"Fabienne" zerstörte zwischen Ebrach und Burgwindheim Existenzen und ein Menschenleben. Am Tag danach standen die Einwohner unter Schock.
Es ist eine befremdliche Mischung aus Kehrgeräuschen, mit denen zerbrochene Ziegelreste zusammengeschoben werden, aggressivem Kettensägengeheule und beinahe gespenstischer Ruhe in Untersteinach am Tag, nachdem Sturmtief Fabienne hier gewütet hat. "Es hat sich angehört, wie wenn ein Motorflugzeug am Flughafen startet, und dann hat es bloß noch gekracht." So schildert Herbert Ulrich die Minuten am Sonntagabend, seit denen im Burgwindheimer Gemeindeteil Untersteinach nichts mehr so ist, wie es bis dahin war.
Der 66-Jährige fährt jetzt erst einmal E-Bike, sein Renault ist Totalschaden. "Es soll insgesamt fünf Autos erwischt haben", will er wissen. "Ich bin froh, dass hier niemand verletzt wurde." Innerhalb kurzer Zeit hat sich herumgesprochen, dass in der Nachbargemeinde Ebrach eine 78-Jährige, die wohl auch in Untersteinach bekannt war, Opfer des Sturmes geworden war. Bürgermeister Max-Dieter Schneider berichtet gegenüber dem FT, dass die Frau und ihr Mann nahe des Campingplatzes einen Garten haben und dort vom Unwetter überrascht worden waren.
Überrascht hatte der Sturm auch Roswitha Hinkelmann. Die 69-Jährige sah Sonntagabend fern, als sie etwas vom Sturm mitbekam und deswegen die Fenster zumachen wollte, doch "die sind mir entgegengekommen". Als sie später auf die Straße ging, sah sie "wie verwüstet" hier alles war. Auch sie selbst hat es getroffen, Ziegel vom Dach gefegt. Sie hat vier Löcher im Haus und der Stall ist ziemlich abgedeckt. Aber wenn sie sehe, was in der Nachbarschaft los ist, sei sie noch zufrieden.
Das kann man fast nur bestätigen. Wohl mit am ärgsten hat es Heinrich Thaler, den Burgwindheimer Bürgermeister getroffen: Alle Dächer sämtlicher Gebäude - Wohnhaus, Nebengebäude, Stall, Scheunen, Garage - hat es erwischt. Der Hof, ein Trümmerfeld. "Das ist ein Wahnsinn!", sagt er tonlos und schiebt beinahe mechanisch Ziegelstücke auf einen Haufen. "Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Innerhalb von Minuten ist das, was Generationen aufgebaut haben zerstört." Wortlos sortieren Freunde Schutt.
Worte fehlen
Die Worte fehlen irgendwie auch dem sonst doch eher redseligen Kreisbrandrat. Bernhard Ziegmann war bereits Sonntagnacht vor Ort. Montag weiß er Genaueres: Bei der Integrierten Rettungsleitstelle waren 470 Einsatzmeldungen zu verbuchen. Es gab wohl noch etliche weitere Einsätze, weil manche sich in ihren Orten direkt an Feuerwehrleute gewandet hatten, die sie kennen. Insgesamt waren 65 Wehren mit gut 750 Kräften im Einsatz. Der Schwerpunkt des Unwetters lag ganz eindeutig in Untersteinach, mit Folgen der Ausläufer hatten aber auch Hirschaid, Friesen und Buttenheim im Süden sowie die Gemeinden im Norden zu tun: umgestürzte Bäume, vollgelaufene Keller. Aber nichts, was annähernd mit Untersteinach vergleichbar gewesen wäre.
Ziegmann lobt die schnelle, unbürokratische Unterstützung seitens des Landratsamtes, seitens der Abfallwirtschaft sei man gekommen und habe beim Abtransport des angefallenen Materials geholfen. Ziegmann findet aber auch anerkennende Worte für den Zusammenhalt hier - den der 120 Einwohner und auch die Hilfe der Firmen aus der Gegend.
Auf dem Schuttberg, der einmal eine Lagerhalle der Moser-Mühle war, sind Männer mit Kettensägen beschäftigt. Andere sortieren noch brauchbare Ziegel von kaputten und reichen sie Sägewerker Roland Arnholdt zu. Ein Förderband hat es über die Straße katapultiert. Da steht das Wohnhaus, vor kurzem neu gedeckt, nun klaffen Lücken im Dach. Der gepflegte Garten, das einst grüne Paradies seiner Frau Theresie - es gleicht einem Kompostplatz. Die Einfahrt ist nicht mehr erkennbar.