, Mord und Totschlag? Sind die schönen Dinge des Lebens kein besseres Thema?
Seit ich lese, mag ich Krimis. Das fing mit "Räuber Hotzenplotz" an und ging später mit Agatha Christie weiter. Irgendwann kam ich auf die Idee, mich selbst als Krimiautor zu versuchen, zumal ich beruflich der schreibenden Zukunft angehöre. So verfasste ich inzwischen zehn Kriminalromane.



Nostalgische TV-Erinnerungen

Horst Müller ist zum zweiten Mal Ihr Held - als "fränkischer Derrick": Warum bringen Sie Ihren Kommissar mit einer verstaubten TV-Serie in Verbindung?
Das hat mit nostalgischen Jugenderinnerungen zu tun. Ich lebte lange in München, von daher war "Derrick" für mich auch ein Regionalkrimi. Inzwischen schätze ich die Folgen, die aus heutiger Sicht denkbar skurril erscheinen, als Zeitdokument: mit den immer gleichen Kulissen und den sich wiederholenden Dialogen. Übrigens erschien mein erster Franken-Krimi fast zeitgleich mit dem ersten "Franken-Tatort".

Apropos "Frangen-Dadord". Wie gefällt Ihnen der Ableger, der den Münchner Ermittlern seit vergangenem Jahr Konkurrenz macht? Der "Franken-Tatort" ist bislang nicht mein Lieblingstatort, der tatsächlich aus München kommt. Allerdings gefällt mir die fränkische Variante besser als die aus Münster, die Zuschauern zu viel Slapstick zumutet.

Beim "Bamberger Hörnla" als erstem Fall des "fränkischen Derricks" wurde eine Musikerin der Symphoniker gemeuchelt. Jetzt lasen Sie einen FT-Reporter über die Klinge springen: Was sollen wir (hier in der Redaktion) davon halten?
Ich sehe diesen gewaltsamen Tod durchaus als Auszeichnung. Man muss eine gewisse regionale Bedeutung haben, um bei mir zum Mordopfer zu werden. Von manchen Leute wurde ich sogar schon gefragt, ob sie in einem meiner Krimis nicht in dieser Funktion auftreten könnten.

Wie geht's mit Horst Müller weiter? Was erwartet ihn bei seinem dritten Fall?
Die Idee steht tatsächlich schon. Und der neue Fall hat mit "Bamberg zaubert" zu tun. Ein diesbezügliches Mordopfer wurde mir schon ans Herz gelegt. Mehr dazu werde ich an dieser Stelle aber nicht verraten.

Na, wir sind gespannt. Vielen Dank fürs Interview!
 


Premierenlesung

Harry Luck wird sein Buch erstmals am 21. Juli öffentlich präsentieren. Seine Lesung findet ab 20 Uhr bei Hübscher Buch & Medienhaus am Grüner Markt 16 statt. Das Buch "Der Bamberger Fluch" ist unter der ISBN 978-3-95451-821-0 im Handel erhältlich und über die FT-Geschäftsstellen.